Finanzkrise: Hat die BaFin versagt?


Bankenkrise: Opposition rückt Frage der Finanzaufsicht im Fall der Hypo Reals Estate Gruppe (HRE)
in den Vordergrund
Die Regierung unterstrich, dass die deutsche Bankenaufsicht in Irland nicht prüfen könne

(08.10.08) - Vertreter der Oppositionsfraktionen haben am Mittwochmorgen die Frage nach den Mängeln der deutschen Finanzaufsicht im Zusammenhang mit der Krise des Münchener Immobilienfinanzierers Hypo Reals Estate Gruppe (HRE) in den Vordergrund gerückt. Die HRE ist nach Darstellung der Bundesregierung eine Holding mit vier Tochterfirmen, die alle Banken sind, darunter die Depfa-Bank in Dublin (Irland). Die Holding selbst sei keine Bank und unterliege somit nicht der deutschen Finanzaufsicht.

Der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Deutsche Bundesbank entzogen sei ebenfalls die Depfa-Bank in Irland, während die übrigen drei Banken-Töchter der HRE von der Aufsicht kontrolliert würden. Die Abgeordneten hatten sich an dem Umstand gestört, dass eine Delegation der Deutschen Bank die Depfa-Bank in Dublin geprüft und dabei festgestellt habe, dass die Liquiditätslücke der irischen Tochter weitaus größer sei als dies die für das zunächst vorgesehene Rettungspaket zugunsten der HRE genannten Zahlen nahegelegt hatten.

Diese Entdeckung hatte am vergangenen Wochenende dazu geführt, dass das zunächst geplante Rettungspaket für die HRE scheiterte und neu geschnürt werden musste, indem die Deutsche Bundesbank und das mit der Rettung beauftragte Bankenkonsortium ihre Liquiditätsversorgung ausweiteten. Die Regierung unterstrich, dass die deutsche Bankenaufsicht in Irland nicht prüfen könne. Sie sei entweder darauf angewiesen, dass die irische Bankenaufsicht Informationen zur Verfügung stelle oder aber die an der Börse notierte HRE-Holding freiwillig Auskunft erteile.

Kritisch setzten sich die Abgeordneten mit dem Vorgehen der irischen Regierung auseinander, die mit einer Staatsgarantie nicht nur für private Spareinlagen, sondern auch für institutionelle Anleger vorgeprescht sei und damit eine "klassische Wettbewerbsverzerrung", so die CDU/CSU, ausgelöst habe. In der Folge seien bereits Gelder aus London abgezogen worden und an die gut besicherten irischen Banken geflossen. Die Depfa-Bank sei allerdings von der irischen Garantie nicht betroffen, da sich diese nur auf die irischen Institute selbst erstrecke.

Die Bundesregierung teilte mit, dass die "EU-rechtlichen Konsequenzen" des irischen Vorgehens von der Europäischen Kommission geprüft würden. Bündnis 90/Die Grünen stellten die Frage, warum es die EU-Wettbewerbskommission eine solche Wettbewerbsverzerrung zulasten des deutschen Steuerzahlers zulasse.

Auf die Frage der FDP-Fraktion, wer wen in Sachen Depfa-Bank falsch informiert habe, hieß es von Regierungsseite, beim ersten Rettungspaket hätten Zahlen der Depfa vorgelegen, von denen alle glaubt hätten, dass man sich auf sie stützen könne. Auf Anregung der Linksfraktion will sich der Finanzausschuss demnächst gezielt mit der Frage der Bankenaufsicht befassen.

Auch die SPD unterstrich, die Bankenaufsicht müsse gestärkt werden. Wenn es ein Problem sei, dass die Holding von der Aufsicht nicht geprüft werden könne, müsse man darüber nachdenken, dies anders zu konstruieren. (Deutsche Bundesregierung: ra)

Lesen Sie auch:
Bei der Hypo Real Estate rollen die Köpfe
Strengere Regeln für internationalen Finanzmärkte
Banken- und Finanzkrise: Dünne Luft für Manager
Vertrauen in den Geldmarkt schaffen
Bankenpleiten hätten verhindert werden können
Enterprise Risk Management und Finanzkrise
Finanzkrise und Bankenkrise


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Stand zum Emissionshandel für Gebäude und Verkehr

    Die Bundesregierung wird ein neues Klimaschutzprogramm vorlegen, das im Zeitraum bis zum Jahr 2030 auch Maßnahmen zur Treibhausgasminderungsquote im Bereich der durch die EU-Lastenverteilungsverordnung (ESR) erfassten Sektoren Gebäude und Verkehr enthalten wird. Die Maßnahmen für das Programm werden derzeit entwickelt. Das geht aus der Antwort (21/1072) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/762) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor.

  • Fluggastrechteverordnung für reformbedürftig

    Die Bundesregierung lehnt die Erhöhung von Zeitschwellen für Entschädigungen in der Fluggastrechteverordnung der EU ab. Sie stellt sich damit gegen einen entsprechenden Beschluss des Rates der EU-Verkehrsminister, wie aus einer Antwort (21/962) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (21/749) hervorgeht. Eine solche "Abschwächung des Verbraucherschutzniveaus" lehne die Bundesregierung ab. Sie trete für einen "ausgewogenen Ausgleich der Interessen der Fluggäste und der Luftfahrtunternehmen sowie der Reisewirtschaft" ein.

  • Digitalisierung des Gesundheitswesens

    Der Petitionsausschuss hält mehrheitlich an der Widerspruchslösung (Opt-out-Lösung) bei der elektronischen Patientenakte (ePA) fest. In der Sitzung verabschiedete der Ausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD die Beschlussempfehlung an den Bundestag, das Petitionsverfahren zu der Forderung, die elektronische Patientenakte nur mit ausdrücklichem Einverständnis der Betroffenen anzulegen (Opt-in-Lösung), abzuschließen, weil keine Anhaltspunkte für parlamentarische Aktivitäten zu erkennen seien.

  • Angaben zu Cum-Cum-Geschäften

    Derzeit befinden sich 253 Cum-Cum-Verdachtsfälle mit einem Volumen in Höhe von 7,3 Milliarden Euro bei den obersten Behörden der Länder und dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/915) auf eine Kleine Anfrage (21/536) der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zu den rechtswidrigen Steuergeschäften.

  • Konformitätsbewertung von Produkten

    In einer Kleinen Anfrage (21/946) möchte die AfD-Fraktion von der Bundesregierung wissen, wie die EU-Maschinenverordnung (EU/2023/1230) im Hinblick auf KI-basierte Sicherheitssysteme angewendet und begleitet werden soll. Die Verordnung, die ab dem 20. Januar 2027 gilt, stellt laut Vorbemerkung der Anfrage neue Anforderungen an Maschinen mit eingebetteter Künstlicher Intelligenz.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen