Vertrauen in den Geldmarkt schaffen


Bankenkrise: Geplante Risikoabschirmung der Hypo Real Estate zur Kenntnis genommen
Keine andere Alternative: HRE müsse bei der Notenbank ihre "Assets" von 42 Milliarden Euro hinterlegen

(02.10.08) - Die CDU/CSU-Fraktion hat den Vorschlag der Deutschen Bundesbank und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für eine Risikoabschirmung des Münchner Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate Gruppe (HRE) als "am besten für unser Land" bezeichnet. In der Sitzung des Haushaltsausschusses am Dienstagabend verglich die Fraktion die geplante Rechtskonstruktion, die Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Bundesbankpräsident Professor Axel Weber vorstellten, mit Rettungsversuchen in den USA (700-Milliarden-Dollar-Paket), in Großbritannien (Verstaatlichung) und in den Benelux-Ländern (Direkthilfen aus dem Haushalt).

Zwar seien noch rechtliche Klippen zu überwinden, so die Fraktion, doch sei zu hoffen, dass das Vertrauen in den Geldmarkt am Ende dieser Woche größer sei als zu Wochenbeginn. Von SPD-Seite wurde die bisherige Zusage der Privatbanken, bis maximal 8,5 Milliarden Euro für Verluste der HRE zu bürgen, als unzureichend bezeichnet. Zwar stütze man "im Kern" die Sicherungsmaßnahme, ein "stärkeres Engagement" der Banken werde jedoch für möglich gehalten. Im Übrigen begrüßte die SPD, dass der Bund an der geplanten Zweckgesellschaft nicht beteiligt ist.

Dieses von Kreditinstituten aus dem Privatbanken-, Genossenschafts- und Sparkassensektor getragene Bankenkonsortium soll mit einer Banklizenz ausgestattet sein und der in Liquiditätsschwierigkeiten geratenen HRE einen Kredit von 35 Milliarden Euro gewähren, der die Zahlungsfähigkeit dieser Gruppe bis weit in das Jahr 2009 hinein sichert. Das Bankenkonsortium übernimmt den Plänen zufolge damit die Anschlussfinanzierung eines vorläufigen Kredits der Finanzindustrie in Höhe von bis zu 15 Milliarden Euro, der die kurzfristige Liquidität der Gruppe gewährleisten soll.

Dieser Kredit wird auf der Basis nicht notenbankfähiger Sicherheiten wie Kredite und Wertpapiere gewährt, die einen Nominalwert von gut 42 Milliarden Euro aufweisen und unter heutigen Marktverhältnissen einen Beleihungswert von 15 Milliarden Euro haben. Darüber hinaus sollen die Aktien der vier Bank-Töchter der HRE Holding als Sicherheit an die Kreditgeber abgegeben werden. Mögliche Verluste dieser Zweckgesellschaft sollen bis zur Höhe von 14,2 Milliarden Euro im Verhältnis 60:40 zwischen dem Finanzsektor und dem Bund aufgeteilt werden, wobei die Belastung der Banken auf maximal 8,5 Milliarden Euro begrenzt wird. Damit wäre der Staat an einem Verlust von 14,2 Milliarden Euro mit 5,7 Milliarden Euro beteiligt, darüber hinausgehende Verluste bis maximal 26,5 Milliarden Euro träfen den Staat hingegen allein.

Nach den Worten von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück ist das Ziel dieser Konstruktion, dass es zu einer "geordneten, marktschonenden Verwertung" der HRE und ihrer Tochterbanken kommt. Alle Aktiva der Gruppe würden auf die Zweckgesellschaft übertragen, der Aufsichtsrat werde seiner Funktion entledigt, das Management werde keinen bestimmenden Einfluss mehr haben. Die Konstruktion diene dazu, so der Minister, Verluste zu vermeiden. Die Depfa-Bank, eine der HRE-Töchter, sei zweitgrößter Emittent von Pfandbriefen, die große Bedeutung für die Mittelstandsfinanzierung in Deutschland hätten. Die Bürgschaftskonstruktion sei erforderlich gewesen, weil die Banken sonst nicht bereit gewesen wären, der HRE 15 Milliarden Euro an Liquidität bereitzustellen.

Bundesbankpräsident Weber ergänzte, die Gruppe erhalte einen Notfallkredit von 15 Milliarden Euro, das Bankenkonsortium einen Notenbankkredit von 20 Milliarden Euro, der an die HRE durchgereicht werde, zusammen also 35 Milliarden Euro. Dafür müsse die HRE bei der Notenbank ihre "Assets" von 42 Milliarden Euro hinterlegen. Aus Sicht von Bundesbankpräsident Weber gibt es zu dieser Lösung "keine Alternative". Man müsse sie "mit Unbehagen" akzeptieren.

Bündnis 90/Die Grünen teilten dieses Unbehagen. Wenn man sich mit einem so hohen Risiko engagiere, müsse die Interessenlage des Bundes gewahrt bleiben. Die Linksfraktion beklagte, dass der Bericht der Bundesbank und der BaFin sehr allgemein gehalten sei. Die FDP brachte die Situation bei Investmentfonds und Geldmarktfonds ins Spiel und fragte nach der künftigen Rolle der Länder. Steinbrück unterstrich, dass der Bund in einer reinen Garantieposition sei.

Wenn die marktschonende, geordnete Verwertung des HRE-Vermögens zu Erlösen von 35 Milliarden Euro führe, trete der Bürgschaftsfall nicht ein. Einen im Ausschuss eingebrachten Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, im Umgang mit der Krise der HRE eine Reihe von Vorgaben umzusetzen, beispielsweise Managergehälter, Provisionen und Boni zu "deckeln", lehnte der Ausschuss bei Enthaltung von FDP und Linksfraktion ab. Für den Entschließungsantrag der Linksfraktion (16/10308) zur Regierungserklärung von Minister Steinbrück am 25. September im Bundestag stimmten nur die Antragsteller. Darin hatten die Abgeordneten ein Maßnahmenpaket gegen die Auswirkungen der Finanzkrise gefordert. (Deutscher Bundestag: ra)

Lesen Sie auch:
Bankenpleiten hätten verhindert werden können
Enterprise Risk Management und Finanzkrise


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Risikostrukturausgleich der Krankenkassen

    Verschiedene gesetzliche Initiativen der vergangenen Jahre zielen nach Angaben der Bundesregierung darauf ab, unzulässige Einflussnahmen auf die Datengrundlagen des Risikostrukturausgleichs (RSA) der Krankenkassen zu verhindern und die Manipulationsresistenz des RSA zu stärken. Zuletzt sei mit dem "Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz" (GKV-FKG) 2020 die sogenannte Manipulationsbremse eingeführt worden, heißt es in der Antwort (20/14678) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/14442) der Unionsfraktion.

  • Souveräne Dateninfrastruktur

    Die Bundesregierung strebt eine effiziente, wirtschafts- und innovationsfreundliche Umsetzungsstruktur der europäischen KI-Verordnung an, die knappe Ressourcen klug einsetzt. Das antwortet die Bundesregierung (20/14421) der AfD-Fraktion auf eine Kleine Anfrage (20/14109).

  • FDP legt Gesetzentwurf für flexibleres Stromsystem

    Die FDP-Fraktion hat den Entwurf eines Gesetzes (20/14705) zur "Integration von Photovoltaik- und anderen Erneuerbare-Energien-Anlagen in den Strommarkt und zur Vermeidung solarstrombedingter Netznotfall-Maßnahmen" vorgelegt. Er soll einerseits der Umsetzung der "Wachstumsinitiative der damaligen Bundesregierung vom Juli 2024 dienen.

  • Fairer Wettbewerb im digitalen Sektor

    Bis zum 5. Dezember 2024 haben die Koordinierungsstelle für digitale Dienste in der Bundesnetzagentur (BNetzA) 747 Eingänge von Beschwerden erreicht. Bereinigt um Irrläufer und Spam seien 703 konkrete Beschwerden zu möglichen Verstößen gegen den Digital Services Act (DSA) eingelegt worden.

  • Provisionsverbot noch nicht absehbar

    Ob beziehungsweise inwieweit im Zuge der nationalen Umsetzung der EU-Kleinanlegerstrategie national Maßnahmen ergriffen werden könnten, um Provisionen für den Abschluss von Versicherungsverträgen zu verbieten oder zu deckeln, ist noch nicht absehbar. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/14411) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (20/14172) weiter mitteilt, haben die Trilogverhandlungen auf europäischer Ebene noch nicht begonnen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen