Nach Auffliegen des VW-Skandals
Kraftfahrt-Bundesamt widerspricht VW
sollten die Vorschriften geschärft werden, wann eine Abschalteinrichtung zulässig ist und wann nicht
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) verneint die Darstellung des Volkswagenkonzerns, in der Abgasaffäre europäisches Recht eingehalten zu haben. Die dem Bundesverkehrsministerium nachgeordnete Behörde bekräftigte am späten Donnerstagabend im Diesel-Untersuchungsausschuss des Bundestages die Ansicht, wonach VW eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet hat, um die Emissionswerte von Dieselautos zu manipulieren. Diese Haltung sei Grundlage für den Bescheid an VW zum Rückruf von 2,4 Millionen Autos in Deutschland, sagte der KBA-Abteilungsleiter Mark Wummel. Dem Bescheid sei nicht widersprochen worden, er sei rechtskräftig. "Für uns ist die Sache damit klar", sagte Wummel. VW hatte erklärt, anders als in den USA im Einklang mit europäischem Recht gehandelt zu haben.
Der Beamte war auch Mitglied der von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) nach Auffliegen des VW-Skandals eingesetzten Untersuchungskommission. Diese hatte 53 Dieselmodelle unter die Lupe genommen. Außer bei VW wurden aber keine illegalen Abschalteinrichtungen entdeckt. Eine solche Software ist nach EU-Recht im Grundsatz verboten, aus Gründen des Motorschutzes aber in Ausnahmefällen zulässig. Viele Hersteller nutzten daher sogenannte Thermofenster. Außerhalb eines bestimmten Temperaturbereiches wird die Abgasreinigung dann abgeschaltet oder reduziert. Die Tester hatten bei zahlreichen Autos Zweifel, ob die gewählten Thermofenster noch zulässig sind. Nach Gesprächen mit Herstellern sagen diese Abhilfe zu. Rund 630.000 Autos wurden zurückgerufen, darunter Fahrzeuge von VW, Audi, Porsche, Mercedes und Opel.
Wummel hofft, dass die EU-Regelungen an dieser Stelle genauer gefasst werden. Es sollten die Vorschriften geschärft werden, wann eine Abschalteinrichtung zulässig ist und wann nicht. Neuerdings müssen die Hersteller in Deutschland solche Software vor der Typprüfung anzeigen. Das KBA selbst hat bislang keine Einblicke in die Motorsoftware von Herstellern genommen, um solche Tricksereien aufzudecken. Zwar hätte man sie in Ausnahmefällen anfordern können. Es sei aber nie gemacht worden, weil es bis zur VW-Affäre auch keine Grund gegeben habe, sagte Wummel. Das KBA sei jetzt dabei, das technische Know-how dafür anzuschaffen.
Dass VW eine Betrugssoftware benutzte, war Wummel vor September 2015 nicht bekannt. Das konnte Axel Friedrich, bis 2007 Abteilungsleiter im Umweltbundesamt und heute für die Deutsche Umwelthilfe (DUH) aktiv, nicht verstehen. Abschalteinrichtungen gebe es schon sehr lange. "Das ist keine neue Sache", sagte er im Ausschuss. Friedrich und die DUH testen schon seit Jahren das Abgasverhalten von Dieselfahrzeugen. Rund 500 Straßenmessungen an 150 Modellen hat Friedrich nach eigenen Angaben vorgenommen. Nach Auffälligkeiten an einem VW Passat mit der Euro-Norm 6 wies die Umwelthilfe im Februar 2011 in einem Gespräch das Verkehrsministerium darauf hin. Die Daten seien geeignet gewesen, von einer Abschalteinrichtung auszugehen. Der Verdacht sei "extrem groß" gewesen. Er habe gehofft, dass die Hinweise eigene Messungen durch das Ministerium auslösten. Das sei aber nicht geschehen. Wie das KBA räumte aber auch Friedrich ein, dass die EU-Regeln in Sachen Thermofenster zu ungenau seien. Es stelle sich die Frage, warum in den USA solche Fenster verboten seien, obwohl es sich um die gleichen Motoren wie in Europa handele. (Deutscher Bundestag: ra)
eingetragen: 23.11.16
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