Grünstromprivileg werde so gut wie abgeschafft


Experten kritisieren optionale Marktprämie beim Erneuerbare-Energien-Gesetz
Branche werde durch das Gesetz eher behindert als gefördert


(16.06.11) - Grundsätzliches Lob, aber viel Kritik im Detail verteilten 14 Experten in der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Viele Experten bemängelten, die Branche werde durch das Gesetz eher behindert als gefördert.

Die Fraktionen von Union und FDP hatten einen "Entwurf des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien" (17/6071) vorgelegt. Hinzu kamen zwei Anträge der SPD (17/5182, 17/5481) und ein Antrag der Grünen (17/5202) sowie der EEG-Erfahrungsbericht 2011 (17/6085). Ziel von Union und FDP ist es, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung in den kommenden Jahrzehnten zu erhöhen. 2020 soll er bei mindestens 35 Prozent liegen, 2050 bei 80 Prozent.

Hildegard Müller, Vorsitzende des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, begrüßte die im Gesetzentwurf vorgesehene optionale Marktprämie. Dazu heißt es im Entwurf, Anlagenbetreiber könnten für Strom aus erneuerbaren Energien oder Grubengas, den sie direkt vermarkten, von dem Netzbetreiber eine Marktprämie verlangen. Die Höhe der Prämie solle pro Kalendermonat berechnet werden. "Mit der Prämie wird erreicht, dass erstmals Anreize für eine marktgerechte Produktion im EEG integriert werden", sagte Müller.

Björn Klusmann, Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energien, sagte, das "halsbrecherische Tempo", mit dem an der Energiewende gearbeitet werde, wisse sein Verband zwar zu schätzen. Wesentliche Punkte müssten jedoch geändert werden, so auch die Marktprämie. Die geplante Ausgestaltung werde zu deutlichen Mehrkosten führen. Ein verlässlicher Mehrwert für den Umbau des Energiesystems sei aber nicht sicher.

Stephan Kohler von der Deutschen Energie-Agentur bemängelte, die Marktprämie greife viel zu kurz. "Den administrativen Aufwand halten wir für extrem", so Kohler.

Helmut Lamp (Bundesverband BioEnergie) sah ebenfalls Verbesserungsbedarf. "Wenn dieses Gesetz so durchkommt, werden sie die Bioenergiebranche in anderthalb Jahren nicht wiedererkennen, einen Zubau wird es nicht geben", prophezeite er. So biete das Modell der gleitenden Marktprämie, wie es im Entwurf vorgesehen sei, für Betreiber von Bioenergieanlagen keinen Anreiz, in die Direktvermarktung zu wechseln. Das sogenannte Grünstromprivileg werde so gut wie abgeschafft. Mit dem Grünstromprivileg wird die Regelung bezeichnet, derzufolge Stromhändler keine EEG-Umlage an den Übertragungsnetzbetreiber zahlen müssen, wenn sie mindestens die Hälfte ihres Stroms aus EEG-Anlagen an die Endverbraucher liefern.

Dr. Mario Ragwitz vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung dagegen plädierte dafür, das Grünstromprivileg ganz aufzugeben. Es sei unter anderem ökonomisch ineffizient und trage nicht zur Integration erneuerbarer Energien in das System bei.

"Unsere Branche geht davon aus, dass die EEG-Novelle zu einem deutlichen Abbremsen des Ausbaus führen wird", sagte Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes WindEnergie. Der Systemdienstleistungsbonus wird seinen Worten zufolge abgeschafft. Viele Projekte seien auf diesen Bonus eingestellt gewesen und könnten nun nicht umgesetzt werden. Ein Ausbau der Windenergie in Süddeutschland könne nicht wie geplant erfolgen, wenn das Gesetz in der jetzigen Fassung verabschiedet werde. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • AfD will Gebäudeenergiegesetz abschaffen

    Die AfD-Fraktion will das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abschaffen und verlangt in einem Antrag (21/227) außerdem, auf die CO2-Bepreisung von Heizöl und Gas zu verzichten. Die entsprechenden Vorschriften sollen "schnellstmöglich, vollständig und ersatzlos" gestrichen werden. Zudem soll die Umsetzung aller entsprechenden EU Verordnungen und Richtlinien (etwa der sogenannte Green Deal der EU) sowie damit verbundene Regulierungen wie der CO2-Grenzausgleich sofort beendet werden.

  • Änderung der Verordnung (EU) 2017/625

    Die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen drängt auf eine verpflichtende Produktkennzeichnung für Lebensmittel, die genomisch verändert wurden. Anlass ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, die im Juli 2023 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über mit genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel vorgelegt hat.

  • Steuerhinterziehung & Cum-Cum

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt in einem Antrag (21/226), organisierte Steuerhinterziehung wie die sogenannten Cum-Cum-Deals aufzuklären und die Steuermilliarden konsequent zurückzufordern. Dazu sollen die Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängert werden. Der Antrag steht am Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.

  • Ausschuss gegen Cum-Cum-Antrag der Grünen

    Der Finanzausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD einen Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel "Organisierte Steuerhinterziehung wie Cum-Cum-Deals aufklären, Steuermilliarden konsequent zurückfordern und Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängern" (21/226) abgelehnt. Für den Antrag stimmten neben der Antragstellerin die Fraktionen der AfD und Die Linke.

  • Versorgungslage signifikant verbessert

    Die Inbetriebnahme des vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entwickelten Frühwarnsystems bei Arzneimittel-Lieferengpässen in einer funktionsfähigen Basisversion ist nach Angaben der Bundesregierung für das vierte Quartal 2025 vorgesehen. Der Aufbau des Frühwarnsystems habe insbesondere bei der Beobachtung und Bewertung der Versorgung mit antibiotikahaltigen Arzneimitteln für Kinder unterstützende Daten geliefert, heißt es in der Antwort (21/338) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/171) der AfD-Fraktion.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen