Banken loben Brexit-Steuergesetz


Vorbereitungen auf den Brexit in vielen Bereichen und besonders bei den Kreditinstituten "weit vorangeschritten und teilweise auch schon erfolgreich abgeschlossen"
Laut Kreditwirtschaft kann die BaFin mit den neuen Befugnissen sicherstellen, dass bestehende Bankgeschäfte und Verträge über Finanzdienstleistungen rechtssicher fortgeführt und vertragsgemäß erfüllt werden könnten



Die Deutsche Kreditwirtschaft hat sich mit dem von der Bundesregierung geplanten Steuergesetz aus Anlass des bevorstehenden Austritts Großbritanniens aus der EU recht zufrieden gezeigt. Auch die Deutsche Bundesbank sieht die Vorbereitungen auf den Brexit in vielen Bereichen und besonders bei den Kreditinstituten "weit vorangeschritten und teilweise auch schon erfolgreich abgeschlossen".

In einer vom stellvertretenden Vorsitzenden Albrecht Glaser (AfD) geleiteten öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses begrüßte die deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Bankenverbände, besonders die in dem Entwurf vorgesehene Einführung neuer Befugnisse für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). In dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über steuerliche und weitere Begleitregelungen zum Austritt des Vereinigten Königsreiches Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union (19/7377) heißt es, ein ungeregelter Austritt Großbritanniens würde dazu führen, dass Unternehmen des Finanzsektors aus Großbritannien das Marktzutrittsrecht (Europäischer Pass) verlieren, wovon allein im Derivatebereich eine Vielzahl von Verträgen betroffen sein könnte.

Der Entwurf sieht daher unter anderem vor, dass die BaFin die Möglichkeit bekommt, bestimmten britischen Unternehmen übergangsweise die weitere Nutzung des Europäischen Passes zu gestatten. Britische Versicherungsunternehmen sollen ihre bisherige Geschäftstätigkeit im Inland für einen Übergangszeitraum fortführen, aber kein Neugeschäft mehr betreiben dürfen.

Laut Kreditwirtschaft kann die BaFin mit den neuen Befugnissen sicherstellen, dass bestehende Bankgeschäfte und Verträge über Finanzdienstleistungen rechtssicher fortgeführt und vertragsgemäß erfüllt werden könnten. "Das Gesetzesvorhaben ist darüber hinaus auch in wichtiges Signal an die Marktteilnehmer im In- und Ausland, dass die Bundesregierung auf einen ungeordneten Austritt vorbereitet ist und bereit sein wird, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um schwere Nachteile insbesondere für die in Deutschland ansässigen Marktteilnehmer zu vermeiden", lobte die Kreditwirtschaft.

Änderungsbedarf meldete die Kreditwirtschaft in Detailfragen an, zum Beispiel bei der Übertragung von Wertpapieren von einem Depot in Großbritannien auf ein Depot in Deutschland. Derzeit können die Anschaffungskosten der Wertpapiere bei Übertragungen innerhalb der EU durch Vorlage einer Bescheinigung der übertragenden Bank nachgewiesen werden. Nach dem Brexit wäre das nicht mehr möglich und der Steuerabzug würde sich auf 30 Prozent der Einnahmen belaufen (sogenannte Ersatzbemessungsgrundlage).

Der Verband deutscher Pfandbriefbanken wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass mit dem Entwurf zwar die Deckungsfähigkeit des Neugeschäfts in Großbritannien geregelt werde. Doch trete das Gesetz erst im Juni in Kraft, so dass es eine Lücke zwischen dem Austrittsdatum und dem Inkrafttreten des Gesetzes gebe. Diese Neugeschäftsregelung müsse vorgezogen werden, verlangte der Verband.

Laut Bundesbank ist die Versorgung der deutschen Wirtschaft mit Finanzdienstleistungen auch zukünftig grundsätzlich sichergestellt. Die meisten britischen Finanzdienstleistungsunternehmen hätten die nach dem Brexit notwendige Lizenz für ihre im Euroraum beheimateten Einheiten erhalten oder würden diese bis zum 29. März 2019 bekommen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag und das Deutsche Aktieninstitut machten allerdings geltend, dass britische Finanzdienstleister nach einem harten Brexit kein Neugeschäft mehr gegenüber deutschen Kunden erbringen könnten. Dies stellte deutsche Unternehmen besonders im Derivategeschäft vor erhebliche Herausforderungen. Manche Absicherungen könnten möglicherweise gar nicht mehr oder nur zu erhöhten Kosten stattfinden. Bei Warenderivaten könne dies zu Rohstoffpreisrisiken für die Unternehmen führen. Von der BaFin hieß es allerdings, es sei nicht Zielsetzung dieses Gesetzentwurfs, das Neugeschäft zu schützen.

Der Verband der chemischen Industrie und PricewaterhouseCoopers (PWC) machten auf verschiedene noch ungelöste steuerliche Probleme für Unternehmen durch den Brexit aufmerksam. Es drohten "nachteilige und bisher ungewollte Belastungen", so der Verband der chemischen Industrie. Zudem drohe der Entfall von Steuervergünstigungen bei der Erbschaftsteuer. Laut PWC bedarf es noch Klarstellungen für die in Deutschland ansässigen Gesellschaften britischen Rechts (Ltd.).

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Gewerkschaft Verdi protestierten gegen eine Regelung im Gesetzentwurf, die zu einer Lockerung des Kündigungsschutzes bei bestimmten Mitarbeitern von Finanzinstituten (sogenannte Risikoträger) führen würde. Diese sollen leitenden Angestellten gleichgestellt werden. Wie der DGB hatte auch Verdi verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neuregelung.

Was der Brexit perspektivisch für die anderen EU-Länder bedeutet, verdeutlichte Joachim Wuermeling (Deutsche Bundesbank): "Wir verlieren als Europäer den einzigen global relevanten Finanzplatz, den wir hatten." Da London auch außerhalb der EU ein wesentlicher Finanzplatz bleiben werde, würde ein erschwerter oder gänzlich unterbrochener Zugang nach London die Geschäftsmöglichkeiten hiesiger Institute in einigen Bereichen erheblich einschränken. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 10.03.19
Newsletterlauf: 16.04.19


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