Regelungen zu Härtefällen bei Hartz IV


Ausschuss für Arbeit und Soziales: Streit über Gesetzgebungsverfahren bei Härtefallregelung für Hartz-IV-Empfänger
Gesetzliche Regelungen zu Härtefällen bei Hartz IV sollen schon in dieser Woche im Bundestag zur Abstimmung kommen


(03.03.10) - Die Arbeitsmarktexperten von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke kritisieren massiv die Vorgehensweise der deutschen Bundesregierung und der Regierungsfraktionen, die die gesetzlichen Regelungen zu Härtefällen bei Hartz IV schon in dieser Woche im Bundestag zur Abstimmung stellen wollen.

Wie die Deutsche Bundesregierung im Ausschuss für Arbeit und Soziales erläuterte, sollen die Regelungen gesetzestechnisch gesehen an das Sozialversicherungs-Stabilisierungsgesetz (17/507) angehängt werden, das zur zweiten und dritten Lesung für den 5. März 2010 vorgesehen ist.

"Das Verfahren, wie es jetzt geht, ist so nicht in Ordnung", hieß es aus den Reihen der SPD-Fraktion, die die Rechte des Arbeits- und Sozialausschusses "in eklatanter Weise verletzt" sieht.

Zum einen kritisierten die Sozialdemokraten, dass durch die Vorgehensweise der Haushaltsausschuss federführend zuständig sei und zum anderen nicht genügend Zeit zur Beratung der von der Bundesregierung definierten Härtefälle bleibe.

Grüne und Linksfraktion schlossen sich diese Kritik an und forderten, den Rat von Experten einzuholen.

Hintergrund der Debatte ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Hartz-IV-Regelsätzen vom 9. Februar 2009, in dem die Richter entschieden hatten, dass Hilfebedürftige ab sofort in sogenannten Härtefällen besondere laufende Bedarfe geltend machen dürften.

Wie der Vertreter der Bundesregierung im Ausschuss erläuterte, habe das Bundesarbeitsministerium in Abstimmung mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) eine Geschäftsanweisung formuliert, in der vier Härtefälle definiert seien. Dabei gehe es um Kosten, die im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht entstehen, Kosten für nicht verschreibungspflichtige Medikamente, Kosten für Haushaltshilfen von Rollstuhlfahrern und Nachhilfeunterricht. Darüber hinaus gebe es gewisse Handlungsspielräume für die BA-Mitarbeiter vor Ort, teilte die Regierung mit.

"Uns erscheint die Liste als zu restriktiv gefasst" kritisierte die Linksfraktion, die vor einer Klageflut vor den Sozialgerichten warnte.

Die SPD bezweifelte, "dass die vom Gericht geforderte Individualisierung mit diesen Punkten ausreichend berücksichtigt wurde". Viele Wechselfälle des Lebens seien nicht erfasst, etwa wenn ein Hartz-IV-Empfänger, der auf eine Gehhilfe angewiesen sei, seinen Haushalt nicht mehr selbst in Ordnung halten könne.

Bündnis 90/Die Grünen forderten eine "Gesetzesänderung mit einer allgemeinen Öffnungsklausel" für Härtefälle, die durch Durchführungshinweise und Geschäftsanweisungen ergänzt werden könne. Die Fraktion sah "Probleme bei dem, was ausgeschlossen ist" und verwies auf den Sonderfall, dass jemand Übergrößen bei Kleidung benötige.

Die Bundesregierung rechtfertigte das zügige Verfahren damit, dass das Bundesverfassungsgericht die "Anordnung" erlassen habe, die Härtefälle "sofort" zu regeln und die BA-Beschäftigten und die Betroffenen vor Ort dringend Klarheit bräuchten. Da die Regelung nur mit einem zustimmungspflichtigen Gesetz realisiert werden könne, ginge das nur im Rahmen des Sozialversicherungs-Stabilisierungsgesetzes, "ein anderes haben wir nicht laufen derzeit". Es wäre schon "ein interessanter Fall", wenn das Parlament sich dem entgegenstellen würde, sagte der Regierungsvertreter.

Die Unionsfraktion betonte, dass jetzt "eine schnelle Lösung" gebraucht werde vor allem auch "in Verantwortung für alle BA-Beschäftigten und Betroffene" und hält die Vorgehensweise für richtig. Die FDP sah dies genau so.

Ein von Bündnis 90/Die Grünen gestellter Antrag, der Ausschuss solle sich kommende Woche in einer Selbstbefassung gesondert mit dem Änderungsantrag zum Sozialversicherungs-Stabilisierungsgesetz befassen und Experten hinzuziehen, wurde mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt, Grüne, SPD und Linke stimmten zu. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Kernkraftwerk kein Notstromaggregat

    Unter den deutschen Atomkraftbetreibern herrschten offenbar unterschiedliche Auffassungen über die Möglichkeiten des Weiterbetriebs der letzten drei deutschen Atomkraftwerke, die aufgrund der Gesetzeslage Ende 2022 abgeschaltet werden sollten, wegen der durch den Ukraine-Krieg erwarteten Energieprobleme aber dann doch bis zum 15. April 2023 in Betrieb blieben. Während PreussenElektra bereit war, sein Kraftwerk Isar 2 auch über den mehrmonatigen Streckbetrieb hinaus weiter zu betreiben, war der RWE-Konzern weniger geneigt, sein Kraftwerk Emsland noch länger zu betreiben.

  • Unterrichtung zu Online-Verfahren an Gerichten

    Über die Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Entwicklung und Erprobung eines Online-Verfahrens in der Zivilgerichtsbarkeit (20/13082) informiert die Bundesregierung in einer Unterrichtung (20/13635). Das Gesetz sieht vor, dass an ausgewählten Amtsgerichten künftig bestimmte zivilgerichtliche Verfahren auch als Online-Verfahren geführt werden können.

  • Mutmaßlich gefälschte UER-Zertifikate

    Ein Drittel der unter Betrugsverdacht stehenden Upstream-Emissionsreduktions-Projekte (UER-Projekte) in China hat das Umweltbundesamt (UBA) inzwischen bereits rückabgewickelt. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (20/13705) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (20/13509) hervor.

  • Lobbygesellschaft für Digitale Transformation

    Die Bundesregierung gestaltet nach eigener Darstellung die digitale Transformation im Sinne der Bürger durch digitalpolitische Initiativen aktiv mit. Dazu würden bestehende Verfahren kontinuierlich modernisiert und implementiert im Hinblick auf aktuelle technische Entwicklungen, heißt es in der Antwort (20/13814) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/13448) der AfD-Fraktion.

  • AfD fordert Stopp der Wärmewende

    Die AfD-Fraktion will durch einen Stopp der Wärmewende Wohnen wieder bezahlbar machen. In einem Antrag (20/13764) wird insbesondere eine Absenkung der Energiestandards bei Neubauten verlangt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen