Zu kurze Verjährungsfrist bei Prospekthaftung?


Entwurf eines Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes:
Finanzwirtschaft verlangt Änderungen für offene Immobilienfonds
Für Anteile an offenen Immobilienfonds soll künftig eine Mindesthaltefrist von zwei Jahren gelten

(07.12.10) - Eine Mehrheit der Sachverständigen hat Änderungen an dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes (17/3628) empfohlen. So bezeichnete ein Vertreter der Deutschen Bank in einer Öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses die geplante Registrierung aller Anlageberater bei der Bankenaufsicht als unnötig. Statt 300.000 Anlageberater zu registrieren, sollte besser eine Negativ-Kartei erstellt werden, in der die Meldungen bestimmter Beschwerdefälle gesammelt und auch die Namen der betroffenen Berater erfasst würden. Eine generelle Meldepflicht helfe nicht viel weiter.

Neben der Meldepflicht sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bei Falschberatung oder fehlenden Informationen Bußgelder verhängen darf. Anleger sollen in Zukunft außerdem mit einem kurzen und leicht verständlichen Dokument über Finanzprodukte informiert werden müssen. Im Gegensatz zur Deutschen Bank sprach sich die BaFin für ein Zentralregister aus, weil nur dies eine Gesamtschau ermögliche. Problematische Bereiche im Anlagesektor ließen sich so leichter identifizieren.

Außerdem sieht der Gesetzentwurf Neuregelungen für offene Immobilienfonds vor. Für Anteile an diesen Fonds soll künftig eine Mindesthaltefrist von zwei Jahren gelten. Anleger, die ihre Anteile im dritten Jahr verkaufen, sollen einen Abschlag von 10 Prozent des Anteilswertes hinnehmen müssen. Im vierten Jahr sind es 5 Prozent. Damit sollen massive Anteilsrückgaben von Anlegern wie nach Beginn der Finanzkrise verhindert werden. Mehrere Fonds mussten wegen nicht ausreichender Liquidität schließen und nehmen seither keine Anteile mehr zurück, um ihre Immobilien nicht stark unter Wert verkaufen zu müssen.

Der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) lehnte die Neuregelungen für offene Immobilienfonds ab. "Dieses Instrument halten wir bei institutionellen Anlegern nicht für zielführend, da institutionelle Anleger nach Ablauf der Haltefrist wie bisher große Summen überraschend aus einem Fonds abziehen können", so die Stellungnahme des BVI. Für nicht natürliche Personen wie Banken und Versicherungen sollte stattdessen nach einer einjährigen Mindesthaltefrist eine auf Dauer angelegte einjährige Kündigungsfrist gelten. Natürliche Personen sollten eine einjährige Haltefrist hinnehmen müssen und in den folgenden Jahren die Anteile mit im Vergleich zum Gesetzentwurf aber niedrigeren Abschlägen zurückgeben können.

Auch der Vertreter von Credit Suisse sprach sich für Kündigungs- statt Mindesthaltefristen aus.

Die Deka-Bank warnte davor, dass es vor dem Inkrafttreten des Anlegerschutzgesetzes noch zu Anteilsrückgaben in größerem Umfang kommen könnte. Millionen von Kunden hätten Milliardensummen in offenen Fonds investiert.

Die Gewerkschaft Verdi kritisierte die vorgesehene Möglichkeit, bei Falschberatung Berufsverbote zu verhängen. Damit würden die Bankberater zu Sündenböcken gemacht, da sie nur Vorgaben zu erfüllen hätten. Die Berater stünden unter erheblichem Druck, bestimmte Wertpapiere zu verkaufen.

Rechtsanwalt Andreas Tilp kritisierte eine zu kurze Verjährungsfrist bei der Prospekthaftung. Auch die Beweislast richte sich immer noch gegen die Anleger.

Die Herausnahme des Grauen Kapitalmarktes aus dem Gesetzentwurf stieß auf Unverständnis bei der Deutschen Steuer-Gewerkschaft. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum die Gewerbeaufsicht in einem bereits angekündigten Gesetzentwurf der Regierung für die Kontrolle des Grauen Kapitalmarktes zuständig werden solle.

Das wiederum verteidigte die Organisation "Votum" (Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa). Aufgrund der hohen Anzahl der selbstständigen Berater sei eine dezentrale Beaufsichtigung durch die Gewerbeämter deutlich einer zentralisierten Aufsicht durch die BaFin, die eine Kontrolle eines einzelnen Vermittlers nicht leisten könne, vorzuziehen.

Rechtsanwalt Peter Mattil sprach von "existenzgefährdenden Dingen" im Grauen Kapitalmarkt. Es gebe keinen Grund, dieses Segment zu schonen. In seiner Stellungnahme schilderte Mattil den Fall einer Anlegerin, die 30.000 Euro in einen Windpark investiert hatte. Sie sei von einer Bank auf Rückzahlung eines Darlehens von fast 3 Millionen Euro in Anspruch genommen worden, das die Initiatoren für den Fonds aufgenommen hatten. In unzähligen Fällen verlangten Insolvenzverwalter von Fondsgesellschaften die Ausschüttungen der letzten zehn Jahre zurück, die die Anleger natürlich nicht mehr besäßen. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

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    Die von der schwarz-roten Koalition geplante Novelle des Telekommunikationsgesetzes ist bei einer Mehrheit der Sachverständigen auf Zustimmung zu den Zielen und Kritik an Details gestoßen. In einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses zum TKG-Änderungsgesetz 2025 bezeichnete eine Reihe von Sachverständigen den Entwurf als ein wichtiges Signal für die Branche.

  • Auskunft zum Cum/Ex und Cum/Cum

    Zum Stichtag 31. Dezember 2023 befanden sich 380 Verdachtsfälle zur Steuergestaltung bei Cum-Ex-Geschäften bei den Obersten Finanzbehörden der Länder und beim Bundeszentralamt für Steuern mit einem Volumen nicht anrechenbarer/erstatteter Kapitalertragssteuer inklusive Solidaritätszuschlag von rund 3,8 Milliarden Euro in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/548) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion die Linke (21/310).

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    Keine konkreten Angaben zu den Kosten, die ihre Pläne zur Vermeidung von CO2-Emissionen verursachen, macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/715) auf eine Kleine Anfrage (21/296) der AfD-Fraktion. Zur Begründung verweist sie darauf, dass Deutschland zur Erreichung der Klimaschutzziele auf ein "breites Spektrum aufeinander abgestimmter Klimaschutzmaßnahmen" setze. Diese dienten neben der Minderung von Treibhausgasen auch der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, dem sozialen Ausgleich sowie der langfristigen Transformation hin zur Klimaneutralität. Die Ausgestaltung der Klimaschutzmaßnahmen gehe dabei über eine "kurzfristige, rein statische Betrachtung der CO2-Vermeidungskosten" hinaus.

  • Steuerung des Windenergieausbaus

    An der von den Koalitionsfraktionen geplanten Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED III) besteht Nachbesserungsbedarf. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses zu dem Gesetzentwurf "zur Umsetzung von Vorgaben der Richtlinie (EU) 2023/2413 für Zulassungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz, zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes, zur Änderung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes und zur Änderung des Baugesetzbuchs" (21/568) deutlich.

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