Erfahrung: Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz
"Veröffentlichungspflichten belasten Wertpapieremittenten erheblich": Allein die Emission von Zertifikaten habe im Jahr 2007 Inseratskosten von 5 bis 6 Millionen Euro verursacht
Wettbewerbsnachteil für den deutschen Finanzplatz: Vielfach bemängelt wird nach Darstellung der Deutschen Bundesregierung auch der geringe Nutzen von Hinweisbekanntmachungen
(25.06.08) - Die Pflicht, Informationen wie die Einberufung von Haupt- oder Gläubigerversammlungen nicht nur im elektronischen Bundesanzeiger, sondern auch in einem Börsenpflichtblatt zu veröffentlichen, belastet besonders kleine oder mittlere börsennotierte Unternehmen mit erheblichen Kosten. Dies geht aus einem Bericht der Bundesregierung über die praktischen Erfahrungen mit Veröffentlichungen von Emittenten nach dem Wertpapierhandelsgesetz und Hinweisbekanntmachungen in Zeitungen nach dem Wertpapierprospektgesetz (16/9568) hervor.
Noch bis Ende dieses Jahres müssen diese Informationen laut Regierung übergangsweise auch in einer von einer Börse benannten Tageszeitung ("Börsenpflichtblatt") veröffentlicht werden. Bei längeren Tagesordnungen der Hauptversammlungen könnten die Kosten dafür 10.000 Euro überschreiten.
Die Übergangsfrist bis zum Jahresende 2008 werde von den Marktteilnehmern als ausreichend angesehen, um Nachteile für den Anlegerschutz durch den Übergang auf ein elektronisches Medium ausschließen zu können, heißt es in dem Bericht. Dagegen hätten die Printmedien zum Ausdruck gebracht, dass sich ein Nebeneinander von Veröffentlichungen im elektronischen Bundesanzeiger und in Börsenpflichtblättern bewährt habe und die Transparenz erhöhe. Damit hätten auch jene Anleger ein Informationsmedium zur Verfügung, die von elektronischen Informationen ausgeschlossen seien.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) habe bestätigt, dass die Transparenzpflichten eingehalten würden und Beschwerden ausgeblieben seien. Viele Marktteilnehmer hätten darüber hinaus auch die mit so genannten Hinweisbekanntmachungen verbundenen Kosten bemängelt, teilt die Regierung weiter mit.
Nach dem Wertpapierprospektgesetz muss in Zeitungen eine Mitteilung veröffentlicht werden, aus der hervorgeht, wie ein Prospekt veröffentlicht worden ist und wo er erhältlich ist. Die BaFin verlange diese Bekanntmachungen für Basisprospekte, Nachträge zu Prospekten und für die endgültigen Bedingungen eines Angebots.
In Deutschland habe es im vergangenen Jahr mehr als 280.000 Wertpapieremissionen auf der Grundlage von Basisprospekten allein durch endgültige Bedingungen gegeben. Eine Hinweisbekanntmachung der endgültigen Bedingungen verursache bis zu 320 Euro reine Inseratskosten. Allein die Emission von Zertifikaten habe im Jahr 2007 Inseratskosten von 5 bis 6 Millionen Euro verursacht. Hinzu komme der interne Verwaltungsaufwand, der Flexibilität und Schnelligkeit der Emittenten einschränke und weitere Kosten verursache, die letztlich dem Anleger zur Last fielen.
Vielfach bemängelt wird nach Darstellung der Regierung auch der geringe Nutzen von Hinweisbekanntmachungen. Häufig fehle ein eigenständiger Informationswert. Darüber hinaus wisse der Anleger nicht, an welchem Tag die ihn interessierende Hinweisbekanntmachung in welcher Zeitung erscheine. Die Veröffentlichung auf der Internetseite des Emittenten informiere den Anleger dagegen schneller, einfacher und zuverlässiger.
Da es Hinweisbekanntmachungen außer in Deutschland an den größeren Märkten in der EU nur in Österreich gebe, betrachteten viele Marktteilnehmer sie als Wettbewerbsnachteil für den deutschen Finanzplatz.
Hintergrund
Der von der Bundesregierung zur Jahresmitte 2008 angeforderte Bericht betrifft zum einen die praktischen Erfahrungen mit den Veröffentlichungspflichten von Emittenten nach § 30b Abs. 1 und 2 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) im elektronischen Bundesanzeiger sowie die Übergangsregel des § 46 Abs. 4 WpHG, der zusätzlich eine Veröffentlichung in einem Börsenpflichtblatt fordert.
Zum anderen hat er die praktischen Erfahrungen mit der Auslegungspraxis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Prospektrecht zum Gegenstand, eine Hinweisbekanntmachung in Zeitungen gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) auch für die Veröffentlichung endgültiger Bedingungen (sog. final terms) des Angebots zu verlangen.
Die Bundesregierung hat zur Ergründung der praktischen Erfahrungen einen weiten Kreis von Marktteilnehmern konsultiert, zu denen Verbände der Finanzindustrie, Emittenten- und Anlegerschutzvereinigungen, Börsen und die Printmedien gehörten. Stellungnahmen gingen ein seitens Banken- und Derivateverbänden, Emittentenvereinigungen, Börsen und der Printmedien. (Deutsche Bundesregierung: ra)
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