AGG ein Kostentreiber und ein Bürokratietreiber
Bayerische Staatsregierung und vbw kritisieren geplante Ausweitung der EU-Antidiskriminierungsregeln - Europaminister Söder fordert EU-Kommission zur Rücknahme ihrer Pläne auf
Bertram Brossardt (vbw) stellt neue Umfrage zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vor: "AGG ist ein Kosten- und Bürokratietreiber"
(20.06.08) - Bayerns Europaminister Dr. Markus Söder und der Hauptgeschäftsführer der vbw - Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V., Bertram Brossardt, haben die Pläne der EU-Kommission zur Ausweitung der Antidiskriminierungsregeln scharf kritisiert. Bei einer gemeinsamen Veranstaltung in München forderte Söder die Kommission auf, ihre Pläne zurückzunehmen.
Söder sagte: "Die aktuellen Versuche der Kommission, alle Lebensbereiche mit immer neuen Regulierungen zu überziehen, sind nicht akzeptabel. Das Nein der Iren zum Vertrag von Lissabon hat gezeigt, dass viele Menschen mit Europa Lebensferne und Bürokratiewahn verbinden. Die EU darf diese Vorwürfe nicht auf die leichte Schulter nehmen. Deshalb muss die EU-Kommission ein deutliches Signal gegen überflüssige Bürokratie setzen und die geplante Antidiskriminierungs-Richtlinie stoppen. Sollte die Kommission nicht einlenken, muss Bundesjustizministerin Zypries im Rat ihr Veto einlegen."
Söder kritisierte, dass das Vorhaben der Kommission massiv in die verfassungsrechtlich geschützte Vertragsfreiheit eingreift und die Unternehmen ganz erheblich mit unnötigem Kosten- und Verwaltungsaufwand belastet. Söder: "Schon das geltende Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz geht an die Grenze des politisch Vertretbaren und praktisch Vernünftigen. Mit Bayern ist ein weiteres Draufsatteln aus Brüssel nicht zu machen. Die Staatsregierung wird sich konsequent gegen neue Bürokratie aus Brüssel zur Wehr setzen."
Auch Brossardt warnte vor weiteren Antidiskriminierungsregeln. "Die vbw tritt zusammen mit ihren Mitgliedern gegen jede Art von Diskriminierungen ein. Ich halte es aber für verfehlt, den Kampf gegen Diskriminierungen durch neue gesetzliche Vorschriften zu führen. Das bestätigen die Erfahrungen, die Deutschland im Arbeitsrecht mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gemacht hat", sagte Brossardt. "Eine repräsentative Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), die für die vbw unter über 700 Personalverantwortlichen bayerischer Unternehmen durchgeführt wurde, hat bestätigt, wovor wir vor Inkrafttreten des AGG immer gewarnt haben: Das AGG ist ein Kostentreiber, ein Bürokratietreiber und hat bei den Unternehmen zu erheblicher Rechtsunsicherheit geführt."
Nach der Umfrage sind der bayerischen Wirtschaft im ersten Jahr nach Inkrafttreten des AGG einmalige Kosten in Höhe von über 240 Mio. Euro für die Umsetzung des AGG entstanden sind. Über 50 Prozent dieser Kosten entfielen auf Schulungs- und Informationsmaßnahmen für die Mitarbeiter und Führungskräfte. Brossardt: "Ein Unternehmen mit 100 Beschäftigten, das das AGG vollständig umgesetzt hat, hat dafür im Schnitt rund 24.400 Euro aufgewendet, ein Unternehmen mit 1.000 Beschäftigten sogar 241.000 Euro. Das sind erhebliche Belastungen, die die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen." Darüber hinaus werde auch künftig mit jährlichen Kosten in Höhe von über 100 Mio. Euro für die bayerischen Unternehmen zu rechnen sein.
Brossardt verwies ferner darauf, dass der Dokumentationsaufwand erheblich zugenommen habe und die Rechtsunsicherheit gestiegen sei. "Unsere Umfrage hat auch ergeben, dass in 42,5 Prozent der Unternehmen die Unsicherheit in Personalfragen zugenommen hat. Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten gaben sogar zu rund 70 Prozent an, dass die Rechtsunsicherheit größer geworden sei. Ich kann daher vor weiteren Antidiskriminierungsregulierungen nur warnen. Sie helfen den Betroffenen in der Regel nicht, erschweren aber die Abwicklung von Rechtsgeschäften", sagte Brossardt.
Die Europäische Kommission plant eine Ausdehnung der bisherigen EU-Antidiskriminierungsregeln und hat einen Richtlinienvorschlag noch vor der Sommerpause angekündigt. Die Richtlinie soll zusätzliche Vorschriften zum Schutz vor Diskriminierungen wegen Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexueller Identität enthalten und damit den bestehenden Diskriminierungsschutz über das Arbeitsrecht hinaus auf das Zivilrecht erweitern. (Bayerische Staatskanzlei: ra)
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