GmbH im Wettbewerb mit ausländischen Rechtsformen
Meinungen über Modernisierung des GmbH-Rechts gehen auseinander - GmbH-Gründungen künftig ohne notarielle Beurkundung möglich
Britische Limited "hat den Zenit ihrer Popularität bei deutschen Unternehmensgründern" bereits überschritten
(29.01.08) - Geteilter Meinung waren die eingeladenen Sachverständigen über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung (16/6140), mit dem das Recht für Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) modernisiert werden soll.
Bei einer Anhörung des Rechtsausschusses erklärte Jürgen Möllering vom Deutschen Industrie- und Handelskammertages: "Der Entwurf erfüllt unsere Erwartungen". Nach den Erfahrungen mit Existenzgründern könne man sagen: Die längsten Verzögerung bei der Gründung einer GmbH entstünden beim Handelsregister und beim Notar. Möllering regte an, darüber nachzudenken, ob eine Anmeldung auch online möglich sein könne. Für Existenzgründer wie für Gesellschafter von bestehenden GmbHs seien zahlreiche Verbesserungen mit dem Entwurf verbunden, so Möllering weiter. Positiv sei auch die geplante Option, mit einer Mustersatzung eine schnelle und umkomplizierte Gesellschaftsgründung zu ermöglichen.
Ebenso begrüßte Professor Marcus Lutter, Sprecher des Zentrums für europäisches Wirtschaftsrecht der Universität Bonn, den Regierungsentwurf. Das Gesetz habe in den 27 Jahren seit der letzten größeren Reform durch Rechtsprechung und Praxis "Schlacken" angesetzt. Vor allem aber stehe die GmbH im Wettbewerb mit ausländischen Rechtsformen, insbesondere der englischen "Limited", und müsse in diesem Wettbewerb gestärkt werden.
Eine "ausgesprochen gelungene Lösung" nannte auch Professor Barbara Grunewald, die den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht an der Universität zu Köln innehat, den Gesetzentwurf der Bundesregierung. Die Planung, das Mindestkapital zur Gründung einer GmbH von 25.000 Euro auf 10.000 Euro zu senken, hielt sie für richtig. Untersuchungen hätten ergeben, dass gerade das hohe Mindestkapital Gründer davon abhalte, die deutsche GmbH zu wählen. Auch Aspekte des Gläubigerschutzes verlangten keine höhere Festsetzung des Mindestkapitals. Grunewald lobte auch den Ansatz, künftig die Gründung einer GmbH ohne notarielle Beurkundung möglich zu machen.
Professor Wulf Goette, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, bescheinigte dem Regierungsentwurf, er ergreife die Gelegenheit, Ballast abzuwerfen und zu modernisieren. Er unternehme den Versuch, die Stellung der GmbH national und auch im internationalen Wettbewerb zu stärken. Goette kritisierte allerdings die vorgeschlagene Mustersatzung. Diese werde mit ihrer "unflexiblen Starrheit" dem Deregulierungsziel "nur sehr eingeschränkt gerecht". Goette prophezeite außerdem, der Verzicht auf einen Notar werde die Zahl der Insolvenzen vergrößern.
Grundsätzlich begrüßenswert nannte auch Professor Peter Jung von der Universität Basel den Entwurf. Positiv zu bewerten sei etwa die Abkoppelung der Handelsregistereintragung von verwaltungsrechtlichen Genehmigungen. Hierdurch werde eine erfreuliche Beschleunigung des Gründungsverfahrens erreicht. Demgegenüber werde die Bedeutung des auf dem deutschen GmbH-Recht lastenden Wettbewerbsdrucks überschätzt. Zu vermuten sei, dass die britische Limited "den Zenit ihrer Popularität bei deutschen Unternehmensgründern" bereits überschritten habe. Der vermeintliche Druck durch den Wettbewerb der europäischen Gesellschaftsrechtsgesetzgeber sollte nicht dazu Anlass geben, jedem Wunsch nach einer Liberalisierung nachzugeben und eine bewährte Gesetzgebung einfach über Bord zu werfen.
Jung und Peter Ries, Professor an der Berliner Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege, kritisierten, dass GmbH-Gründungen künftig ohne notarielle Beurkundung möglich seien. "Die kostengünstigsten Lösungen sind selten auch die besten", so Jung.
Für Rechtsanwalt Ulrich Wanner-Laufer steht fest, dass der vorgelegte Gesetzentwurf nur der Einstieg in die Reform des Gesellschaftsrechts insgesamt sein kann. (Deutsche Bundesregierung: ra)
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