Mindestlohn ist Mindestschutz
Erforderliche Höhe des gesetzlichen Mindestlohns zur Armutsbekämpfung
Mit gegenwärtig 8,50 Euro pro Stunde liegt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland bei 47,8 Prozent des Medianlohns und damit erheblich unter der Niedriglohnschwelle von zwei Dritteln des Medianlohns im Jahr 2014 und sogar unter der im Sinne der relativen Armutsbetrachtung als Armutslohn anzusehenden Schwelle von 50 Prozent des Medianlohns
Armut kann nicht allein mit dem gesetzlichen Mindestlohn bekämpft werden. Diese Auffassung vertritt die Deutsche Bundesregierung in einer Antwort (18/8814) auf eine Kleine Anfrage (18/8498) der Fraktion Die Linke. Darin hatten die Abgeordneten danach gefragt, wie hoch der Mindestlohn sein müsse, um Armut zu verhindern. Die Bundesregierung antwortet darauf, dass der Sinn des Mindestlohns sei, Arbeitnehmer vor Niedrigstlöhnen zu schützen und den Wettbewerb der Unternehmen nicht zu Lasten der Beschäftigten auszutragen.
"Der allgemeine Mindestlohn kann und soll lediglich einen angemessenen Mindestschutz sicherstellen. Umfassenderer Schutz der Arbeitnehmer kann und soll im Rahmen von Tarifverträgen gewährleistet werden", schreibt die Bundesregierung.
Vorbemerkung der Fragesteller
Nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde zum dem 1. Januar 2015 befindet im Juni 2016 die mit dem Mindestlohngesetz installierte Mindestlohnkommission erstmals über die Höhe des Mindestlohns ab dem 1. Januar 2017 und wird sich dabei wahrscheinlich in erster Linie an der Höhe der aktuellen Tarifabschlüsse orientieren. Gleichzeitig soll die Höhe des Mindestlohns geeignet sein "zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen sowie Beschäftigung nicht zu gefährden" (§ 9 Absatz 2 des Mindestlohngesetzes).
Vor Einführung des verbindlichen Mindestlohns haben zahlreiche Wirtschaftswissenschaftlerinnen und Wirtschaftswissenschaftler heftige Kritik an der Einführung des Mindestlohns geübt und einen erheblichen Anstieg der Arbeitslosigkeit prophezeit, unter ihnen auch der "Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung", etwa in seinem Jahresgutachten 2013/2014. Aktuelle Erhebungen zeigen jedoch, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten deutlich angestiegen ist, während gleichzeitig die Anzahl der Minijobs zurückgegangen ist. Dennoch schützt der Mindestlohn in seiner aktuellen Höhe nur unzureichend vor Armut.
Mit gegenwärtig 8,50 Euro pro Stunde liegt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland bei 47,8 Prozent des Medianlohns und damit erheblich unter der Niedriglohnschwelle von zwei Dritteln des Medianlohns im Jahr 2014 und sogar unter der im Sinne der relativen Armutsbetrachtung als Armutslohn anzusehenden Schwelle von 50 Prozent des Medianlohns. Ausweislich einer Darstellung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI Report 28, 1/2016) liegt der Mindestlohn in Deutschland damit im Vergleich zu anderen mitteleuropäischen Ländern im unteren Drittel, jeweils gemessen am nationalen Medianlohn. Mit dem gegenwärtigen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro ist darüber hinaus für die Betroffenen Altersarmut vorprogrammiert. (Deutscher Bundestag: ra)
eingetragen: 28.07.16
Home & Newsletterlauf: 14.09.16
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