Klimaschutzziele ins Energiewirtschaftsgesetz
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts im Zusammenhang mit dem Klimaschutz-Sofortprogramm und zu Anpassungen im Recht der Endkundenbelieferung
Die Netzplanung soll künftig konsequent an dem Ziel der Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 ausgerichtet und die verschiedenen Prozesse enger verzahnt werden
Mit dem Entwurf eines Gesetzes (20/1599) "zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts im Zusammenhang mit dem Klimaschutz-Sofortprogramm und zu Anpassungen im Recht der Endkundenbelieferung" will die Bundesregierung drei Problemkomplexe angehen: den beschleunigungsbedürftigen Ausbau erneuerbarer Energien; Engpässe in der Versorgung wegen fehlender Stromnetze und rechtliche Unklarheiten bei der Kündigung des Vertrags seitens des Energielieferanten in Zeiten steigender Energiepreise.
Um die Klimaschutzziele aus dem Übereinkommen von Paris zu erreichen, will Deutschland spätestens im Jahr 2045 klimaneutral sein. Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien ist dafür auch der Ausbau der Stromnetze von zentraler Bedeutung, heißt es in dem Entwurf. Der sei mit Blick auf die Sektorenkopplung - Elektromobilität und damit verbundener Ladeinfrastrukturaufbau wie auch Elektrifizierung des Wärmesektors - zwingend erforderlich. Der zügige Ausbau der Erneuerbaren sowie die schrittweise Abschaltung der verbleibenden Kernkraftwerke und der Kohlekraftwerke erforderten es, Strom zunehmend über weite Strecken zu transportieren. Insbesondere der im Norden Deutschlands erzeugte Strom aus Windenergieanlagen müsse zu den Verbrauchsschwerpunkten im Süden und Westen Deutschlands geleitet werden. Darüber hinaus sollen die technischen Voraussetzungen für den zunehmenden grenzüberschreitenden Stromhandel geschaffen werden. Daraus resultiere ein Netzausbaubedarf insbesondere in der Höchstspannungsebene.
Die Netzplanung soll künftig konsequent an dem Ziel der Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 ausgerichtet und die verschiedenen Prozesse enger verzahnt werden. Die §§ 12a ff. des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) enthalten Regelungen zur Netzausbaubedarfsplanung. Das Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) ermöglicht beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren. Die Bundesnetzagentur hat am 14. Januar 2022 den Netzentwicklungsplan Strom (NEP) 2021-2035 bestätigt und der Bundesregierung gemäß § 12e Absatz 1 Satz 1 EnWG als Entwurf für einen Bundesbedarfsplan vorgelegt. Die im NEP 2021-2035 bestätigten zusätzlichen Leitungsmaßnahmen seien für den verstärkten und beschleunigten Klimaschutz unabdingbar. Der bisherige Bundesbedarfsplan müsse aktualisiert werden. Nach § 12e Absatz 1 Satz 2 EnWG ist der Bundesbedarfsplan dem Bundesgesetzgeber mindestens alle vier Jahre vorzulegen. Mit den regelmäßigen Anpassungen des Bundesbedarfsplangesetzes (BBPlG) soll eine Beschleunigung der erfassten Planungs- und Genehmigungsverfahren für Netzausbauvorhaben auf Höchstspannungsübertragungsnetzebene gewährleistet werden.
Konkret heißt das: Das Ziel der Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 soll auch unmittelbar in das Energiewirtschaftsgesetz aufgenommen und in dort geregelten Prozessen stärker verankert werden. Die Netzentwicklungsplanungen sollen um die Berechnung eines Klimaneutralitätsnetzes ergänzt und auch Planungen auf Verteilernetzebene am Ziel einer vorausschauenden und effizienten Bedarfsdimensionierung ausgerichtet werden, die unter anderem den Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge berücksichtigt.
Der Bundesbedarfsplan wird aktualisiert. Es werden 19 neue Netzausbauvorhaben aufgenommen und 17 Netzausbauvorhaben geändert. Ein Vorhaben wird gestrichen. Für die neuen und geänderten Netzausbauvorhaben wird entsprechend § 12e Absatz 4 EnWG die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgestellt.
In den letzten Monaten sind die Energiepreise auf den Großhandelsmärkten stark gestiegen. In der Folge stellten einzelne Energielieferanten die Energieversorgung ihrer Kunden kurzfristig ein. Davon betroffene Kunden fallen in die vertragliche Grundversorgung oder das gesetzliche Schuldverhältnis der Ersatzversorgung und werden weiter mit Energie versorgt, heißt es im Entwurf zum Thema gekündigter Verträge. Abhängig von der Anzahl kurzfristig neu zu versorgender Kunden und der Höhe der bereits beschafften Energiemengen hätten Grundversorger dafür zusätzliche Mengen am Großhandelsmarkt zu den jeweils geltenden Preisen einkaufen müssen. In der Folge gestiegener Beschaffungskosten erhöhten sie dann ihre Endkundenpreise oder führten unterschiedliche Grundversorgungspreise für Alt- und Neukunden ein. Die rechtliche Zulässigkeit solcher gespaltenen Preise wurde kontrovers diskutiert. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll rechtliche Klarheit erreicht und grundsätzlich einer erneuten Situation vorgebeugt werden, in der Kunden kurzfristig mit der Einstellung ihrer Belieferung durch ihren im Wettbewerb tätigen Energielieferanten konfrontiert werden.
Die aktuell stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise belasteten Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen erheblich. Deshalb sei außerdem sicherzustellen, dass im Fall sinkender Rohstoff- und Großhandelspreise Endverbraucherinnen und Endverbraucher auch von Preissenkungen profitieren und dass marktmächtige Unternehmen ihre Stellung nicht missbrauchten. Ziel sei ein klarer und gestärkter Wettbewerbsrahmen, der das Funktionieren der Märkte gewährleistet. Der vorliegende Gesetzentwurf soll daher den Wettbewerb auf den betroffenen Märkten durch eine intensivere kartellbehördliche Beobachtung und Kontrolle fördern und schützen.
Im Einzelnen heißt das: Das Energiewirtschaftsgesetz soll um die bußgeldbewährte Vorgabe ergänzt werden, dass auch eine planmäßige Beendigung der Energiebelieferung von Haushaltskunden der Bundesnetzagentur mindestens drei Monate im Voraus anzuzeigen ist und betroffene Kunden zu informieren sind. Die Bundesnetzagentur erhält dem Entwurf zufolge zudem zusätzliche Aufsichtsbefugnisse gegenüber Energielieferanten. Die Ersatzversorgung und die Grundversorgung sollen neu voneinander abgegrenzt werden, die preisliche Kopplung beider Instrumente auch im Segment der Haushaltskunden aufgehoben werden. Dadurch könnten die Ersatzversorgungspreise stärker die jeweils aktuellen Beschaffungskosten berücksichtigen. Damit einhergehen sollen weitere Transparenzvorgaben im Hinblick auf die Preiszusammensetzung der Ersatzversorgung. (Deutsche Bundesregierung: ra)
eingetragen: 05.05.22
Newsletterlauf: 15.07.22
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