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Lego-Stein vor dem Europäischen Gerichtshof


Urteil in der Rechtssache C-48/09 P Lego Juris / HABM: Der Spielbaustein von Lego ist nicht als Gemeinschaftsmarke eintragungsfähig
Dabei handelt es sich um ein Zeichen, das ausschließlich aus der Form der Ware besteht, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist


(04.10.10) - Der Europäische Gerichtshof hatte sich mit der Thematik "Legostein als eintragsfähige Gemeinschaftsmarke" zu beschäftigen. In einer Presseerklärung begründdete der Gerichtshof sein Urteil, das zu Ungunsten der Firma Lego gefällt wurde. Wir zitieren:

"Nach der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke (1) können Gemeinschaftsmarken alle Zeichen sein, die sich grafisch darstellen lassen, wie Wörter, die Form der Ware oder deren Aufmachung, soweit diese Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Von der Eintragung sind jedoch Zeichen ausgeschlossen, die ausschließlich aus der Form der Ware bestehen, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist.

Am 1. April 1996 beantragte Lego, ein dänischer Spielzeughersteller, beim HABM (Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt) die Eintragung eines roten Spielbausteins als Gemeinschaftsmarke. Das HABM trug die fragliche Marke zunächst ein.

Dessen Nichtigkeitsabteilung erklärte die fragliche Marke jedoch auf Antrag von Mega Brands, einem Hersteller von Spielbausteinen mit gleichen Formen und Abmessungen, mit der Begründung für nichtig, dass die spezifischen Merkmale des Lego-Steins eindeutig so gewählt worden seien, dass der Lego-Stein eine praktische Funktion erfüllen könne, und nicht zu Kennzeichnungszwecken.

Das wichtigste Element des durch den Lego-Stein dargestellten Zeichens bestehe nämlich aus zwei Reihen Vorsprüngen auf der Oberseite dieses Steins, was erforderlich sei, um die technische Wirkung, der die Ware dienen solle, zu erreichen, den Zusammenbau von Spielbausteinen. Nachdem die Große Kammer des HABM die Nichtigerklärung der Marke bestätigt hatte, erhob Lego beim Gericht Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Großen Kammer.

In seinem Urteil vom 12. November 2008 (2) stellte das Gericht u. a. fest, dass das Unionsrecht der Eintragung jeder Form entgegenstehe, die in ihren wesentlichen Merkmalen ausschließlich aus der Form der Ware bestehe, die für das Erreichen der fraglichen technischen Wirkung technisch kausal und hinreichend sei, selbst wenn diese Wirkung durch andere Formen erreicht werden könne, die die gleiche oder eine andere technische Lösung nutzten. Gegen dieses Urteil hat Lego ein Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt.

Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass mit dem Verbot, ein Zeichen als Marke einzutragen, das aus der Form der Ware besteht, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, verhindert werden soll, dass einem Unternehmen durch das Markenrecht letztlich ein Monopol für technische Lösungen oder Gebrauchseigenschaften einer Ware eingeräumt wird. Somit können Unternehmen nicht das Markenrecht in Anspruch nehmen, um ausschließliche Rechte für technische Lösungen ohne zeitliche Begrenzung auf Dauer festzuschreiben.

Besteht nämlich die Form einer Ware nur darin, dass sie die von deren Hersteller entwickelte und auf dessen Antrag patentierte technische Lösung verkörpert, würde ein Schutz dieser Form als Marke nach Ablauf des Patents die Möglichkeit der anderen Unternehmen, diese technische Lösung zu verwenden, erheblich beschränken. Nach dem Unionsrecht sind aber technische Lösungen nur für eine begrenzte Dauer schutzfähig, so dass sie danach von allen Wirtschaftsteilnehmern frei verwendet werden können.

Außerdem hat der Gesetzgeber, so der Gerichtshof weiter, mit der Beschränkung des Eintragungsverbots auf Zeichen, die "ausschließlich" aus der Form der Ware bestehen, die zur Erreichung einer technischen Wirkung "erforderlich" ist, gebührend berücksichtigt, dass jede Form einer Ware in gewissem Maße funktionell ist und es daher unangemessen wäre, eine Warenform nur deshalb von der Eintragung als Marke auszuschließen, weil sie Gebrauchseigenschaften aufweist.

Mit den Wörtern "ausschließlich" und "erforderlich" wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass allein diejenigen Warenformen von der Eintragung ausgeschlossen sind, durch die nur eine technische Lösung verkörpert wird und deren Eintragung als Marke die Verwendung dieser technischen Lösung durch andere Unternehmen tatsächlich behindern würde.

Die Voraussetzung, dass unter das Eintragungshindernis alle Zeichen fallen, die "ausschließlich" aus der Form der Ware bestehen, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, sieht der Gerichtshof dann als erfüllt an, wenn, wie im vorliegenden Fall, alle wesentlichen Merkmale der Form der technischen Funktion entsprechen, wobei das Vorhandensein eines oder mehrerer geringfügiger willkürlicher Elemente ohne technische Funktion unerheblich ist.

Die Voraussetzung, dass eine Form einer Ware nur dann von der Markeneintragung ausgeschlossen werden kann, wenn sie zur Erreichung der gewünschten technischen Wirkung "erforderlich" ist, bedeutet nicht, dass die betreffende Form die einzige sein muss, die die Erreichung dieser Wirkung erlaubt. In bestimmten Fällen kann ein und dieselbe technische Wirkung durch unterschiedliche Lösungen erzielt werden.

So kann es alternative Formen mit anderen Abmessungen oder anderer Gestaltung geben, die dieselbe technische Wirkung ermöglichen. Dieser Umstand hat jedoch als solcher nicht zur Folge, dass eine Eintragung der betreffenden Form als Marke die Verfügbarkeit der in der Form verkörperten technischen Lösung für die übrigen Wirtschaftsteilnehmer unberührt ließe.

Die Situation eines Unternehmens, das eine technische Lösung entwickelt hat, gegenüber Wettbewerbern, die sklavische Nachahmungen der Form der Ware unter Verkörperung genau derselben Lösung in den Verkehr bringen, ist nach der Feststellung des Gerichtshofs nicht in der Weise schutzfähig, dass dem Unternehmen durch Eintragung des aus der genannten Form bestehenden dreidimensionalen Zeichens als Marke ein Monopol eingeräumt wird; diese Situation kann jedoch gegebenenfalls im Licht der Regeln über den unlauteren Wettbewerb geprüft werden. Eine solche Prüfung war indessen nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

Der Gerichtshof weist daher das Rechtsmittel von Lego zurück."

(1) Verordnung (EG) Nr. 40/94 vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1)
(2) Urteil des Gerichts vom 12. November 2008, Lego Juris/HABM – Mega Brands (Roter Lego-Stein)

Siehe auch: www.curia.europa.eu
(Europäischer Gerichtshof: ra)


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