Zugriff auf die Bankdaten europäischer Bürger
Europäisches Parlament droht mit Konsequenzen, falls USA Massenüberwachung nicht einstellt
Die EU sollte das Programm zur Offenlegung der Terrorismus-Finanzierung sowie das Safe-Harbour-Abkommen auf Eis legen
(07.04.14) - Die Zustimmung des Parlaments zum transatlantischen Freihandelsabkommen könnte "gefährdet sein", solange die pauschale Massenüberwachung durch die nationale Sicherheitsbehörde der USA nicht völlig eingestellt wird, hoben die Abgeordneten in einer am Mittwoch angenommenen Entschließung zum Abschluss ihrer sechsmonatigen Untersuchung der US-Massenüberwachungsprogramme hervor.
Die EU sollte auch das Programm zur Offenlegung der Terrorismus-Finanzierung (TFTP) sowie das Safe-Harbour-Abkommen (Anerkennung von EU-Datenschutzgrundsätzen durch US-Unternehmen) auf Eis legen, so der Entschließungstext, in dem die Abgeordneten unterstreichen, dass der Kampf gegen den Terrorismus niemals als Rechtfertigung für geheime oder sogar rechtswidrige Programme zur Massenüberwachung dienen kann.
Die Entschließung, in der die Abgeordneten ihre Untersuchungsergebnisse und Empfehlungen festhalten, um den Datenschutz für EU-Bürger zu verstärken, wurde mit 544 Stimmen angenommen, bei 78 Gegenstimmen und 60 Enthaltungen.
"Die Snowden-Enthüllungen gaben uns die Gelegenheit, endlich zu handeln. Ich hoffe, wir werden daraus etwas Positives und Dauerhaftes machen, das auch in der nächsten Legislaturperiode Bestand haben wird - eine Datenschutz-Grundrechtecharta, auf die wir stolz sein können", sagte der Berichterstatter Claude Moraes (S&D, UK). "Dies ist die einzige internationale Untersuchung der Massenüberwachungsprogramme. (...) Nicht einmal der Kongress der Vereinigten Staaten hat eine Untersuchung durchgeführt", fügte er hinzu.
Das Parlament betont in der Entschließung, dass es dem endgültigen Abkommen über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) nur zustimmen kann, wenn darin die EU-Grundrechte in vollem Umfang respektiert werden, und fordert, dass das Thema Datenschutz nicht bei den TTIP-Verhandlungen, sondern getrennt erörtert werden sollte. Die Zustimmung des Parlaments könnte gefährdet sein, "solange die pauschale Massenüberwachung sowie das Abfangen von Nachrichten in EU-Institutionen und diplomatischen Vertretungen nicht völlig eingestellt werden", so der Text.
Die Abgeordneten verlangen die "unverzügliche Aussetzung" des Safe-Harbour-Abkommens (freiwillige Datenschutzstandards für Unternehmen aus Drittstaaten, die personenbezogene Daten aus der EU in die USA übermitteln). Diese Grundsätze bieten den EU-Bürgern "keinen angemessenen Schutz", so der Entschließungstext, in dem das Parlament die USA auffordert, neue Regeln für die Übermittlung personenbezogener Daten vorzulegen, die den Datenschutzanforderungen des EU-Rechts entsprechen.
Das Programm zur Offenlegung der Terrorismus-Finanzierung (TFTP) sollte ebenfalls ausgesetzt werden, solange Anschuldigungen, nach denen US-Behörden außerhalb des Rahmens dieses Abkommens Zugriff auf die Bankdaten europäischer Bürger erhielten, nicht geklärt sind, fordern die Abgeordneten.
Schutz von Informanten
Das Parlament verlangt ebenfalls ein "europäisches Programm für den Schutz von Informanten", das die Komplexität des "Whistleblowing" im Bereich der Nachrichtendienste besonders berücksichtigen sollte. Die EU-Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die Möglichkeit zu prüfen, Informanten internationalen Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung zu gewähren.
Weiterhin verlangen die Abgeordneten von den EU-Ländern, die Entwicklung "von europäischen innovativen und technischen Kapazitäten in Bezug auf IT-Instrumente, -Unternehmen und -Anbieter (Hardware, Software, Dienstleistungen und Netze), einschließlich zu Zwecken der Cybersicherheit, sowie Verschlüsselungskapazitäten und kryptographischer Möglichkeiten" sowie von europäischen Cloud-Computing-Diensten zu unterstützen.
Insbesondere Deutschland und einige andere Länder sollten die Anschuldigungen von Massenüberwachung und "möglicher Vereinbarungen zwischen Nachrichtendiensten und Telekommunikationsunternehmen über den Zugang zu und den Austausch von personenbezogenen Daten sowie den Zugang zu transatlantischen Kabeln, von US-Geheimdienstmitarbeitern und -Ausrüstung auf dem Hoheitsgebiet der EU ohne Kontrolle von Überwachungsmaßnahmen, und ihre Vereinbarkeit mit EU-Recht klären", so der Text.
Hintergrundinformationen
Die vom Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres durchgeführte Untersuchung der Massenüberwachung von EU-Bürgern hat im September 2013 begonnen. Insgesamt wurden 16 Anhörungen zum Thema abgehalten. (Europäisches Parlament: ra)
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