Wettbewerbsfreiheit im Energiesektor
Bundeskartellamt gibt den Verkauf der E.ON Tochter Thüga an Stadtwerke-Konsortium frei
Beitrag zur Schaffung wettbewerblicher Strukturen im Energiesektor
(08.12.09) - Das Bundeskartellamt hat gestern das Vorhaben mehrerer Stadtwerke freigegeben, über die eigens dafür gegründete Holding Integra Energie GmbH & Co. KGaA sämtliche Anteile an der Thüga Aktiengesellschaft vom E.ON-Konzern zu übernehmen. Unter dem Dach der in München ansässigen Thüga mit einem Jahresumsatz von rund 860 Mio. Euro sind vor allem Minderheitsbeteiligungen an ca. 90 Stadtwerken und Regionalversorgern vereinigt.
Darüber hinaus bietet die Thüga Energiedienstleistungen an und versorgt in Teilen Baden-Württembergs und Bayerns auch direkt Haushalte mit Energie und Trinkwasser. Allein mit Gas und Strom versorgten die Thüga und ihre Beteiligungsunternehmen zuletzt rund 2,9 bzw. 3,5 Mio. Kunden in Deutschland.
Bislang wurde die Thüga von Deutschlands bedeutendstem Ferngasunternehmen E.ON Ruhrgas kontrolliert. Diese Verbindung des marktbeherrschenden Gasvorlieferantens E.ON mit den unter dem Dach der Thüga zusammengefassten Weiterverteilerkunden trug aus Sicht des Bundeskartellamts lange Zeit zur Abschottung insbesondere der Gasmärkte gegenüber alternativen Gaslieferanten aus dem In- und Ausland bei. Die Ankündigung der freiwilligen Herauslösung der Thüga aus dem E.ON-Konzern wurde insofern vom Bundeskartellamt als wichtiger Beitrag zur Schaffung wettbewerblicher Strukturen im Energiesektor begrüßt.
Bei den Gesellschaftern der nun erwerbenden Integra handelt es sich sämtlich um Unternehmen aus dem Beteiligungsbesitz der Thüga selbst, nämlich die N-ERGIE in Nürnberg, die Mainova in Frankfurt/Main, die Stadtwerke Hannover sowie 47 weitere, über das Freiburger Konsortium Kom9 einbezogene kommunale Versorger.
Das Zusammenschlussvorhaben führt auf keinem der betroffenen Gas- und Strommärkte zu der Entstehung oder der Verstärkung von marktbeherrschenden Stellungen. Vielmehr bewirkt das Vorhaben, dass das Ausmaß an vertikaler Integration des E.ON-Konzerns reduziert wird. Vor diesem Hintergrund kann davon ausgegangen werden, dass der Zusammenschluss positive Auswirkungen auf die betroffenen Märkte haben wird.
Den fortschreitenden Rekommunalisierungsprozess in der deutschen Versorgungswirtschaft wird das Bundeskartellamt weiterhin sorgfältig beobachten, um wettbewerbliche Probleme gegebenenfalls frühzeitig identifizieren zu können. (Bundeskartellamt: ra)
Meldungen: Kartellrecht
Kartellrecht und Kartellvergehen
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Alternative Carrier sind dünn gesät
Das Bundeskartellamt hat den beabsichtigten Erwerb einer Minderheitsbeteiligung der Deutschen Lufthansa AG (Lufthansa) an der airBaltic Corporation AS (airBaltic) fusionskontrollrechtlich freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Die geplante Beteiligung löst auf mehreren Flugverbindungen zwischen deutschen Flughäfen und dem Baltikum erhebliche wettbewerbliche Bedenken aus."
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Wettbewerbsimpuls auf dem Briefmarkt
Das Bundeskartellamt hat ein Kartellverwaltungsverfahren gegen Unternehmen der Deutschen Post AG (DPAG) sowie gegen Unternehmen der Max-Ventures-Gruppe aus dem Bereich Briefkonsolidierungsleistungen einstellen können, nachdem die Unternehmen untereinander bestehende gesellschaftsrechtliche Verflechtungen aufgelöst haben. Das Bundeskartellamt hatte das Verfahren im Juli 2023 eingeleitet, um dem Verdacht auf mögliche wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen den Unternehmen nachzugehen.
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Zusammenschluss musste freigeben werden
Das Bundeskartellamt hat die Übernahme aller Anteile an der Medienholding Süd durch die Neue Pressegesellschaft freigegeben. Die Medienholding Süd ist derzeit Teil der Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) und verlegt regionale Tageszeitungen in Baden-Württemberg, insbesondere die "Stuttgarter Zeitung" sowie den "Schwarzwälder Boten". Die Neue Pressegesellschaft verlegt ebenfalls regionale Tageszeitungen, in Baden-Württemberg insbesondere die "Südwest Presse". Beide Unternehmen verbreiten darüber hinaus Anzeigenblätter und sind an privaten Radiosendern beteiligt.
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Kein Verfahren gegen die DFL
Das Bundeskartellamt hat den Deutsche Fußball Liga e.V. (DFL) und die im Verfahren beigeladenen Vereine und Investoren über seine vorläufige kartellrechtliche Bewertung der 50+1-Regel und ihrer Anwendungspraxis informiert. Das Amt hat auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Sportkartellrecht keine grundlegenden Bedenken gegen die 50+1-Regel. Das Ziel der Vereinsprägung und der Mitgliederpartizipation ist geeignet, eine Ausnahme von kartellrechtlichen Verboten zu rechtfertigen.
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Austauschbarkeit der Produkte
Das Bundeskartellamt hat die geplante Übernahme des Automobil-Ethernet-Geschäfts der amerikanischen Marvell Technology, Inc. (Marvell) durch die Infineon Technologies AG (Infineon) freigegeben. Die Ethernet-Komponenten von Marvell werden vor allem für die Übertragung von Daten innerhalb des Netzwerks von softwaredefinierten Fahrzeugen (Software-defined Vehicles, SDVs) verwendet.