Geltendes Kartellrecht sei hinreichend flexibel
Abschwächung der bislang marktbeherrschenden Stellung der Axel Springer AG: Bundeskartellamt gibt Übernahme der Elmshorner Nachrichten durch den Schleswig-Holsteiner Zeitungsverlag frei
Mit dem Erwerb der Elmshorner Nachrichten geht die damit verbundene Marktstellung der Axel Springer AG auf die medien holding:nord über
(13.07.09) - Das Bundeskartellamt hat den Erwerb der Abonnement-Tageszeitung Elmshorner Nachrichten und des Anzeigenblatts Die Woche im Blickpunkt durch den Schleswig-Holsteiner Zeitungsverlag sh:z, einer Tochtergesellschaft der medien holding:nord, im Hauptprüfverfahren freigegeben. Bisher gehören beide Printobjekte zur Axel Springer AG. Das Zusammenschlussvorhaben konnte unter der Anwendung der sog. Abwägungsklausel freigegeben werden.
Nach Auffassung des Bundeskartellamtes überwiegen die durch den Zusammenschluss entstehenden Verbesserungen der Marktstruktur auf dem Lesermarkt im Verbreitungsgebiet der Elmshorner Nachrichten die mögliche Verschlechterung auf den Anzeigen- und Lesermärkten im Kreis Steinburg.
Das Zusammenschlussvorhaben betrifft mehrere Lesermärkte für Abonnement-Tageszeitungen sowie mehrere Anzeigenmärkte in den Kreisen Pinneberg und Steinburg in Schleswig-Holstein. Die Verlage der medien holding:nord geben in diesen Kreisen bereits die Tageszeitungen Pinneberger Tageblatt (einschl. der Lokalausgaben Quickborner Tageblatt und Schenefelder Tageblatt), Wedel-Schulauer Tageblatt, Barmstedter Zeitung und Norddeutsche Rundschau/Wilstersche Zeitung sowie die Anzeigenblätter Pinneberger tip, Wedel-Schulauer tip, der Mittwoch am Samstag und Hallo Steinburg heraus.
Das Verbreitungsgebiet der Elmshorner Nachrichten - dabei handelt es sich im Wesentlichen um die Stadt Elmshorn und das Umland - wird derzeit von der Axel Springer AG beherrscht, die dort die beiden Tageszeitungen Elmshorner Nachrichten und Pinneberger Zeitung herausgibt. Mit dem Erwerb der Elmshorner Nachrichten geht die damit verbundene Marktstellung der Axel Springer AG auf die medien holding:nord über. Damit kommt es zu einer Abschwächung der bislang marktbeherrschenden Stellung der Axel Springer AG in dieser Region. Durch den Gesellschafterwechsel bei den Elmshorner Nachrichten werden die Erst- und die Zweitzeitung in diesem Gebiet künftig von verschiedenen jeweils finanzkräftigen Verlagen herausgegeben und sind nicht mehr in einer Hand. Es ist nach Ansicht des Bundeskartellamtes davon auszugehen, dass diese strukturellen Verbesserungen unmittelbar zu einer Belebung des Wettbewerbs führen werden.
Im Rahmen der vom Bundeskartellamt bei Anwendung der Abwägungsklausel vorgenommenen "vergleichenden Gesamtbetrachtung" überwiegen die deutlichen wettbewerblichen Verbesserungen auf dem Lesermarkt im Verbreitungsgebiet der Elmshorner Nachrichten (Verbesserungsmarkt) die möglichen wettbewerblichen Nachteile auf den Leser- und Anzeigenmärkten im Verbreitungsgebiet der Norddeutschen Rundschau (Verschlechterungsmärkte).
Auf den beiden letztgenannten Märkten führt das Vorhaben möglicherweise zu einer Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung der medien holding:nord durch den Wegfall des potentiellen Wettbewerbs, der von den Elmshorner Nachrichten ausgeht. Im Rahmen der Abwägungsklausel war dem Wegfall von potentiellem Wettbewerb wegen der hohen Konzentration auf den Verschlechterungsmärkten besondere Beachtung zu schenken. Allerdings wird es durch den Zusammenschluss nicht zu einem vollständigen Wegfall kommen.
Die finanzkräftige Axel Springer AG bleibt mit der Pinneberger Zeitung, deren Verbreitungsgebiet an die Verschlechterungsmärkte angrenzt, präsent und somit auch als Träger potentiellen Wettbewerbs erhalten. Demgegenüber liegen die im Rahmen der Abwägung deutlich schwerer wiegenden Verbesserungswirkungen darin, dass als unmittelbare Folge des Zusammenschlusses Wettbewerb im gesamten Verbreitungsgebiet der Elmshorner Nachrichten entstehen wird. Die medien holding:nord ist finanzkräftiger Herausgeber einer Vielzahl von regionalen Abonnement-Tageszeitungen und deshalb auch als gleichwertiger Wettbewerber zur Axel Springer AG anzusehen.
Präsident Dr. Bernhard Heitzer sagte: "Aller interessengeleiteten Kritik an unserer Entscheidungspraxis in der Pressefusionskontrolle zum Trotz, zeigt auch der heute entschiedene Fall einer sogenannten Nachbarschaftsfusion im Pressewesen erneut, dass das geltende Kartellrecht hinreichend flexibel ist, um in jedem Einzelfall die ganz konkreten Zusammenhänge umfassend zu berücksichtigen und so zu einer angemessenen Entscheidung zu gelangen." (Bundeskartellamt: ra)
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