DGbG warnt vor Arzneimittel-Rabattverträgen
Arzneimittel-Rabattverträgen beeinträchtigen die Patienten-Compliance - Experten plädieren für ein intelligenteres Versorgungsmanagement
Auf 10 bis 15 Milliarden Euro pro Jahr schätzen Experten bereits jetzt die direkten und indirekten Non-Compliance-Kosten verursacht durch mangelndes therapiegerechten Patientenverhalten
(29.04.09) - Ein neuer Boom von Rabattverträgen für Arzneimittel, der insbesondere auf Grund von AOK-Ausschreibungen bevorsteht, wird nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für bürgerorientierte Gesundheitsversorgung (DGbG) e.V. die Arzneimittelversorgung erheblich beeinträchtigen. Rabattverträge führen zur Verunsicherung der Patienten und gefährden deren Therapietreue. Außerdem erfordern sie einen hohen Aufwand bei der Umsetzung.
Allein die organisatorischen Mehrkosten bei der Umsetzung der Rabattverträge in den Apotheken betragen über 650 Millionen Euro pro Jahr, so eine Studie der Apothekerverbände. Dazu kommen der zusätzliche Aufwand in den Arztpraxen (geschätzt auf bis zu 200 Millionen Euro) sowie die Kosten der Ausschreibungsverfahren bei den Herstellern und Krankenkassen. Demnach müssen die Umsetzungskosten - sogenannte Transaktionskosten - der Rabattverträge selbst bei größtem Wohlwollen auf nahezu eine Milliarde Euro geschätzt werden.
Diesen Mehrkosten stehen nur etwa 500 Millionen Euro Einsparerwartungen des AOK-Bundesverbandes gegenüber. Auf alle gesetzlichen Krankenkassen hochgerechnet dürfte somit das Einsparpotenzial gleich oder geringer als die Kosten der Umsetzung sein. Die Einschränkungen der Arzneimittelauswahl und rabattbedingte Medikamentenumstellungen führen außerdem zur Verunsicherung vieler Patienten mit der Folge einer Verschlechterung der ohnehin unzureichenden Therapietreue. Bei 31 Prozent der Patienten ist dies häufig, bei weiteren 38 Prozent immerhin gelegentlich der Fall, wie eine Studie der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein zur Auswirkungen der Rabattverträge belegt.
Auf 10 bis 15 Milliarden Euro pro Jahr schätzen Experten bereits jetzt die direkten und indirekten Kosten mangelnden therapiegerechten Patientenverhaltens (Non-Compliance-Kosten). Dazu gehören neben den Kosten für nicht eingenommene Arzneimittel und Therapieabbrüche in Höhe von ca. 2,3 Milliarden Euro. Vermeidbare Krankenhausaufenthalte, Notfallaufnahmen durch Medikamentenverwechslungen und zusätzliche Arzt- und Apothekenbesuche.
Zusätzlich Verlust an Produktivität, an Arbeitseinkommen, vorzeitige Todesfälle und verminderte Lebensqualität. Durch eine fachgerechte Anleitung der Patienten - zum Beispiel durch Einsatz von Patientencoaches - könnten solche negativen Folgen gemindert werden. Die DGbG wies erst kürzlich darauf hin.
Ließe sich hierdurch der Non-Compliance-Schaden halbieren, könnten wahrscheinlich fünf bis sieben Milliarden Euro an Kosten eingespart werden. Nach Ansicht der DGbG erscheinen Maßnahmen zur Förderung der Therapietreue der Patienten (z.B. mit Patienten-Coaching) wesentlich intelligenter und nachhaltiger als Rabattverträge.
Statt einer Gängelung der Patienten durch ein kompliziertes und bürokratisches System fordert die DGbG deshalb eine stärkere Einbeziehung des Patienten in das Therapieverhalten. Deshalb „sind der Sinn der Rabattverträge und deren großer Aufwand angesichts der gravierenden Nachteile erheblich in Frage zu stellen wenn nicht gar obsolet“, so der Präsident der DGbG Professor Dr. mult. Dieter Adam, München,
Um Kosten zu begrenzen und dennoch mehr Transparenz und Wettbewerb zu ermöglichen, reicht beispielsweise das Instrument der Festpreise völlig aus, meint Professor Adam. (DGbG: ra)
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