Urheberrechtliche Verstöße & Abmahngebühren
Trotz gesetzlicher Regulierung werden urheberrechtliche Verstöße teuer abgemahnt
Untersuchung zeigt: Die durchschnittlichen Vergleichsforderungen der Abmahnkanzleien sind 15 Prozent höher als vor Inkrafttreten des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken - Begrenzung der Abmahngebühren wegen Urheberrechtsverstößen bringt außergerichtlich keine Kostenentlastung - Der vzbv fordert: Insbesondere Anwaltskosten und Schadensersatzforderungen müssten begrenzt werden
Eine nicht repräsentative Untersuchung von den Verbraucherzentralen zeigt: Verbraucher müssen bei Urheberrechtsverstößen, beispielsweise im Bereich Filesharing, immer noch tief in die Tasche greifen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) kritisiert Lücken im Gesetz zur Begrenzung der Abmahnkosten. Unklare Regelungen ermöglichen es demnach Abmahnanwälten, von Verbrauchern hohe Gebühren einzufordern. "Das Gesetz muss dringend nachgebessert werden, um Verbraucher vor überhöhten Abmahnforderungen zu schützen", so Lina Ehrig, Leiterin Team Digitales und Medien.
Keine Klarheit bei Unbilligkeit und Schadensersatz
Wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen abgemahnte Verbraucher einigen sich regelmäßig außergerichtlich mit Abmahnkanzleien. "Diese außergerichtlichen Vergleichsforderungen der Abmahnkanzleien sind weiterhin sehr hoch und gemäß unserer Auswertung seit 2012 sogar um 15 Prozent gestiegen, von 757 Euro auf 872 Euro", sagt Ehrig.
Das geschieht, obwohl das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken von 2013 unberechtigten und überhöhten Anwaltsgebühren einen Riegel vorschieben sollte. Dies ist nicht gelungen, wie ein Vergleich von Abmahnungen vor und nach Inkrafttreten des Gesetzes zeigt. Eigentlich ist laut Gesetz vorgesehen, den Streitwert solcher Verfahren auf 1.000 Euro zu deckeln. Das würde bedeuten, dass Anwaltsgebühren im Streitfalle nicht mehr als 124 Euro betragen dürften.
Das Gesetz sieht jedoch eine Ausnahme vor: Wenn der Streitwert "nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig" ist, gilt die Grenze von 1.000 Euro nicht. "Darüber, was ‚unbillig‘ bedeutet, fehlt jedoch eine gesetzliche Klarstellung", so Ehrig. Bereits während des Gesetzgebungsprozesses 2013 hatte der vzbv auf die drohende Gesetzeslücke hingewiesen. Abmahnanwälte nutzten diese entsprechend: In 35 Prozent der untersuchten 2.563 Fälle wurde auf die Unbilligkeitsregelung Bezug genommen.
Außerdem beschränke sich die gesetzliche Streitwertdeckelung nur auf die Anwaltskosten. Parallel geltend gemachte Schadensersatzansprüche würden nicht begrenzt. Dieses Einfallstor machten sich die Abmahnanwälte ebenfalls zu nutze.
Gesetzliche Regelung muss angepasst werden
"Die Ausnahmeregelung der Unbilligkeit muss gestrichen werden. Der Streitwert muss insgesamt, also für die Anwaltsgebühren und die Schadensersatzforderung, gedeckelt werden. Wir brauchen eine klare und rechtssichere Regelung zur Eindämmung von Abmahnungen mit unverhältnismäßig hohen Abmahngebühren", fordert Ehrig.
Untersuchung der Verbraucherzentralen
In die nicht repräsentative Untersuchung gingen Daten aus 2.563 Fällen ein, die Fachberater von Verbraucherzentralen (insbesondere, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen) in den Jahren 2014 und 2015 im Rahmen ihrer urheberrechtlichen Verbraucherberatung und -vertretung erhoben hatten. Zusätzlich hatten auch Verbraucher die Möglichkeit, ihre Erfahrungen mit Abmahnungen in einer Online-Umfrage festzuhalten. Weitere 886 Fälle konnten so in die Untersuchung einfließen. Ein Vergleich dieser Ergebnisse mit 301 Fällen von vor 2013 ergab eine relevante Steigerung der Vergleichsforderungen von 15 Prozent für Verbraucher.
Hinzu kommt, dass obwohl immer mehr Verbraucher legale Streaming-Dienste nutzen, die Zahl der Abmahnungen nicht abnimmt. Nach wie vor sind 6 Prozent der Bevölkerung von der zweifelhaften Praxis der Abmahnkanzleien betroffen. Das ergibt ein Vergleich von zwei repräsentativen Umfragen von TNS Emnid im Auftrag des vzbv aus den Jahren 2012 – also vor der Reform – und 2016. (Verbraucherzentrale Bundesverband: ra)
eingetragen: 30.10.16
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Verbraucherzentrale Bundesverband: Steckbrief
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