Umsetzung der Direktive gegen Geldwäsche
Diskussion über die Verpflichtung der Banken, ihre Kunden auf Finanzierung von Terrorismus zu prüfen - Aufwand bei guter technischer Integration vertretbar
"Screening auf Terrorismusfinanzierung ist sinnvoll" - Terror, Geldwäsche und Drogenhandel sind eng verquickt
(15.03.07) - Seit der Verabschiedung der 3. EU-Direktive gegen Geldwäsche und Terrorismus-Finanzierung sowie des Geldwäschegesetzes (GwG) sind deutsche Finanzdienstleister verpflichtet, ihren Kundenstamm laufend nach Hinweisen auf die Finanzierung von Terrorismus zu untersuchen. Doch angesichts der wenigen Verdachtsanzeigen mit Terror-Bezug an die Financial Intelligence Unit (FIU) des BKA wird zunehmend über die Sinnhaftigkeit der Vorschriften diskutiert. So wiesen im Jahr 2005 nur 1,3 Prozent aller Verdachtsanzeigen einen Terrorismusbezug auf – nämlich 104 von 8.241 (1). Als Argument gegen das als "bürokratisch" beschriebene Vorgehen wird seine vorgebliche Unwirksamkeit ins Feld geführt – so stünde islamistischen Terroristen mit dem "Hawala-Banking" ein alternatives Geldtransfersystem zur Verfügung, das kaum Spuren hinterlasse (2).
"Dabei gilt es zu bedenken", sagt der Experte Dirk Mohrmann vom Research-Dienstleister WorldCompliance, "dass es hier um die Unterstützung bei der Verhinderung zukünftiger Anschläge und um den Schutz von Menschenleben geht. Angesichts dieser potenziellen Gefahren ist der weltweit gestiegene Aufwand ohne Zweifel gut eingesetzt." Selbstverständlich schreiben Terroristen nicht das Ziel und die Art des geplanten Anschlags in das Feld "Verwendungszweck" ihrer Überweisung. Aber Individuen, die bekanntermaßen die Grundsteine moderner Demokratie zerstören wollen und somit die Integrität des Finanzwesens gefährden, muss der Missbrauch bestmöglich verwehrt werden.
Darum ist es heute Standard, die mit einer Zahlung verknüpften Personen automatisiert zu überprüfen. Datenbanken wie die von WorldCompliance geben sofort ein Signal, wenn Personen von Sanktionslisten oder Individuen aus deren Umfeld im Geschäftsablauf einer Bank auftauchen. WorldCompliance hat weltweit rund 900.000 Personen ermittelt, die unter anderem der Geldwäsche, des Terrorismus oder der Korruption verdächtig sind, und stellt diese Daten den Finanzdienstleistern zur Verfügung. Wird die Datenbank geschickt mit Anti-Geldwäsche-Systemen verknüpft, dann können sowohl personen- als auch transaktionsbezogene Faktoren überprüft werden, was zu qualitativ sehr hochwertigen Warnmeldungen führt, wie jüngste Erfolge in Europa deutlich belegen.
Meist sind die Bereiche Geldwäsche und Terrorismus ohnehin nicht eindeutig voneinander zu trennen: "Geldwäsche, Drogenhandel und Terrorismusfinanzierung gehen oft Hand in Hand", weiß Mohrmann. So verfügt etwa Al-Quaida über ein geschätztes Jahresbudget von bis zu 50 Millionen US-Dollar, das bis zu 30 Prozent aus dem Drogengeschäft erwirtschaftet wird (3). Wer nun dem Drogenhandel die Nutzung des Finanzsystems erschwert, hat zugleich einen großen Schritt in der Terrorismusbekämpfung getan. So tragen mitunter die von den Banken aufgedeckten Geldwäscheversuche zur Terrorbekämpfung bei, auch wenn sie gar nicht wegen Terrorbezugs an die FIU des BKA gemeldet werden.
Der Aufwand für die Verhinderung der Terrorismus-Finanzierung ist begrenzbar. So nutzen viele der deutschen Banken bereits anspruchsvolle Lösungen, die sehr zuverlässig typische Missbrauchs-Kennzeichen erkennen und melden. Die deutschen Compliance-Abteilungen der Finanzdienstleister mussten daher auch nicht so stark aufgebläht werden wie im Ausland, wo die Banken häufig auf isolierte Stand-Alone-Systeme setzten.
Dirk Mohrmann hält das Screening nicht zuletzt auch aus ethisch-moralischen Gründen für sinnvoll: "Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sind keine Kavaliersdelikte. Kein Unternehmen möchte Kunden, die in diesem Bereich tätig sind – schon im eigenen Interesse." Den bürokratischen Aufwand vergleicht Mohrmann mit dem demokratischen Rechtssystem: "Wer Gerechtigkeit will, kann sich nur bedingt über Gesetze beschweren. Ähnlich ist das mit dem Kampf gegen den Terror: Mit der Direktive reiht sich Deutschland in den Reigen der über 100 Länder ein, die seit dem 11. September 2001 ihre Gesetze zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verschärft haben." Die 3. EU-Direktive schaffe wichtige Grundlagen, um dem die Integrität des Finanzwesens zu wahren und die Grundsteine der modernen Gesellschaft zu schützen.
(1) "Jahresbericht 2005" der Financial Intelligence Unit Deutschland (FIU) des Bundeskriminalamtes, Wiesbaden
(2) "Terror-Gelder: Wenig Erfolg bei der Überwachung der Finanzströme", Fernsehbeitrag in Plusminus, Bayerischer Rundfunk, 21. November 2006
(3) Friedrich Schneider, Elisabeth Dreer, Wolfgang Riegler: "Geldwäsche. Formen, Akteure, Größenordnung - und warum die Politik machtlos ist", Gabler 2006
(WorldCompliance: ra)