Vereinbarung einer Befristung
Wirksame Befristung eines zuvor unbefristeten Arbeitsverhältnisses
Der Arbeitnehmer erhält mit einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, das er problemlos selbst kündigen kann, immer ein Mehr gegenüber einem befristeten Arbeitsverhältnis
(18.06.15) - Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 04.03.2015 (- 2 Sa 31/14 -) über eine nachträgliche Befristung eines zuvor unbefristeten Arbeitsverhältnisses entschieden. Der Agad Arbeitgeberverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. in Essen begrüßt diese Entscheidung, die juristisches Neuland betritt. Ein Großunternehmen der Automobilindustrie bot allen neu eingestellten und ernannten Führungskräften seit Anfang 2003 grundsätzlich nur noch zum 60. Lebensjahr befristete Arbeitsverträge an. Unbefristet beschäftigten leitenden Führungskräften, wie der Klägerin, bot der Arbeitgeber im Rahmen des "Konzeptes 60 Plus" die Befristung des Arbeitsvertrages zum 60. Lebensjahr an. Diese Befristung war mit einer neuen betrieblichen Altersversorgung (Pension Capital) verbunden, die verschiedene finanzielle Anreize vorsah. Für die Annahme des Angebotes setzte der Arbeitgeber den Führungskräften eine großzügige Frist von rund 28 Monaten.
"Der Befristungsgrund "Wunsch des Arbeitnehmers" spielt in der Praxis sozusagen keine Rolle. Da der Arbeitnehmer – anders als der Arbeitgeber – ein Arbeitsverhältnis jederzeit unter Einhaltung der Kündigungsfrist ohne Vorliegen eines Kündigungsgrundes von sich aus beenden kann, sind kaum Anwendungsfälle denkbar, in denen ein befristetes Arbeitsverhältnis für den Arbeitnehmer vorzugswürdig ist. Der Arbeitnehmer erhält mit einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, das er problemlos selbst kündigen kann, immer ein Mehr gegenüber einem befristeten Arbeitsverhältnis", erklärt Rechtsanwalt Dr. Oliver K.-F. Klug, Hauptgeschäftsführer des Agad, und führt weiter aus: "Der Arbeitgeber hat hier dem Arbeitnehmer sozusagen zwei Optionen offeriert. Der Arbeitnehmer kann das Arbeitsverhältnis unverändert bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze fortsetzen. Daneben hat er die Möglichkeit des durch finanzielle Anreize begleiteten vorzeitigen Ausscheidens in den "Vorruhestand". Das LAG sieht in der Wahl dieser Option nach reiflicher Überlegungszeit einen "Wunsch des Arbeitnehmers" auf die Befristung. Diese Entscheidung ist sauber begründet. Es bleibt zu hoffen, dass das BAG im Fall einer Revision der Argumentation des LAG Baden-Württemberg folgt. Andernfalls läuft der Sachgrund "Wunsch des Arbeitnehmers" nämlich tatsächlich in die völlige Leere".
Insgesamt bot der Arbeitgeber 2685 unbefristet beschäftigten leitenden Führungskräften im Jahr 2003 die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 60. Lebensjahr an. 1191 leitende Führungskräfte (ca. 41,6 Prozent) nahmen das Angebot an. Der Arbeitgeber begründete diese Maßnahme mit der besseren Planbarkeit gegenüber Altersteilzeit und Frühverrentungen. Außerdem hatte sich empirisch ergeben, dass Führungskräfte ohnehin durchschnittlich mit 60 Jahren ausschieden.
Nachdem die Klägerin die Vereinbarung der Befristung zunächst abschloss, dann aber wohl bereute, erhob sie Entfristungsklage. Der Befristung fehle ein sachlicher Grund.
Wie schon die Vorinstanz sieht auch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in dieser Konstellation die Befristung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG als gerechtfertigt an, weil sie auf einem Wunsch der Klägerin beruhe.
Das LAG verweist auf die ständige Rechtsprechung, wonach eine Befristung auf Wunsch des Arbeitnehmers nur vorliege, wenn der Arbeitnehmer auch bei einem Angebot des Arbeitgebers auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages nur ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart hätte. Nicht ausreichend sei das bloße Einverständnis des Arbeitnehmers mit dem Arbeitgeberangebot eines befristeten Arbeitsvertrages. Ein solcher Wunsch des Arbeitnehmers liege etwa vor, wenn der Arbeitnehmer von sich aus die Vereinbarung einer Befristung gewünscht habe.
Das LAG setzt sich kritisch mit dem Umstand auseinander, dass das Angebot auf Abschluss der Befristung vom Arbeitgeber ausgegangen sei. In Anbetracht der langen Überlegenszeit stelle aber die Annahme der Klägerin nicht bloß die Annahme eines Vertragsangebotes dar. In Anbetracht der langen Überlegenszeit sei aus der Reaktion eine Aktion geworden. Das von Außen unbeeinflusste Tätigwerden des Arbeitnehmers nach einem längeren Zeitraum, und sei es auch nur eine Unterschrift auf einem mehr als 2 Jahre zuvor vom Arbeitgeber unterschriebenen Angebot, könne als Wunsch des Arbeitnehmers auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG verstanden werden, der selbstbestimmt und eigenverantwortlich getroffen worden sei. (Agad: ra)
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