Sittenwidrige Kaufpreisüberhöhung
BGH schafft mit 90-Prozent-Regel Rechtssicherheit bei Schrottimmobilien
Hintergrund des Gerichtsverfahrens war ein klassischer Neufall so genannter Schrottimmobilien
(17.06.14) - In einer Entscheidung vom 24.01.2014, Az.: V ZR 249/12, stellte der Bundesgerichtshof (BGH) fest, dass grundsätzlich ab einer Überteuerung von 90 Prozent von einer sittenwidrigen Kaufpreisüberhöhung auszugehen ist. Hierdurch schafft der BGH endlich klare Verhältnisse, stellen Dr. Marcus Hoffmann und Mirko Göpfert, Partner der im Bank-, Kapitalanlage- und Immobilienrecht tätigen Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte aus Nürnberg klar.
Hintergrund des Gerichtsverfahrens war ein klassischer Neufall so genannter Schrottimmobilien: Der Kläger erwarb im Jahr 2006 eine Eigentumswohnung zu einem Nettokaufpreis in Höhe von 118.000 Euro, die der auf Rückabwicklung verklagte Verkäufer kurz zuvor für 53.000 Euro selbst erst angekauft hatte. Die Höhe des objektiven Verkehrswertes war streitig, wobei die Vorinstanzen nach den Feststellungen des Gerichtssachverständigen von einem Betrag von 65.000 Euro ausgingen. Durch ein vom Kläger als Einwendung zu diesem Gerichtsgutachten vorgelegtes Parteigutachten wurde hingegen ein Verkehrswert von nur 61.000 Euro festgestellt. Es stellte sich daher die Frage, ob bei einer behaupteten Überteuerung von 93 Prozent die begründete Vermutung der verwerflichen Gesinnung des Verkäufers eingreifen kann. Das hatten die Vorinstanzen verneint.
In seinem aktuellen Urteil revidiert der Bundesgerichtshof die Vorinstanzen und verweist den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Fortsetzung der Beweisaufnahme zurück. "Der BGH hat sich damit eindeutig positioniert und der Rechtsansicht des OLG München eine klare Absage erteilt", erläutert Rechtsanwalt Dr. Marcus Hoffmann.
Nach der nun feststehenden Rechtsansicht des V. Zivilsenates des BGH ist zumindest ab einer Überteuerung von 90 Prozent stets eine sittenwidrige Kaufpreisüberhöhung begründet. "Erstmals stellt der BGH eine klare Grenze auf, ab der zwingend von einem besonders groben Missverhältnis auszugehen ist, bei dem die Vermutung der verwerflichen Gesinnung zu Lasten des Verkäufers eingreift", ergänzt Rechtsanwalt Göpfert.
Im Prozess ist der Nachweis, dass der Verkäufer mit verwerflicher Gesinnung handelte, schwierig zu führen. Hier kommt Betroffenen aber eine Vermutung zugute, wenn von einem besonders groben Missverhältnis auszugehen ist. Über die Frage, ab wann dies der Fall ist, herrschte Rechtsunsicherheit. "In älteren Entscheidungen ließ der BGH Überteuerungen von knapp 82 Prozent bereits genügen, in neueren Entscheidungen reichten dann aber Überteuerungen von über 84 Prozent nicht mehr aus", wissen die Nürnberger Anwälte aus jahrelanger Prozesserfahrung.
Dem aktuellen Urteil des BGH ist daher große Bedeutung beizumessen, weil es erstmals Klarheit und damit Rechtssicherheit schafft. "Es gibt bereits erste positive Reaktionen von Gerichten. So hatte beispielsweise das Landgericht Essen ein besonders grobes Missverhältnis bei einer vorgetragenen Überteuerung von 91 Prozent zunächst abgelehnt. Nunmehr wird auch dort die gebotene Beweisaufnahme durchgeführt", merkt Rechtsanwalt Göpfert an.
Sofern sich im Einzelfall eine Überteuerung von über 90 Prozent feststellen lässt, können sich Betroffene daher künftig leichter und mit größerer Sicherheit auf eine so genannte sittenwidrige Kaufpreisüberhöhung berufen. "Das Vorgehen gegen finanzierende Banken wird hierdurch ebenfalls erheblich rechtssicherer. Erwerber sollten daher stets fachkompetenten Rat einholen", empfiehlt Dr. Hoffmann. (Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte: ra)
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