Verhinderung unerwünschter Spekulationen


Wirtschaftsverbände warnen: Finanztransaktionssteuer schwächt die deutsche Wirtschaft
Finanztransaktionssteuer belaste auch die Kreditinstitute, so dass im Endeffekt negative Auswirkungen auf deren Eigenkapital nicht ausbleiben

(18.02.13) - In einer Presse Pressemitteilung der Spitzenverbände der gewerblichen Wirtschaft anlässlich der Veröffentlichung des Richtlinien-Vorschlags der EU-Kommission zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer in elf Mitgliedstaaten im Wege einer sog. Verstärkten Zusammenarbeit warnen die Wirtschaftsverbände vor einer Schwächung der deutschen Wirtschaft:

"Der (…) von der EU-Kommission vorgestellte Richtlinien-Vorschlag zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer im Wege einer sog. Verstärkten Zusammenarbeit von 11 EU-Mitgliedstaaten hätte Belastungen für die gesamte deutsche Wirtschaft zur Folge. Die deutsche Wirtschaft unterstützt das Ziel des Vorschlags, unerwünschte Spekulationen zu verhindern. Dies wird allerdings mit dem vorliegenden Vorschlag nicht erreicht. Zwar zielt die vorgeschlagene Finanztransaktionssteuer ausdrücklich auf die Finanzwirtschaft, im Ergebnis trifft sie aber - entgegen der Begründung der EU-Kommission - nicht nur Finanzinstitute, sondern auch die Erwerber von Finanzprodukten, d. h. vor allem Unternehmen der Realwirtschaft und Bürger.

Betroffen sind insbesondere der deutsche Mittelstand und die deutsche Exportwirtschaft, da sich sinnvolle und notwendige Finanztransaktionen verteuern. Dies gilt etwa für die Absicherung von Zins-, Währungs- und Rohstoffrisiken aus gewerblichen Liefergeschäften. Der Wettbewerb wird so zugunsten von Konkurrenten aus Ländern verzerrt, deren Risikoabsicherung nicht steuerlich belastet wird. Bei einem Verzicht auf die Absicherungsgeschäfte müssten die Unternehmen diese Risiken in den Bilanzen abbilden und so ihre Refinanzierungskosten erhöhen. Darüber hinaus mindert die Steuer den Wert von Aktien und Unternehmensanleihen, wenn bei deren Erwerb oder Veräußerung steuerbedingt Zusatzkosten anfallen. Die Kapitalkosten von Unternehmen werden so erhöht und die Eigenfinanzierung beeinträchtigt.

Die Finanztransaktionssteuer belastet jedoch auch die Kreditinstitute, so dass im Endeffekt negative Auswirkungen auf deren Eigenkapital nicht ausbleiben. Damit erwächst - im Zuge der ohnehin schon erhöhten Eigenkapitalanforderungen - die Gefahr, dass die Kreditversorgung der Wirtschaft beeinträchtigt wird. Hinzu kommt, dass es bei einer solchen Steuer zu einer Mehrfachbelastung von Geschäften auf mehreren Handelsstufen kommt. Von derartigen Kaskadeneffekten sind sowohl Verbundstrukturen - wie etwa im Bereich der Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken - als auch Konzernstrukturen betroffen. Diese Wirkungen verschärfen die negativen wirtschaftlichen Folgen einer solchen Steuer zusätzlich.

Schließlich belastet die Steuer auch die betriebliche Altersvorsorge und mindert deren Attraktivität. Die Kosten für Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds, Pensionskassen oder andere Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung steigen aufgrund der zusätzlichen Steuerbelastung und führen im Ergebnis zu geringeren Erträgen. Bei jedem Erwerb und jeder Umschichtung der Anlagemittel fällt die Finanztransaktionssteuer an und verringert damit die betrieblichen Pensionen für die Arbeitnehmer. Bei leistungsbezogenen Altersvorsorgezusagen hätte der Arbeitgeber entsprechende Finanzierungslücken auszugleichen. In der Folgezeit müsste häufig bei Neuzusagen deren Höhe reduziert werden. Ähnlich schädliche Auswirkungen hat die Finanztransaktionssteuer im Übrigen auch auf die private Altersvorsorge der Bürger: Die Steuer schädigt damit die Altersvorsorge insgesamt.

Der Vorschlag der EU-Kommission ist im Ergebnis nicht geeignet, die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen. Insbesondere werden unerwünschte Spekulationen nicht durch die partielle Einführung einer Finanztransaktionssteuer unterbunden. Ausweichreaktionen und Wettbewerbsverzerrungen sind gerade bei einer Verstärkten Zusammenarbeit von nur einigen EU-Mitgliedstaaten kaum zu vermeiden. Eine Finanztransaktionssteuer kann daher nach Auffassung der Wirtschaftsverbände allenfalls im weltweiten Konsens zu dem von der Politik erhofften Ergebnis führen. Insellösungen oder gar nationale Alleingänge schwächen demgegenüber nur die davon betroffenen Wirtschafts- und Finanzstandorte."

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.
Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V.
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V.
Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V.
Bundesverband deutscher Banken e.V.
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V.
Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V.
Handelsverband Deutschland - HDE e.V.
(Bundesverband deutscher Banken: ra)

Lesen Sie auch:
Finanztransaktionssteuer soll verwirklicht werden

Bankenverband: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Reduktion bürokratischer Hürden war überfällig

    Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) begrüßt, dass die EU-Kommission die Bedeutung des europäischen Verbriefungsmarktes erkannt und konkrete Reformvorschläge vorgelegt hat. Die geplanten Entlastungen bei Sorgfaltspflichten, Reporting und aufsichtlichen Prozessen sind ein Schritt in die richtige Richtung.

  • Haftungsübernahme der Banken & Betrugsproblem

    Die Europäische Union will Betrug eindämmen, bei dem Kundinnen und Kunden von Kriminellen getäuscht und zu Zahlungen verleitet werden. Der Rat hat sich nun auf seine Position zur Änderung des Zahlungsrechts verständigt. Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes und diesjähriger DK-Federführer, betont: "Betrug kann nur wirksam bekämpft werden, wenn alle Beteiligten - Kreditinstitute, Telekommunikationsanbieter und Internetplattformen - ihren Beitrag leisten. Das muss auch der gesetzliche Rahmen widerspiegeln." Denn die Kriminellen entwickelten ihre Betrugsmaschen ständig weiter und nutzen neue Einfallstore über Social Media und andere digitale Kommunikationsmittel. Unerlässlich ist aber auch die Wachsamkeit der Kundinnen und Kunden. "Ohne ihre Mithilfe kann das Problem nicht gelöst werden", so Herkenhoff weiter.

  • Neue EU-Labels zu Langlebigkeit

    Am 20. Juni 2025 trat die neue EU-Ökodesignverordnung in Kraft.?Zugleich gibt es neue EU-Labels zu Langlebigkeit und Reparierbarkeit. Dazu erklärt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder: "Die neuen Regelungen zum Ökodesign und entsprechenden Kennzeichen sind ein wichtiger Schritt für mehr Nachhaltigkeit in der digitalen Welt."

  • Finanzsektor muss mitgedacht werden

    Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) sieht Fortschritte, da sich die EU-Mitgliedsstaaten auf eine allgemeine Ausrichtung zur Omnibus Initiative geeinigt haben. Die ursprünglich von der Europäischen Kommission geplanten Vereinfachungen bei Berichtspflichten im Bereich Sustainable Finance sind ein wichtiger Schritt, um Unternehmen von Bürokratie zu entlasten und Nachhaltigkeit in der Praxis wirksamer zu gestalten.

  • Krisenmanagement & Einlagensicherung

    Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) begrüßt den politischen Kompromiss zur Reform des europäischen Rahmens für Krisenmanagement und Einlagensicherung (CMDI). "Der Kompromiss ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Einlagensicherung kann modernisiert, das europäische Abwicklungsregime gestärkt werden. Doch zentrale Fragen zur Rolle und finanziellen Belastung nationaler Sicherungssysteme bleiben offen", sagt Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des diesjährigen DK-Federführers Bundesverband deutscher Banken."

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen