Unverschlüsselt im Netz schadet Deutschland


Behördliche Einsicht in Messaging-Kommunikation: "Das Vorhaben des Bundesinnenministers würde deutschen Bürgern und Unternehmen aus mehreren Gründen enorm schaden"
Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, die sich ja gerade dadurch auszeichnet, dass die Kommunikation ausschließlich vom Empfänger entschlüsselt werden kann, würde damit de facto aufhören zu existieren



Die Brabbler AG erteilt dem Vorhaben von Innenminister Seehofer zur behördlichen Einsicht in Messaging-Kommunikation eine klare Absage. Bundesinnenminister Horst Seehofer will die Anbieter von Messenger-Diensten dazu zwingen, verdächtige Kommunikation ihrer Kunden auf richterliche Anordnung hin in unverschlüsselter Form an Ermittlungsbehörden zu übergeben. Die Brabbler AG in München entwickelt und betreibt selbst IT-Lösungen für die sichere Kommunikation von Privatpersonen und Unternehmen – und erteilt diesen Plänen eine klare Absage.

"Das Vorhaben des Bundesinnenministers würde deutschen Bürgern und Unternehmen aus mehreren Gründen enorm schaden", sagt Eric Dolatre, CEO bei Brabbler und als Co-Gründer von GMX einer der deutschen Internetpioniere.

"Um die von Horst Seehofer geforderte Funktionalität umzusetzen, müssten die Anbieter die technische Möglichkeit schaffen, die Kommunikation ihrer Kunden erst einmal selbst entschlüsseln zu können. Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, die sich ja gerade dadurch auszeichnet, dass die Kommunikation ausschließlich vom Empfänger entschlüsselt werden kann, würde damit de facto aufhören zu existieren. Besteht die Möglichkeit für Dritte, die Kommunikation zu entschlüsseln, ist sie potentiell unsicher. Damit ist die persönliche Privatsphäre ebenso gefährdet wie das geistige Eigentum von Unternehmen."

Zudem verweist Brabbler auf die rechtliche Problematik des Vorhabens. So deutet die ePrivacy-Verordnung der Europäischen Union, die sich derzeit im Gesetzgebungsprozess befindet, momentan in die entgegengesetzte Richtung. Artikel 11 der Verordnung fordert, dass es Mitgliedstaaten verboten sein soll, Schutzmaßnamen zu umgehen oder auszunutzen. Tritt der Artikel in dieser Form in Kraft, würde er deutsche Gesetze, die ihm widersprechen, natürlich aufheben und damit ungültig machen.

Fällt die ePrivacy-Verordnung am Ende doch anders aus, stellt sich dennoch die Frage, wie ein entsprechendes deutsches Gesetz durchgesetzt werden kann. Laut den Plänen des Innenministers sollen Anbieter, die keine Entschlüsselung ihrer Dienste ermöglichen, in Deutschland einfach verboten werden. Das müsste dann konsequenterweise auch für die entsprechenden Anbieter von E-Mail-Verschlüsselungsdiensten gelten. Solche Verbote würden allerdings eine erhebliche Einschränkung der Internet-Freiheit bedeuten. "In letzter Konsequenz müsste wohl eine ,Deutschland-Firewall´ geschaffen werden", so Dolatre. "Wenn das passiert, dann steht das freiheitlich-demokratische Deutschland auf einer Stufe mit Staaten wie China, Russland oder Saudi-Arabien".

In den Augen des CEO sind die Pläne des Innenministers aber nicht nur hoch problematisch, sondern auch völlig überflüssig: "Mit der so genannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung verfügen die Ermittlungsbehörden bereits über ein mehr als ausreichendes Mittel, um die digitale Kommunikation von Verdächtigen zu überwachen. Verschlüsselungs-Hintertüren sind dazu nun wirklich nicht mehr notwendig." Bei der Quellen-TKÜ schleusen die Behörden Späh-Software in die Systeme von Verdächtigen ein und sind damit in der Lage, ihre Kommunikation zu erfassen, bevor sie verschlüsselt und nachdem sie entschlüsselt wird.

Aus diesen Gründen will man das Vorhaben des Bundesinnenministers bei Brabbler nicht einfach so hinnehmen. Dolatre: "Wir werden uns bis zuletzt gegen diese Pläne sträuben. Wenn er Unternehmen wie uns einen Zwang zur Entschlüsselung auferlegen will, muss sich Herr Seehofer schon die Frage gefallen lassen, ob er eigentlich vorhat, die so zukunftsträchtige Digitalwirtschaft aus Deutschland zu vertreiben."
(Brabbler: ra)

eingetragen: 11.06.19
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