IT-Sicherheitsgesetz unzureichend


Es besteht die Gefahr, dass die Industrie bei der Bestimmung von Sicherheitsstandards übergangen wird
Arne Schönbohm, Präsident Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V.: "Es fehlt in Deutschland nach wie vor an einem überzeugenden staatlichen Konzept für Cyber-Sicherheit"

(14.10.14) - Um besonders kritische Infrastrukturen (Kritis) vor Cyberangriffen zu schützen, hat die Bundesregierung bereits im März 2013 einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme vorgelegt. Dieser Entwurf wurde nach heftiger Kritik überarbeitet und liegt nun in der Fassung vom 18. August 2014 vor. Der Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V. hat auch den gegenwärtigen Gesetzesentwurf ausgewertet. Arne Schönbohm, Präsident Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V., kommt zu dem Ergebnis: "Es fehlt in Deutschland nach wie vor an einem überzeugenden staatlichen Konzept für Cyber-Sicherheit. Der gegenwärtige Gesetzesentwurf wird weder die Sicherheit der deutschen IT-Infrastruktur in signifikanter Weise erhöhen, noch Kriminelle von Angriffen auf kritische Infrastrukturen abhalten. Der Bund fordert vielmehr von der Wirtschaft Maßnahmen, die selbst der Staat, als Betreiber kritischer Infrastrukturen, nicht erfüllen will."

Folgende Punkte sind unzureichend geregelt:
>> Die geplante Umsetzungsfrist von zwei Jahren ist zu knapp bemessen, um IT-Sicherheitsstandards zu entwickeln und einzuführen. Insbesondere müssen bei der Entwicklung von Standards, internationale Anforderungen berücksichtigt werden. Dies bedeutet einen erhöhten Zeitaufwand.

>> Es besteht die Gefahr, dass die Industrie bei der Bestimmung von Sicherheitsstandards übergangen wird. Der Entwurf sieht zwar grundsätzlich eine Kooperation zwischen BSI und Industrie vor, jedoch soll das BSI im Ergebnis allein über die Geeignetheit von Standards entscheiden können.

>> Unternehmen sollen IT-Sicherheitsvorfälle an das BSI melden, selbst wenn diese nur zu einer Beeinträchtigung der Kritis führen könnten. Diese Meldepflicht führt zu einem erheblichen Mehraufwand für Wirtschaft und Staat, ohne einen messbaren Mehrwert. Die Unternehmen werden nahezu jeden Vorfall an das BSI melden, um nicht gegen das IT-Sicherheitsgesetz zu verstoßen.

>> Die Zusammenarbeit zwischen BSI und Kritis-Unternehmen soll verbessert werden. Jedoch bleiben Rolle und Qualitätskriterien des BSI unbestimmt. Es kann zwar betroffene Unternehmen beraten, wird aber in keinerlei Weise zu konkreter Hilfe verpflichtet. Auf der anderen Seite sollen die Unternehmen erheblichen Meldepflichten nachkommen.

>> Schließlich soll das BSI sowie weitere Behörden mit zusätzlichen Mitteln ausgestattet werden. Dem BSI sollen nun vom Gesamthaushalt des BMI (5, 9 Milliarden Euro) anstatt 88 Millionen Euro ca. 100 Millionen Euro zugewiesen werden. Dass das BSI hierdurch zu einer schlagkräftigen Behörde gegen Cyber-Kriminalität wird, ist nicht glaubwürdig.
(Cyber-Sicherheitsrat Deutschland: ra)


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