Göttliche Ratschläge auf verkuendung.bayern.de
Als der Bayerische Medienminister Siegfried Schneider den Alois Hingerl, Dienstmann Nr. 172, im Hofbräuhaus traf
Oder: Wie man am besten die Heilsbotschaft bayerischer Ministerien verkündet
(23.01.09) - Von Alois Hingerl, Dienstmann Nr. 172 am Münchner Hauptbahnhof, wissen wir, dass er, vom Schlag getroffen, zu Boden sank und starb. Daraufhin wurde er von zwei Engeln mit viel Mühe in den Himmel geschleppt und dort von Petrus empfangen. "Von morgens 8 Uhr bis mittags 12 Uhr frohlocken - von mittags 12 Uhr bis 8 Uhr abends Hosianna singen", lautete sein Auftrag.
Für Hingerl war das nichts. Er benahm sich reichlich daneben, bis der liebe Gott schließlich sagte: "Petrus, mit dem können wir hier nichts anfangen. Aber ich habe eine andere Aufgabe für ihn. Er soll meine göttlichen Ratschläge der Bayerischen Regierung überbringen. Auf diese Weise kommt er jede Woche ein- bis zweimal nach München - und dann hat die liebe Seele ihre Ruhe."
Der Engel Aloisius bekam also gleich den ersten Auftrag in Form eines Briefes zugeteilt und segelte damit glücklich von dannen.
Nun ist ja hinlänglich bekannt, dass der gute Aloisius Hingerl auf seinem Weg zur Bayerischen Regierung - gewissermaßen aus alter Gewohnheit heraus - im Hofbräuhaus Station gemacht hat.
Wie es so läuft - im wahrsten Sinne des Wortes - hat sich Hingerl eine Mass Bier nach der anderen reingezogen und im Suff seinen Brief und seinen Auftrag vergessen.
Und so wartet die Bayerische Regierung bis heute vergeblich auf die göttlichen Eingebungen - sagt zumindest die Geschichte von Ludwig Thoma.
Das kann so aber nicht stimmen.
Denn irgendwie muss der Bayerische Propagandaminister - pardon - Medienminister heißt er natürlich, also irgendwie muss der Siegfried Schneider bei einem seiner Hofbräuhaus-Besuche doch mit dem himmlischen Dienstmann zusammengetroffen sein. Und bei dieser Gelegenheit hat der Aloisius dem Schneider gleich den Brief mit den göttlichen Ratschlägen zugesteckt.
Anders kann man sich diesen göttlichen Geistesblitz nicht erklären, den der Siegfried Schneider später in einer Presseerklärung unter die bayerische Bevölkerung streuen ließ.
Der Schneider hat nämlich den Brief vom lieben Gott flugs geöffnet und da stand drin:
"Liebe Bayerische Staatsregierung.
Pfingsten feiert man, dass der heilige Geist unter die Menschen gekommen ist.
Und die Verkündigung des heiligen Geistes hat viel mit der Verkündigung der Frohen Botschaft zu tun.
Da ja nun die Bayerische Staatsregierung einen direkten Draht zu den göttlichen Ratschlägen hat, ist es an der Zeit, dass Du die frohe Botschaft, sprich die Verkündung der Amtsblätter der bayerischen Ministerien, standesgemäß Deinem lieben bayerischen Volke nahebringst.
Dazu brauchst Du eine christliche Verkündigungsplattform, die diesem Anspruch auch gerecht wird.
Bayerische Staatsregierung, denke nach und handle!"
Siegfried Schneider, ausgestattet mit klerikalem Sendungsbewusstsein, hat scharf nachgedacht - wie immer, wenn etwas dabei herauskommen soll.
Anschließend hat Schneider eifrig gegoogelt, um zu eruieren, welcher Internet-Domain-Name der Forderung gerecht wird, die göttlichen Ratschläge der Bayerischen Staatsregierung am besten unters Volk zu bringen.
Schnell war er darauf gekommen, dass "Verkündigung" der Kernbegriff ist, mit dem sich staatstragende Profanität in eine Heilsbotschaft kleiden lässt.
Doch den richtigen Domain-Namen zu finden, das war gar nicht so leicht.
www.verkuedigung.de - diese Internet-Adresse gab es schon. Pech gehabt.
Ein bisschen dünn die Homepage zwar, die nur aus einer Seite besteht und Jesaja 53 (aus der revidierten Elberfelder Bibel) verkündet.
Leider war www.zentrum-verkuendigung.de auch schon belegt.
Das wäre ein schöner Name gewesen. Wer kennt sie nicht die Zentrums-Partei aus der Zeit des Alois Hingerl. Da hätte man gekonnt an Traditionen anknüpfen können.
Doch das "Zentrum Verkündigung" gehört zur Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.
Der Medienminister ließ seine Phantasie spielen, und er fand die Lösung:
www.verkuendung.bayern.de - Aus Verkündigung wurde Verkündung - ein immer noch genügend katechetisch angehauchter Name.
Die neue Propaganda-Adresse soll "die neue Verkündungsplattform zur elektronischen Verkündung der Amtsblätter der bayerischen Ministerien" sein.
Ob Schneider nach dieser göttlichen Eingabe auch gesungen hat: "Halleluja - Hahleluja - Hahleluja - Hahlee-luja - Haha-lälä-luu-uh", ist leider nicht überliefert.
Zu Not übernehme ich gerne das Frohlocken und rufe Hosianna.
www.verkuendung.bayern.de ist ähnlich kreativ wie das Projekt, die elektronische Steuererklärung nach der diebischen "ELSTER" zu benennen.
Mit dem Namen www.verkuendung.bayern.de setzt man in Bayern echte Maßstäbe. Sicherlich werden die bayerischen Amtsblätter in Zukunft eingeleitet werden mit dem Ausspruch: "Wahrlich, wahrlich, ich sage Euch!"
Außerdem wäre es doch fürchterlich gewesen, die eGovernment-Initiative der Bayerischen Staatsregierung unter einem Portalnamen wie "www.amtsblaetter.bayern.de" zu verstecken.
Mit einer solchen Namenswahl wäre der Schneider zwar fein aus demselbigen gewesen. Doch der CSU-Medienminister kennt des Christen Pflicht und scheut keine Konfrontation.
Aufrichtig gerührt und dankbar müssen wir daher sein, dankbar, dass der Medienminister Schneider gelegentlich das Hofbräuhaus besucht und mit dem lieben Engel Aloisius 20 Mass Bier zischt, um das Hirn für göttliche Ratschläge zu durchlüften.
Natürlich befällt mich immer noch ein wenig die Furcht, es könnte sich bei www.verkuendung.bayern.de um einen Faschingsscherz handeln, der uns in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise ein wenig aufheitern soll.
Wer allerdings so schwungvoll die bayerische Bildungsoffensive G8 in den Sand gesetzt hat wie der liebe Schneider, dem ist sicherlich nicht nach Scherzen zu Mute.
Nun darf man nur noch gespannt darauf warten, ob denn auch die neue "Nichtraucheroffensive" der Bayerischen Staatsregierung Eingang in die Amtsblätter auf www.verkuendung.bayern.de findet.
Auf jedem Fall scheint sie einem göttlichen Ratschluss zu entstammen - direkt importiert aus den heiligen Hallen des Hofbräuhauses.
Ich wünsche Ihnen, meine lieben Leser, weiterhin eine frohe Faschingszeit
und verbleibe mit einem enthusiastischen Helau und Hosianna
Ihr
Rainer Annuscheit
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