Arbeit der Datenschutzbehörden ad absurdum geführt
NSA-Skandal: Privatsphäre und das Telekommunikationsgeheimnis von Millionen Menschen in Deutschland offensichtlich verletzt
ULD: "Als Datenschutzexekutive müssen wir immer wieder feststellen, dass die Justiz oft unwillig ist, sich mit derartigen Rechtsbrüchen zu befassen"
(02.06.14) - Mit Fassungslosigkeit wurden im Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) Pressemeldungen zur Kenntnis genommen, dass der Generalbundesanwalt plane, keine Ermittlungen wegen der massenhaften Verletzung des Datenschutzes durch die Geheimdienste der USA und Großbritanniens, National Security Agency (NSA) und Government Communications Headquarters (GCHQ), einzuleiten, weil kein belastbares Material über die Aktivitäten von NSA und GCHQ zu bekommen sei.
Rechtshilfeersuchen an US-Behörden würden vermutlich unbeantwortet bleiben. Angesichts des Umstands, dass inzwischen drei detailliert darstellende Bücher von Journalisten in deutscher Sprache verfügbar sind, die direkten Zugang zu den Snowden-Dokumenten haben, und massenhaft nicht dementierte Presseberichte über die andauernde weltweite Missachtung des Datenschutzes, ist es nach Ansicht des ULD-Leiters Thilo Weichert völlig unverständlich, weshalb kein Anfangsverdacht angenommen werden könne und man nicht einmal versuchen möchte, die namentlich bekannten Tatverdächtigen zu befragen:
"Die Arbeit von uns Datenschutzbehörden wird ad absurdum geführt, wenn von uns erwartet wird, dass wir tätig werden, wenn sich Nachbarn mit Videokameras beobachten, zugleich aber von der obersten deutschen Ermittlungsbehörde ein Anfangsverdacht verneint wird, wenn die digitale Privatsphäre und das Telekommunikationsgeheimnis von Millionen Menschen in Deutschland offensichtlich verletzt werden. Als Datenschutzexekutive müssen wir immer wieder feststellen, dass die Justiz oft unwillig ist, sich mit derartigen Rechtsbrüchen zu befassen. Dies gilt für Großunternehmen wie z. B. Facebook ebenso wie für staatliches Eindringen in die Privatsphäre, hier durch NSA und GCHQ.
Der Umstand, dass Ermittlungen technisch äußerst kompliziert und rechtliches Neuland sind, sollte nicht Hindernis, sondern Ansporn zur Durchsetzung des Rechts sein. Der Europäische Gerichtshof hat in Sachen Google vor wenigen Tagen die richtige Richtung vorgegeben. Die Bundesanwaltschaft würde das Rechtsempfinden der Menschen und deren Rechtstreue massiv gefährden, wenn die Behauptung bestätigt würde, dass nur die `Kleinen gehängt´ würden … Schon die öffentlichen Aussagen der britischen und US-amerikanischen Tatverdächtigen selbst, die Spionage und Datenschutzverstöße nach deutschem Recht faktisch eingestehen, sollten für eine Einleitung von Ermittlungsverfahren genügen." (ULD: ra)
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