Neuer Personalausweis: Unsicher und teuer?


Online-Betrug mit Zertifikat: Verbraucherzentrale Bundesverband begegnet der Einführung des neuen Personalausweises mit Skepsis
vzbv: "So wie er angelegt ist, wird der neue Personalausweis dem erklärten Ziel nicht gerecht, die Verbraucher im Online-Geschäftsverkehr besser zu schützen"


(25.10.10) - Die Zusatzfunktionen des neuen Personalausweises werden den Verbraucherschutz im Internet kaum verbessern. Das befürchtet der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Zudem bemängelt der vzbv die von der Bundesregierung angekündigte Bereitstellung von Lesegeräten ohne eigene Tastatur und mit niedriger Sicherheitsstufe für die Erstantragssteller.

Nicht nachvollziehbar sei es, dass dem für Konzeption und Einführung zuständigen Bundesinnenministerium vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages die Mittel für die umfassende Information der Bürger über den neuen Personalausweis offenbar nicht genehmigt wurden.

Neuer Personalausweis und Sicherheit
Der neue Personalausweis mit Chip und in Scheckkartengröße soll ab 1. November 2010 den bisherigen Personalausweis ablösen. Eine Wahlmöglichkeit zwischen herkömmlichem und neuem Ausweis wird es nicht geben. Laut Bundesregierung soll der neue Ausweis auch die Sicherheit bei Internetgeschäften erhöhen.

Genau dies bezweifelt der vzbv. Grundsätzlich besteht bis heute ein großes Informationsdefizit in der Bevölkerung. "Viele Verbraucher wissen noch nicht einmal, dass im November ein neuer Personalausweis eingeführt wird, welche Zusatzfunktionen er bietet, welche Pflichten die Nutzer dieser Funktionen haben werden und worauf sie in der praktischen Anwendung achten müssen", sagte vzbv-Vorstand Gerd Billen. "Insofern ist es vollkommen inakzeptabel, dass dem zuständigen Bundesinnenministerium die Mittel für die nötige umfassende Informationskampagne nicht genehmigt wurden", kritisiert Billen.

Keine Verlässlichkeit bei der Vergabe von Berechtigungszertifikaten
"So wie er angelegt ist, wird der neue Personalausweis dem erklärten Ziel nicht gerecht, die Verbraucher im Online-Geschäftsverkehr besser zu schützen", sagt Billen. Hauptkritikpunkt sei, dass Online-Anbieter sogenannte Berechtigungszertifikate erhalten können, ohne dass zuvor die Seriosität der Unternehmen geprüft wurde. Diese Berechtigungszertifikate dienen bei der Datenabfrage der Identifizierung eines Diensteanbieters gegenüber dem Personalausweisinhaber.

Sicherheitsrisiken und Haftung im Missbrauchsfall
Wiederholt sei in den vergangenen Wochen die angeblich hohe Datensicherheit des neuen Personalausweises angezweifelt worden. In dem Zusammenhang erscheine es brisant, wenn die Bundesregierung ca. eine Million subventionierte einfache Lesegeräte zur Verfügung stellen will, die über keine eigene abhörsichere Tastatur verfügen würden. Aus Sicht des vzbv wäre angesichts noch nicht abschließend geklärter Sicherheitsbedenken eine mögliche Haftung des Ausweisinhabers ein erhebliches Sicherheitsrisiko für den Anwender. Das gelte insbesondere für den Fall einer Kompromittierung der eigenen (digitalen) Identität.

Hohe Gebühr
Der vzbv kritisiert zudem die fehlende Wahlmöglichkeit zwischen dem herkömmlichen und dem neuen Ausweis. Darüber hinaus sei der elektronische Personalausweis nahezu viermal so teuer wie der alte Ausweis. Auch diejenigen, die die neuen Funktionen nicht verwenden wollen, seien gezwungen, fortan tiefer in die Tasche zu greifen. (Verbraucherzentrale Bundesverband: ra)

Lesen Sie auch:
Was ist neu am "Neuen Personalausweis"?
Plädoyer für den "Neuen Personalausweis"
Online-Nutzung des neuen Personalausweises
Neuer Personalausweis und Deutsche Wirtschaft

Verbraucherzentrale Bundesverband: Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Politik auf EU-Ebene gefordert

    Der Digitalverband Bitkom plädiert vor der Konstituierung der neuen EU-Kommission für ein Umdenken in der europäischen Verbraucherpolitik. In den letzten Jahren wurde eine kaum überschaubare Vielzahl neuer Regeln wie Datenschutz-Grundverordnung, Digital Markets Act, Data Act, AI Act oder dem Digital Services Act und diverse Verbraucherrechtsrichtlinien erlassen.

  • Quantum-Sicherheit beginnt jetzt

    Die Veröffentlichung der Post-Quantum-Standards durch das NIST markiert einen entscheidenden Fortschritt in der Absicherung der digitalen Zukunft. Bislang befanden sich Entwickler und Sicherheitsteams in einer abwartenden Position, doch mit der Finalisierung dieser Standards beginnt nun der Weg zur Quantum-Sicherheit.

  • NIS2-Umsetzung & Null-Toleranz-Strategie

    148 Milliarden Schaden im vergangenen Jahr - und längst noch kein Ende in Sicht: Die Bedrohungslage ist und bleibt prekär. Zudem sorgen Digitalisierung, Cloud und KI für neue Angriffsflächen und eröffnen den Hackern eine Vielzahl an Möglichkeiten. Dies zeigt auch die jüngste Lünendonk-Studie. Der zu Folge hakt es insbesondere bei der E-Mail-Sicherheit und dem Schwachstellenmanagement. Trotz einer anhaltend massiven Bedrohungslage hat rund ein Drittel der Unternehmen keinen Überblick über den tatsächlichen Cybersecurity-Status.

  • Herausforderungen und Chancen der NIS-2-Direktive

    Mit der bevorstehenden Frist zur Umsetzung der NIS-2-Direktive stehen viele Unternehmen vor einer bedeutenden Herausforderung. Unsere Beobachtungen zeigen, dass viele Unternehmen Schwierigkeiten haben werden, die Anforderungen rechtzeitig zu erfüllen. Dies liegt vor allem daran, dass das Thema zu lange vernachlässigt wurde.

  • NIS-2-Richtlinien treten bald in Kraft

    Die NIS-2-Richtlinien treten in wenigen Monaten in Kraft und sind derzeit in aller Munde. Die zahlreichen Vorträge und Veranstaltungen zu diesem Thema unterstreichen nicht nur dessen Bedeutung, sondern zeigen auf, dass es noch viel Informationsbedarf bei Verantwortlichen und Entscheidern gibt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen