Widerspruchslösung ist de facto bereits Gesetz


Missbrauch des Patientenvertrauen: Transparency Deutschland sieht bei den am 1. April auf deutschen Intensivstationen angelaufenen Maßnahmen die Gefahr schwerwiegender Interessenkonflikte
Der Gesetzgeber verlangt jetzt vom Klinikpersonal die Entscheidung, ob ein ihrer Obhut anvertrauter Mensch als "Organspender" oder als Patient behandelt wird. Das hält Transparency Deutschland für unzumutbar



Transparency hält die erneut losgetretene Debatte um die Einführung einer Widerspruchslösung für ein Ablenkungsmanöver. Transparency Deutschland warnt vor einem jetzt schon möglichen Missbrauch des Patientenvertrauens im Zuge der Anwendung des am 01. April 2019 in Kraft getretenen Gesetzes zur "Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende".

Das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Eiltempo durchgebrachte Gesetz fordert schon jetzt: Wenn nicht bekannt ist, dass Patientinnen und Patienten mit Hirnschädigung eine Organspende ausdrücklich abgelehnt haben, sollen die Kliniken alles tun, um eine Organspende zu ermöglichen. In der Praxis entspricht dieses Vorgehen einem Verfahren, wie es in Ländern mit Widerspruchslösung praktiziert wird.

Transparency Deutschland sieht bei den am 1. April auf deutschen Intensivstationen angelaufenen Maßnahmen die Gefahr schwerwiegender Interessenkonflikte. Dr. Wolfgang Wodarg, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland, mahnt: "Ärztlich oder pflegerisch Verantwortliche sind zu allererst dem Vertrauen ihrer Patienten verpflichtet. Nichts darf ohne oder gar gegen deren erklärten oder mutmaßlichen Willen geschehen. Entsprechende Versuche Dritter müssen zum Wohle der Patienten in jedem Fall abgelehnt und verhindert werden. Die neuen Rechte und Strukturen fördern gefährliche Sekundärinteressen."

Prinzipien ärztlichen und pflegerischen Handelns dürfen nicht zweitrangig werden
Im Rahmen der Gesetzesnovelle müssen Kliniken einem Dritten – dem Transplantationsbeauftragten – Zugang zu Patienten und deren Unterlagen eröffnen. Das Klinikpersonal soll dabei mitwirken, dass in Zusammenarbeit mit der vom Gesetzgeber beauftragten privatrechtlichen Deutschen Stiftung für Organtransplantation (DSO) eine sehr belastende Hirntod-Diagnostik durchgeführt wird, auch wenn dazu keine ausdrückliche Zustimmung nach angemessener Aufklärung vorliegt.

Der Gesetzgeber verlangt jetzt vom Klinikpersonal die Entscheidung, ob ein ihrer Obhut anvertrauter Mensch als "Organspender" oder als Patient behandelt wird. Das hält Transparency Deutschland für unzumutbar. "Die Entscheidung zur Organspende muss vom Gesetzgeber so geregelt werden, dass die Prinzipien ärztlichen und pflegerischen Handelns nicht zweitrangig werden. Das Klinikpersonal darf hierbei nicht unter Druck gesetzt werden – auch nicht durch eine wachstumsorientierte Transplantationsbranche", so Dr. Wodarg. (Transparency: ra)

eingetragen: 16.04.19
Newsletterlauf: 16.05.19

Transparency International: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Markt / Unternehmen

  • Identitäts-Wallet (EUDI-Wallet)

    Ein breites Bündnis aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und deutscher Kreditwirtschaft setzt sich für die rasche Einführung einer europäischen digitalen Identität ein. In einem gemeinsamen Positionspapier fordern die unterzeichnenden Verbände, darunter Bitkom und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), klare politische Leitlinien sowie eine beschleunigte Umsetzung für die Identitäts-Wallet (EUDI-Wallet). Eine Wallet ist eine virtuelle Brieftasche, in der verschiedene digitale Dokumente auf dem Smartphone oder Tablet gespeichert werden können.

  • In den Diensten der Rechtsberufe

    Doctrine, Plattform für juristische KI, steigt in den deutschen Markt ein. Das französische Legaltech-Unternehmen bietet seine Lösungen nun auch deutschen Kanzleien, Unternehmen, Behörden und Gerichten an. Doctrine entwickelt KI-Werkzeuge, die auf der Grundlage verlässlicher juristischer Informationen bei der Recherche sowie dem Verfassen juristischer Schriftsätze unterstützen. In Deutschland kooperiert Doctrine dazu mit dejure.org, einer der vertrauenswürdigsten Quellen für juristische Informationen. Doctrine geht hierzu eine strategische Beteiligung an dejure.org ein.

  • Cloud-Souveränität beginnt in Europa

    Wer hat Zugriff auf unsere Daten - und wo sind diese gespeichert? Diese Fragen stellen sich aktuell immer mehr Unternehmen in Europa. Angesichts zunehmender Cyberrisiken und globaler Spannungen wächst das Bewusstsein für digitale Souveränität. Und das zu Recht: Besonders die Zusammenarbeit mit US-Cloud-Diensten führt für europäische Unternehmen immer wieder zu Herausforderungen - sowohl operativ, rechtlich als auch sicherheitstechnisch. Die Bedeutung des europäischen Datenstandorts für Resilienz, Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit ist daher wichtiger denn je. Das gilt gerade für das Vertragsmanagement. Denn hier kommen hochsensible Informationen ins Spiel.

  • Kernkapital geht insgesamt zurück

    Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und die Europäische Zentralbank (EZB) haben die Ergebnisse ihres regelmäßigen Stresstests veröffentlicht. Seit dem Frühjahr haben sich die Kreditinstitute der Simulation eines Basis- und eines pessimistischen Drei-Jahres-Szenarios mit einem schweren makroökonomischen Abschwung gestellt. Die Ergebnisse werden von der EZB zur Berechnung der individuellen aufsichtlichen Eigenmittelempfehlung der Institute herangezogen. Der Stresstest hatte zuletzt 2023 stattgefunden.

  • Bitkom veröffentlicht Transparenzbericht

    Als erster großer Wirtschaftsverband hat Bitkom einen umfassenden Transparenzbericht veröffentlicht. Er enthält unter anderem detaillierte Angaben zur internen Organisation, Entscheidungsprozessen, Mitgliederstrukturen, Finanzen und Beschäftigten, Kommunikation und den politischen Aktivitäten. Mit dem Transparenzbericht geht Bitkom deutlich über die gesetzlichen Vorgaben hinaus.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen