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Tagung des Arbeitskreises Kartellrecht


Regeln zu vertikalen Vereinbarungen in Zeiten der Digitalökonomie
Die geltende Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung, die den Rechtsrahmen für vertikale Vereinbarungen bildet, läuft Ende Mai 2022 aus




Am 10. Oktober 2019 fand die Tagung des Arbeitskreises Kartellrecht statt. Auf Einladung des Bundeskartellamtes trafen sich über 120 Wettbewerbsexperten zur Diskussion und zum Gedankenaustausch über das Thema "Quo vadis Vertikal-GVO – Zeit für eine Anpassung an die Digitalökonomie?". Prof. Dr. Konrad Ost, Vizepräsident des Bundeskartellamtes: "Die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft stellt die kartellrechtliche Beurteilung vertikaler Vereinbarungen vor neue Herausforderungen. So spiegeln sich die Entstehung neuer digitaler Vertriebsformen und das Erstarken von Plattformen in neuartigen Wettbewerbsbeschränkungen wider. Vermehrt machen direktvertreibende Hersteller und Hybrid-Plattformen, die auch selber an Endkunden verkaufen, den Händlern auf Einzelhandelsebene Konkurrenz. Sowohl der gesetzliche Rahmen als auch die Kartellrechtspraxis müssen mit den Entwicklungen der Digitalisierung Schritt halten. Die geltende Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung, die den Rechtsrahmen für vertikale Vereinbarungen bildet, läuft Ende Mai 2022 aus. Das Bundeskartellamt wird seine praktischen Erfahrungen in den laufenden Diskussionsprozess auf europäischer Ebene einbringen. Wir erhoffen uns Änderungen, die die Regeln klarer und handhabbarer machen."

Der Arbeitskreis setzt sich zusammen aus zahlreichen Professoren rechts- und wirtschaftswissenschaftlicher Fakultäten, hochrangigen Vertretern nationaler und europäischer Wettbewerbsbehörden und Ministerien sowie Richtern der Kartellsenate beim Oberlandesgericht Düsseldorf und beim Bundesgerichtshof. Seit über 50 Jahren finden in diesem Rahmen jährlich Konferenzen zu grundsätzlichen wettbewerbspolitischen Themen statt.

Die Tagung wurde von Prof. Dr. Ost geleitet. Den einleitenden Bericht über das Konsultationsverfahren der Europäischen Kommission zur vertikalen Gruppenfreistellungsverordnung (Vertikal-GVO) hielt Marieke Scholz, Generaldirektion Wettbewerb, Europäische Kommission. Die Podiumsdiskussion bestritten Prof. Dr. Christian Wey, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Prof. Dr. Stefan Thomas, Eberhard Karls Universität Tübingen, Prof. Dr. Petra Pohlmann, Westfälische Wilhelms-Universität Münster und Arno Rasek, Chefökonom des Bundeskartellamtes.

Gegenstand der Diskussion waren mögliche Schadenstheorien und Effizienzen bei Wettbewerbsbeschränkungen, die von Herstellern oder Plattformen ausgehen. Besonders intensiv diskutiert wurden vertikale Preisbindungen und ihre Beurteilung sowie der Umgang mit Paritätsklauseln. Ferner bot das weitgehende Verbot der Doppelpreissysteme Anlass für angeregte Diskussionen.

Erwogen wurden auch verschiedene Ansätze für den Umgang mit Plattformen bzw. Intermediären im Gefüge der Vertikal-GVO. Einigkeit bestand dahingehend, dass der derzeitige Regelungsrahmen diese neueren Akteure noch nicht angemessen berücksichtigt.

Schließlich wurde diskutiert, inwieweit der Rechtsrahmen der Vertikal-GVO mit seinen starren Marktanteilsschwellen und Kernbeschränkungen in Zeiten immer dynamischeren Marktentwicklungen noch zeitgemäß ist. Einige Teilnehmer sprachen sich dafür aus, die Instrumente der Vertikal-GVO zu flexibilisieren, um einen besseren Ausgleich zwischen Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit zu erreichen. (Bundeskartellamt: ra)

eingetragen: 13.11.19
Newsletterlauf: 04.12.19



Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Neue Vorschriften für Digitalkonzerne

    Google (Alphabet Inc., USA) hat sich gegenüber dem Bundeskartellamt verpflichtet, verschiedene Wettbewerbsbeschränkungen bei den Google Automotive Services und bei der Google Maps Platform abzustellen. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Ich freue mich, dass wir uns mit Google einigen konnten und somit ganz unmittelbar positive Auswirkungen für die betroffenen Wirtschaftsbereiche erzielen. Die Zusagen von Google haben das Potential, weitreichende Änderungen im Markt zu bewirken. Durch die Aufhebung der bisherigen Beschränkungen stärken wir die Auswahlmöglichkeiten der Kundinnen und Kunden und eröffnen neue Chancen für Wettbewerber von Google."

  • Antennenstandorte für 1&1

    Das Bundeskartellamt hat der Vodafone Group, der Vodafone GmbH und der Vantage Towers AG seine vorläufige rechtliche Einschätzung wegen der mangelnden Bereitstellung von Antennenstandorten für 1&1 übersandt. Das Vodafone-Konzernunternehmen Vantage Towers hatte sich zu der Bereitstellung schon im Jahr 2021 vertraglich verpflichtet, dann kam es aber zu massiven Verzögerungen (s. Pressemeldung vom 2. Juni 2023). Vodafone und Vantage Towers haben jetzt Gelegenheit zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.

  • Entwicklung eines neuen MGCS-Systems

    Das Bundeskartellamt hat die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens der KNDS Deutschland GmbH & Co KG, der KNDS France, der Rheinmetall Landsysteme GmbH und THALES SIX GTS France SAS freigegeben. Das Gemeinschaftsunternehmen, die MGCS-Projekt Company GmbH, soll ihren Sitz in Deutschland haben. Das Hauptziel des Gemeinschaftsunternehmens ist die industrielle Entwicklung des modularen "Main Ground Combat Systems" (MGCS)-Kampfpanzers in deutsch-französischer Kooperation.

  • Erwerb von Lebensmittelherstellern

    Das Bundeskartellamt hat den mittelbaren Erwerb der Uckermärker Milch GmbH (Uckermärker), einer Tochter der Ostmilch Handels GmbH, durch die EDEKA ZENTRALE Stiftung & Co. KG (EDEKA) freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Das Bundeskartellamt schaut beim Erwerb von Lebensmittelherstellern durch große Lebensmitteleinzelhändler immer sehr genau hin. Wir müssen ausschließen, dass es durch eine solche Übernahme zu einer Abschottung der Märkte zum Nachteil anderer Produzenten oder Händler kommt. Im vorliegenden Fall ist dies nicht zu befürchten."

  • Sehr häufige Preisänderungen an der Tankstelle

    Das Bundeskartellamt hat seine Sektoruntersuchung zu Raffinerien und Kraftstoffgroßhandel mit einem umfangreichen Endbericht abgeschlossen. In dem Bericht erläutert das Bundeskartellamt die Strukturen und die Preissetzungsmechanismen auf diesen Marktstufen der Mineralölwirtschaft und identifiziert Stellschrauben, die zu einer Stärkung des Wettbewerbs beitragen können.

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