Massive Verschlechterung der Zahlungsmoral?
BDIU glaubt: Insolvenzrechtsreform geht zulasten der Gläubiger - Mehr Verbraucherinsolvenzen und schlechtere Zahlungsmoral wahrscheinlich
Insolvenzrechtsreform bleibt umstritten: "Schuldner erhalten die Botschaft, sie könnten sich künftig schneller ihrer lästigen Zahlungsverpflichtungen entledigen"
(14.02.12) - Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU) lehnt die vom Bundesjustizministerium Ende Januar vorgestellte zweite Stufe der Insolvenzrechtsreform in ihren wesentlichen Teilen ab. Insbesondere die geplante Verkürzung der Wohlverhaltensperiode im Verbraucherinsolvenzverfahren gefährde die berechtigten Interessen der Gläubiger. "Der Gesetzentwurf ist einseitig verbraucherfreundlich und könnte zu einer massiven Verschlechterung der Zahlungsmoral führen", so BDIU-Präsident Wolfgang Spitz.
"Zunächst ist mit einem deutlichen Anstieg der Verbraucherinsolvenzen zu rechnen", befürchtet Gläubigervertreter Spitz. Hintergrund sei, dass viele Überschuldete derzeit den eigentlich überfälligen Antrag auf Verbraucherinsolvenz in Erwartung der schuldnerfreundlicheren Gesetzgebung zurückstellten. "Wir rechnen mit bis zu 20 Prozent mehr Verbraucherinsolvenzen, wenn das Gesetz wie vom Bundesjustizministerium vorgeschlagen in Kraft treten sollte." 2011 gab es gut 100.000 Verbraucherinsolvenzen.
Zudem befürchten die Inkassounternehmen, die bundesweit die Interessen von über 500.000 Gläubigern vertreten, eine deutlich schlechtere Zahlungsmoral von Verbrauchern insgesamt. "Schuldner erhalten die Botschaft, sie könnten sich künftig schneller ihrer lästigen Zahlungsverpflichtungen entledigen", kritisiert Spitz. "Warum sollten sie also ihre Rechnungen dann noch genauso gut bezahlen wie heute?"
Aufforderung zum Schuldenmachen?
Auch die vom Bundesjustizministerium vorgeschlagene Mindestquote von 25 Prozent, mit der ein insolventer Verbraucher seine Gläubiger befriedigen solle, um in den Genuss einer auf drei Jahre halbierten Wohlverhaltensperiode zu gelangen, ändere nichts an dem psychologisch negativen Signal dieses Gesetzentwurfes.
"In der Praxis wäre es möglich, dass ein Schuldner mit einer durchaus üblichen Schuldensumme von 30.000 Euro beispielsweise von einem Verwandten 7.500 Euro erhält und sich mit diesem Geld und den Verfahrenskosten bequem aus seinen Verbindlichkeiten herauskaufen könnte", so Spitz. "Der Wirtschaft entstünde dadurch ein erheblicher Schaden."
Bundesjustizministerium sieht ebenfalls Gläubigerbenachteiligung
"Eine Halbierung der Wohlverhaltensperiode wird in den meisten Fällen auch eine Halbierung der Gläubigerbefriedigung bedeuten", so Spitz weiter. Immerhin sei dies auch dem Bundesjustizministerium bewusst, argumentiere es doch in seinem im Januar veröffentlichten Referentenentwurf, "dass jede Abkürzung der Restschuldbefreiungsphase allgemein die Aussichten der Gläubiger verschlechtert, zu einer Befriedigung der Forderungen zu gelangen". (Quelle: http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/RefE_InsoII.pdf?__blob=publicationFile, Seite 22)
Die Gläubigervertreter befürchten zudem, dass es nicht bei einer 25-Prozent-Quote bliebe. "Schon jetzt werden Stimmen laut, die diese Quote für zu hoch halten oder sogar fordern, die Wohlverhaltensperiode ohne jegliche Voraussetzungen für alle Schuldner generell zu halbieren", so der BDIU-Präsident. "Dies ist eindeutig das falsche Signal."
Das Bundesjustizministerium hat den BDIU eingeladen, bis Mitte März ausführlich zu dem Gesetzentwurf Stellung zu beziehen. "Diese Gelegenheit werden wir wahrnehmen", erklärt Spitz. (BDIU: ra)
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