Bund bremst Start-up-Finanzierung aus


Gesetzentwurf für Kleinanlegerschutz erschwert Crowdinvesting für Start-ups
Neue Obergrenze für Beteiligungen und zusätzliche Bürokratie

(18.08.14) - Die Pläne der Deutschen Bundesregierung für ein neues Gesetz zum Kleinanlegerschutz gefährden die Finanzierung von Start-ups in Deutschland. Darauf weist der Hightech-Verband Bitkom hin. "Der vorliegende Gesetzesentwurf schafft die Gratwanderung zwischen Anlegerschutz und Start-up-Förderung nicht wirklich. Jeder, der in Start-ups oder sogar nur in Ideen investiert, weiß, dass er damit ein hohes Risiko eingeht, sich aber auch enorme Chancen eröffnet", sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. "Die neuen bürokratischen Hürden für Crowdinvesting und Crowdfunding machen es schwieriger und teurer, Geldgeber und Investoren zu finden, ohne Anleger besser zu schützen. Das widerspricht dem erklärten Ziel der Bundesregierung, Start-ups in Deutschland zu fördern." Bei der Crowdfinanzierung stellen Start-ups und Gründer ihre Ideen auf Online-Plattformen wie Companisto, Innovestment oder Seedmatch vor und sammeln bei möglichst vielen Geldgebern meist nur geringe Einzelbeträge ein, um ihre Idee zu realisieren.

Das Ziel des vom Bundesfinanzministerium veröffentlichten Referentenentwurfs ist es, Kleinanleger bei Investitionen zu schützen. Für Start-ups sieht der Entwurf bei der Crowdfinanzierung Ausnahmen vor, die aus Bitkom-Sicht allerdings viel zu kurz greifen. So sollen diese Erleichterungen nur für Investitionsrunden bis 1 Million Euro gelten. Zudem dürfen sich Einzelinvestoren mit maximal 10.000 Euro beteiligen. Aber: Selbst dann müssten Start-ups vor Crowdinvesting- und Crowdfunding-Runden ein Informationsblatt erstellen und bei der Finanzaufsicht hinterlegen. Die Geldgeber wären gezwungen, bereits ab einer Beteiligung von nur 250 Euro diese Information auf Papier auszudrucken und unterschrieben per Post an das Start-up oder die Crowdinvesting-Plattform zurückzusenden.

"Crowdinvesting wird auch hierzulande erfreulicherweise immer stärker genutzt, weil es einfach und bequem ist. Mit einem Mausklick kann man sich mit wenig Geld an einer guten Idee beteiligen. Durch das Ausdrucken wird dieser Vorteil vollständig zunichte gemacht. Bei diesem Gesetzentwurf machen Internet-Ausdrucker Start-up-Politik", so Rohleder. "Mit altem Denken im Sparbuchformat und dem Einsammeln von Altpapierbergen machen wir Deutschland ganz bestimmt nicht zum Digitalen Wachstumsland."

Die Darstellung von Projekten auf den gängigen Plattformen sei heute schon viel transparenter als die meisten gedruckten Prospekte für klassische Vermögensanlagen. Im Netz präsentierten die Gründer ihre Ideen mit Texten, Fotos und Videos. Dort sei es in der Regel sogar möglich, vor einer Beteiligung direkt mit den Gründern Kontakt aufzunehmen, etwa um Fragen zu stellen. Und die Antworten seien für alle Interessenten einsehbar. "Diese Transparenz bei Investitionen in Start-ups sollten wir lieber auf andere Bereiche übertragen anstatt reglementierend einzugreifen und zusätzliche Anforderungen aus dem vorigen Jahrhundert zu stellen", so Rohleder. "Die Beschränkung der Runden auf 1 Million Euro und Maximalbeträge von 10.000 Euro hilft niemandem und sorgt nur dafür, dass es in Deutschland noch schwieriger wird, Start-ups zu finanzieren", so Rohleder.

Der Bitkom kritisiert zudem, dass kein Unterschied zwischen Crowdfunding und Crowdinvesting gemacht wird. "Beim Crowdfunding wollen die Geldgeber sich nicht an einem Unternehmen beteiligen. Sie unterstützen eine Idee oder wollen der erste sein, der ein neues Produkt bekommt", so Rohleder. "Hier wird nicht investiert, sondern allenfalls gekauft. Deshalb gibt es auch kein Kleinanlegerschutzbedürfnis." Entsprechend darf Crowdfunding auch nicht von einem Gesetz zum Schutz von Kleinanlegern betroffen sein. (Bitkom: ra)

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Meldungen: Kommentare und Meinungen

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  • Haftungsübernahme der Banken & Betrugsproblem

    Die Europäische Union will Betrug eindämmen, bei dem Kundinnen und Kunden von Kriminellen getäuscht und zu Zahlungen verleitet werden. Der Rat hat sich nun auf seine Position zur Änderung des Zahlungsrechts verständigt. Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes und diesjähriger DK-Federführer, betont: "Betrug kann nur wirksam bekämpft werden, wenn alle Beteiligten - Kreditinstitute, Telekommunikationsanbieter und Internetplattformen - ihren Beitrag leisten. Das muss auch der gesetzliche Rahmen widerspiegeln." Denn die Kriminellen entwickelten ihre Betrugsmaschen ständig weiter und nutzen neue Einfallstore über Social Media und andere digitale Kommunikationsmittel. Unerlässlich ist aber auch die Wachsamkeit der Kundinnen und Kunden. "Ohne ihre Mithilfe kann das Problem nicht gelöst werden", so Herkenhoff weiter.

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    Am 20. Juni 2025 trat die neue EU-Ökodesignverordnung in Kraft.?Zugleich gibt es neue EU-Labels zu Langlebigkeit und Reparierbarkeit. Dazu erklärt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder: "Die neuen Regelungen zum Ökodesign und entsprechenden Kennzeichen sind ein wichtiger Schritt für mehr Nachhaltigkeit in der digitalen Welt."

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    Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) sieht Fortschritte, da sich die EU-Mitgliedsstaaten auf eine allgemeine Ausrichtung zur Omnibus Initiative geeinigt haben. Die ursprünglich von der Europäischen Kommission geplanten Vereinfachungen bei Berichtspflichten im Bereich Sustainable Finance sind ein wichtiger Schritt, um Unternehmen von Bürokratie zu entlasten und Nachhaltigkeit in der Praxis wirksamer zu gestalten.

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    Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) begrüßt den politischen Kompromiss zur Reform des europäischen Rahmens für Krisenmanagement und Einlagensicherung (CMDI). "Der Kompromiss ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Einlagensicherung kann modernisiert, das europäische Abwicklungsregime gestärkt werden. Doch zentrale Fragen zur Rolle und finanziellen Belastung nationaler Sicherungssysteme bleiben offen", sagt Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des diesjährigen DK-Federführers Bundesverband deutscher Banken."

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