Weltfinanzgipfel: G20-Verhandlungen auf gutem Wege
Regulierung der Finanzmärkte: Die europäischen und die amerikanischen Partner wollen die heute zum Teil noch sehr verschiedenen Bilanzierungsvorschriften angleichen
Begrenzung von Manager-Boni scheint Realität zu werden – Partner wollen nicht noch einmal in die Lage kommen dürften, dass große Banken sie erpressten
(28.09.09) - Beim Weltfinanzgipfel in Pittsburgh zeichnet sich nach dem ersten Tag ein Erfolg ab. Die Regulierung der internationalen Finanzmärkte dürfte am Freitag ein gutes Stück vorankommen, die Begrenzung von Manager-Boni wird konkret. Die Bundesregierung erwartet einen erfolgreichen Abschluss des Treffens.
Die Märkte sollen sicherer werden, die Banken stabiler, das Wirtschaften nachhaltiger. Jedes Finanzmarktprodukt, jeder Finanzplatz und jede Finanzinstitution soll angemessener Regulierung und Kontrolle unterworfen werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sahen die Verhandlungen am Freitagmorgen auf gutem Weg. Mit einigem Nachdruck hätten die Europäer erreicht, dass die Regulierung der Finanzmärkte sogar noch über die Vereinbarungen des Londoner Gipfels vom April hinausgehen dürfte. "Es hat sich gelohnt, hier gemeinsam dicke Bretter zu bohren", sagte Merkel am Vormittag.
Alle Partner seien sich einig, dass sie nicht noch einmal in die Lage kommen dürften, dass große Banken sie erpressten. Dafür wollen die Regierungen vor allem mit strengeren Eigenkapitalvorschriften sorgen, damit sich die Institute im Notfall selbst helfen können. Ein institutioneller Rahmen soll sie dabei unterstützen. Experten sprechen von einem internationalen "Bankenhospital". Die Abwicklung oder der Erhalt systemrelevanter Banken dürften jedenfalls nicht zu Lasten der Steuerzahler gehen, betonte Steinbrück.
Kein "Weiter so"
Die heute zum Teil noch sehr verschiedenen Bilanzierungsvorschriften wollen die europäischen und die amerikanischen Partner angleichen. Das macht die Risiken der Unternehmen vergleichbarer und transparenter.
Der Bundesfinanzminister sprach von einem deutlichen Signal, das von Pittsburgh ausgehen werde: vor allem an jene Marktteilnehmer, die darauf gehofft hätten, nach der Krise einfach so weitermachen zu können wie bisher. Jetzt stünden konkrete Zeitpläne, innerhalb derer die Risiken der systemrelevanten Banken begrenzt würden. "Die Staatengemeinschaft zieht hier an einem Strang", resümierte Steinbrück. Merkel sprach von einem klaren Bekenntnis dazu, Lehren aus der Krise zu ziehen.
Neue Rolle für die G20
Neben der Finanzmarktregulierung wollen sich die G20 künftig auch mit anderen drängenden wirtschaftlichen Fragen beschäftigen, die internationale Antworten erfordern. So geht es in Pittsburgh heute schon darum, die Ungleichgewichte im Welthandel zu beseitigen: vor allem die Defizite der ärmeren Länder gegenüber den Industriestaaten.
Um die Weltwirtschaft zu beleben, wollen die G20-Staaten darauf hinarbeiten, den Welthandel weiter zu liberalisieren. Die Welthandelsgespräche der so genannten Doha-Runde bei der Welthandelsorganisation (WTO) wollen sie Anfang des kommenden Jahres nach acht Jahren endlich zu einem Erfolg bringen. Zusammen stehen die G20-Staaten für 90 Prozent der weltweiten Wirtschaftskraft.
Wirtschaften mit Prinzipien
Die Basis der gemeinsamen Märkte soll künftig eine "Charta für nachhaltiges Wirtschaften" bilden. Die von der Bundeskanzlerin angestoßene Idee findet in Pittsburgh breite Zustimmung. Die Charta soll unter dem Dach der Vereinten Nationen Nachhaltigkeit als Grundprinzip der Weltwirtschaft verankern.
Bereits am Donnerstag waren Merkel und Steinbrück in Pittsburgh am Rande des Treffens mit internationalen Gewerkschaftsvertretern zusammengekommen, darunter auch DGB-Chef Michael Sommer. Dabei hatten beide betont, dass die sozialen Konsequenzen der Krise und ihre Abfederung im Kreise der G20 sehr wichtig genommen würden. In Deutschland zum Beispiel bei der Ausgestaltung der Konjunkturpakete mit Kurzarbeitergeld und Umweltprämie.
Auf Betreiben der Bundesregierung treffen sich, wie bisher schon die Finanzminister, künftig auch die Arbeitsminister der G20-Regierungen, um ihre Politik abzustimmen: noch ein Stück Verantwortung mehr für die neue Gemeinschaft der großen 20.
Zur Gruppe der G20 gehören die 19 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer und die Europäische Union. Gegründet hat sie sich 1999. Die G20 ist ein informelles Forum, das in Fragen des internationalen Finanzsystems miteinander kooperiert. Das nächste Treffen findet am 24. und 25. September in Pittsburgh statt. (Deutsche Bundesregierung: ra)
Infos zum Thema (Externe Links)
Ergebnisse des Weltfinanzgipfels vom April 2009
Januar: Merkel fordert beim Weltwirtschaftsforum Charta für nachhaltiges Wirtschaften
"Finanzmarktregulierung muss zentrales Thema bleiben"
Pressestatement von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesminister Peer Steinbrück und Michael Sommer in Pittsburgh
EU reist einig nach Pittsburgh
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