Schutz der Daten von steigender Bedeutung
Peter Schaar: "Modernisierung des Datenschutzrechts und das Ausführungsgesetz zum Datenschutz-Audit müssen endlich in Angriff genommen werden"
Tätigkeitsbericht für den Zeitraum 2005/2006 vorgelegt – Schaar moniert, dass der gestiegenen Arbeitsaufwand nicht durch Personalzuwachs abgedeckt werde
(27.04.07) - Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, hat Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert, den 21. Tätigkeitsbericht für den Zeitraum 2005/2006 überreicht. "Für den Datenschutz hat die Arbeit deutlich zugenommen. Der Bericht dokumentiert eine Vielzahl von Aktivitäten und Problemstellungen, von denen nur ein kleiner Teil von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Dass für die Bürgerinnen und Bürger der Schutz ihrer Daten von steigender Bedeutung ist, zeigt sich etwa an den Eingaben, deren Zahl sich gegenüber der letzten Berichtsperiode um mehr als 28 Prozent auf 5516 erhöht hat", sagte Peter Schaar.
Etliche bei Informations- und Kontrollbesuchen festgestellte datenschutzrechtliche Mängel konnten abgestellt werden. In sechs besonders gravierenden Fällen sprach der Bundesbeauftragte allerdings formelle Beanstandungen aus. Einen unverändert großen Raum in der Arbeit des Amtes nahm die Beratung der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages, insbesondere im Rahmen der Begleitung zahlreicher Gesetzgebungsvorhaben und IT-Projekte mit Datenschutzbezug, ein. Schaar sagte: "Mit dem am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Informationsfreiheitsgesetz (IFG) wurden mir neue Aufgaben zugewiesen, die meine Dienststelle erheblich in Anspruch nehmen, ohne dass die hierfür erforderlichen neuen Stellen geschaffen wurden."
Warnung vor "elektronischem Exhibitionismus" - Schaar wirft Politik Versäumnisse beim Datenschutz vor
Zur Lage des Datenschutzes merkt Schaar generell an: "Eine der wichtigsten Aufgaben des demokratischen Rechtsstaates ist es, die Freiheitsrechte seiner Bürger zu schützen. In der modernen Informationsgesellschaft ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein elementares Bürgerrecht, dessen Bedeutung vor allem angesichts des technologischen Fortschritts ständig zunimmt. Immer mehr personenbezogene Daten werden in immer mehr Lebensbereichen erfasst. Das Datenschutzrecht hat jedoch nicht mit dieser Entwicklung Schritt gehalten. Leider hat es die Bundesregierung in den letzten Jahren versäumt, hier initiativ zu werden. So stehen gesetzliche Regelungen zu Genomanalysen und zum Arbeitnehmerdatenschutz seit langem aus. Auch die dringend erforderliche Modernisierung des Datenschutzrechts und das Ausführungsgesetz zum Datenschutz-Audit müssen endlich in Angriff genommen werden.
Umgekehrt wurde der Datenschutz zu Gunsten der Inneren Sicherheit immer mehr eingeschränkt. Das Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Terror und Kriminalität und dem Schutz ihrer Freiheit droht aus dem Lot zu geraten. Der Staat muss das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung wieder stärker unter seinen Schutz stellen."
Stichworte aus dem Tätigkeitsbericht:
>> Die Gesetze zur Terrorismusbekämpfung brachten tiefe Einschnitte in den Datenschutz; das verfassungsrechtliche Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten wird in der Anti-Terror-Datei nicht gewährleistet
>> Im neuen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) in Berlin wurden schwerwiegende datenschutzrechtliche Verstöße festgestellt
>> Bei den neuen Befugnissen für die Sicherheitsbehörden wie Online-Durchsuchung von Computern, biometrische Daten in Reisepässen, Mautdaten und die Vorratsdatenspeicherung konnten verfassungsrechtliche Bedenken nicht ausgeräumt werden
>> Das geltende Datenschutzrecht bleibt weit hinter der technischen Entwicklung zurück; eine grundlegende Reform ist nicht eingeleitet worden, obwohl hier ein erhebliches Potenzial für Verwaltungsmodernisierung, Entbürokratisierung und Stärkung von Bürger- und Verbraucherrechten festzustellen ist
>> Heimliche Gentests müssen ebenso verhindert werden wie die missbräuchliche Nutzung genetischer Informationen im Arbeitsleben oder im Versichertenverhältnis
>> Die seit 1. April 2005 durchgeführte staatliche Kontenabfrage durch Finanzämter und andere Behörden bleibt Gegenstand von Kontroversen; über die Verfassungsbeschwerden ist noch nicht entschieden worden. Schaar: "Die Kontenabfrage darf nicht zu einer Standardmaßnahme werden"
>> Die Einführung einer "Identifikationsnummer für steuerliche Zwecke" ab 2008 wird kritisch gesehen
>> Bei den im Handel gebräuchlichen RFID-Chips muss sichergestellt werden, dass das Verhalten von Personen nicht heimlich überwacht oder registriert wird. Um den Daten- und Verbraucherschutz sicherzustellen, müssen die RFID nach der Zahlung an der Kasse deaktiviert werden
>> Problematisch sieht der Datenschutzbeauftragte die generelle Speicherung personenbezogener Daten ausländischer Unionsbürger im Ausländerzentralregister (AZR), die nach einem Gesetzentwurf zur Umsetzung von EU-Recht künftig auch Lichtbilder umfassen soll. In der generellen Speicherung von Daten ausländischer Unionsbürger sieht Schaar zudem einen Verstoß gegen das Europarecht. Er geht davon aus, dass die Europäische Kommission Deutschland in dieser Sache vor dem EuGH verklagen wird
>> Datenschutzrechtlich schwierig bleibt die international gehandhabte Übermittlung von Fluggastdaten an US-Behörden und deren Zugang zu den Zahlungsverkehrsdaten von SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication), um sie im Rahmen der Bekämpfung des Terrorismus auszuwerten.
Die deutschen und europäischen Datenschutzgremien haben die Praxis von SWIFT für unzulässig erklärt und sowohl SWIFT als auch die Banken aufgefordert, die Datenschutzmängel abzustellen.
(Stadt Bonn: ra)
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