
Atomkraft blockiere Energiewende
Ein häufiges An- und Abschalten der Atomkraftmeiler ist mit einem erhöhten Sicherheitsrisiko verbunden
Betreiber im Ernstfall nur höchst unzureichend versichert - Den Großteil der Kosten eines Unfalls tragte die Allgemeinheit: "Während die Gewinne den Unternehmen zufließen, werden Risiken sozialisiert"
(05.11.10) - Längere Laufzeiten von Atomkraftwerken bringen keine Preisvorteile für Verbraucher, blockieren Modernisierungen und bergen Risiken für die Allgemeinheit. Das kritisiert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Deutschen Naturschutzring (DNR) und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). "Atomkraft ist keine Brücke, sondern eine Sackgasse", erklärte vzbv-Vorstand Gerd Billen.
Verbraucher hätten einen Bedarf nach sicherer, sauberer und bezahlbarer Energie. Vor dem Hintergrund des Klimawandels, knapper und teurer werdender fossiler Energiequellen und der Abhängigkeit von Förderländern sei ein schneller Umstieg auf erneuerbare Energien unumgänglich. "Die Politik muss Maßnahmen ergreifen, die wirtschaftlich und effizient sind, damit Strom für Verbraucher auch künftig bezahlbar bleibt", erklärt Billen. Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke blockieren die nötige Energiewende aus verschiedenen Gründen.
Schwankende Strommengen
Alleine in Deutschland solle der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch von derzeit 16 auf 50 Prozent im Jahr 2030 steigen. Dies sehe das Energiekonzept der Bundesregierung vor. Weil die Strommengen bei erneuerbaren Energien stark schwanken, brauche es in Zukunft vermehrt flexible Kraftwerke, um Spannungsabfälle im Netz zu vermeiden. Zugleich müssten ausreichend Speicherkapazitäten vorhanden sein, wenn das Angebot größer als die Nachfrage ist. Beides würden Atomkraftwerke nicht gewährleisten. Ein häufiges An- und Abschalten der Meiler sei mit einem erhöhten Sicherheitsrisiko verbunden.
Risiko trage die Allgemeinheit
Zudem seien die Betreiber im Ernstfall nur höchst unzureichend versichert. Den Großteil der Kosten eines Unfalls trage die Allgemeinheit. Diese schätze das Bundesumweltministerium auf rund fünf Billionen Euro. Zur Schadensregulierung stünden pro Kraftwerk jedoch nur 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung.
Im unmittelbar betroffenen Umkreis der Kraftwerke leben im Schnitt rund eine Million Menschen, die evakuiert werden müssten. Jeder Geschädigte erhielte von den Kraftwerksbetreibern also maximal 2.500 Euro. Eine Individualversicherung für Verbraucher gebe es wegen der enormen Schadenshöhe nicht. "Während die Gewinne den Unternehmen zufließen, werden Risiken sozialisiert", kritisiert Billen.
Kein Preissenkungseffekt für Verbraucher
Einen nennenswerten Preissenkungseffekt für Verbraucher hätten Laufzeitverlängerungen nicht. Zwar würden die abgeschriebenen Atomkraftwerke konkurrenzlos günstigen Strom erzeugen. Dieser Kostenvorteil komme wegen der Preisbildungsmechanismen an der Strombörse bei den Verbrauchern allerdings nicht an. Er bleibe als Zusatzgewinn bei den Betreibern. Denn an der Börse finde keine Mischkalkulation statt. Den Strompreis bestimme dort das teuerste Kraftwerk (Merit-Order-Effekt).
Hintergrundinformation
vzbv-Stellungnahme zum Energiekonzept der Bundesregierung - 27. September 2010
(Verbraucherzentrale Bundesverband: ra)
Verbraucherzentrale Bundesverband: Steckbrief

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