Analyse "Aufsichtsratsvergütung DAX 2012"


Corporate Governance: Höhere Festvergütung und mehr Aktien für Aufsichtsräte
Die Vergütung der Aufsichtsratsvorsitzenden in DAX-Unternehmen steigt 2012 um rund zehn Prozent

(11.06.13) - Nach einem Plus von rund neun Prozent in 2011 ist die Vergütung der Aufsichtsratsvorsitzenden in den führenden börsennotierten Unternehmen Deutschlands (DAX-Unternehmen) im Geschäftsjahr 2012 mit rund zehn Prozent erneut deutlich gestiegen. Die durchschnittliche Gesamtvergütung für einen DAX-Aufsichtsratsvorsitzenden beläuft sich damit auf rund 347.000 Euro. Der neuerliche Anstieg steht im Gegensatz zu den Entwicklungen bei den DAX-Vorstandsvorsitzenden, deren Direktvergütung im zurückliegenden Geschäftsjahr stagnierte (-0,5 Prozent).

Die Spitze in der aktuellen Vergütungsrangreihe besetzt 2012 der Aufsichtsratsvorsitzende von Volkswagen mit rund 1,1 Mio. Euro Gesamtvergütung. Dieser Wert bedeutet im internationalen Vergleich der Unternehmenskontrolleure Platz sechs. Wie schon 2011 ist Henkel das einzige DAX-Unternehmen, in dem der Aufsichtsratsvorsitz von einer Frau ausgeübt wird. Die Bezüge von Simone Bagel-Trah für ihre Tätigkeit als Vorsitzende des Aufsichts- und Gesellschafterrats in Höhe von rund 584.000 Euro entsprechen Rang drei im DAX und Platz 24 im internationalen Vergleich.

Hintergrund der aktuellen Entwicklungen bei den Aufsichtsratsvergütungen sind deutlich gestiegene Festbezüge sowie ein zunehmender Anteil aktienbasierter Vergütungskomponenten. Dagegen verliert die einjährige variable Vergütung weiter an Bedeutung. Grundsätzlich bilden die Vergütungserhöhungen die umfassenderen und komplexeren Anforderungen an den Aufsichtsrat ab. Dieser Fakt kommt auch in einer verstärkten Differenzierung der Vergütung des Vorsitzenden, seines Stellvertreters und der Ordentlichen Mitglieder im Aufsichtsrat zum Ausdruck.

Im Rahmen der aktuellen Hauptversammlungssaison regeln acht Unternehmen ihre Aufsichtsratsvergütung neu: Deutsche Post, Deutsche Telekom, Merck und Münchener Rück stellen ihre Systeme auf eine reine Festvergütung um. BMW hat die kurzfristige variable Vergütung durch eine mehrjährige ersetzt. Nach Bayer und Lanxess führen mit RWE und Linde zwei weitere Unternehmen eine freiwillige Selbstverpflichtung ihrer Aufsichtsräte zum Aktienbesitz ein. Die Deutsche Bank vergütet ihre Aufsichtsräte zukünftig zu einem Teil mit virtuellen Aktien. Zusätzlich setzt Lanxess auf die Aktienkursentwicklung als Bemessungsgrundlage im Rahmen der variablen Vergütung von Aufsichtsräten.

Dies sind Kernaussagen der Analyse "Aufsichtsratsvergütung DAX 2012" der Unternehmensberatung Hostettler, Kramarsch & Partner (hkp///). Die Studie stützt sich auf die aktuellen Geschäftsberichte der 30 DAX-Unternehmen sowie deren Unterlagen für die diesjährigen Hauptversammlungen.

"Nach Jahren einer weitgehend synchronen Entwicklung hat sich die Vergütung von Aufsichtsräten und Vorständen voneinander entkoppelt", erklärt hkp/// Managing Partner Michael H. Kramarsch. Neben der Zurückhaltung bei den Vorstandsbezügen sieht er dafür als zentrale Ursache die zunehmende Fokussierung auf die Festvergütung von Aufsichtsräten.

"Zwar wird dadurch die Kontrollfunktion gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten gestärkt, aber nachhaltiger Erfolg braucht Verantwortung, die sich auch in einer Performance-orientierten Vergütung niederschlägt". Der hkp/// Vergütungs- und Corporate Governance-Experte sieht vor diesem Hintergrund Aktien als wirkungsvolle Alternative: "Eine Vergütung in Aktien wie auch die Verpflichtung zum Aktienbesitz für Aufsichtsräte dient der langfristigen Erfolgsorientierung der Aufsichtsratstätigkeit und bildet die Interessen von Unternehmen und Aktionären gleichermaßen ab", so Kramarsch.

Vergütungshöhen 2012: Die Schere öffnet sich weiter
Im Geschäftsjahr 2012 betragen die durchschnittlichen Vergütungen eines (ganzjährig aktiven) DAX-Aufsichtsratsvorsitzenden rund 347.000 Euro, die eines Stellvertretenden Vorsitzenden auf 206.000 Euro und die eines Ordentlichen Aufsichtsratsmitglieds auf ca. 135.000 Euro. In den unterschiedlichen Höhen spiegelt sich die Empfehlung des Deutschen Corporate Governance Kodex nach einer funktionsspezifischen Differenzierung von Vergütungshöhen wider. So zahlen DAX-Unternehmen ihren Aufsichtsratsvorsitzenden im Durchschnitt das 2,4fache eines Ordentlichen Aufsichtsratsmitglieds, in der Spitze das 3,5fache.

Die Spitzengruppe im DAX-Vergütungsvergleich bilden die Chef-Kontrolleure von Volkswagen (1,1 Mio Euro), Siemens (608.000 Euro) und Henkel (584.000 Euro). Der Wert für Volkswagen manifestiert nach 2011 erneut einen Höchstwert. Noch nie ist ein Aufsichtsrat in Deutschland für ein einzelnes Mandat in dieser Dimension vergütet worden. Am unteren Ende der Vergütungsrangreihe finden sich die Aufsichtsratsvorsitzenden von Adidas (160.000 Euro) und HeidelbergCement (130.000 Euro).

Im Ergebnis dieser Entwicklung hat sich die Schere zwischen höchsten und geringsten Vergütungen von DAX-Aufsichtsratsvorsitzenden auf das rund 8,5fache geöffnet; 2010 lag sie noch beim Fünffachen.

Festvergütung versus variable Vergütung
In der Gesamtbetrachtung für die Jahre 2006 bis 2012 stiegen die Gesamtvergütungen der Aufsichtsratsvorsitzenden in den DAX-Unternehmen um durchschnittlich rund fünf Prozent pro Jahr. Ein Haupttreiber waren dabei die Anstiege in der Festvergütung, die im Geschäftsjahr 2012 rund 28 Prozent und auch schon in 2011 rund 12 Prozent betrugen. Ursache dieser deutlichen Vergütungssprünge sind vor allem strukturelle Veränderungen in den Systemen hin zur ausschließlichen Festvergütung von Aufsichtsräten. So setzen im Rahmen der aktuellen Hauptversammlungssaison neu Deutsche Post, Deutsche Telekom, Merck und Münchener Rück ausschließlichen auf eine reine Festvergütung ihrer Aufsichtsräte. Im letzten Jahr hatten bereits Deutsche Börse, Deutsche Lufthansa, Henkel und K+S diesen Schritt unternommen. Insgesamt sind es rund 43 Prozent der DAX-Unternehmen, die ab 2013 dem Prinzip der ausschließlichen Festvergütung von Aufsichtsräten folgen.

Dem gegenüber werden nach Umsetzung der aktuellen Hauptversammlungsbeschlüsse rund 57 Prozent der DAX-Unternehmen ihren Aufsichtsräten eine variable Vergütung gewähren, 2006 waren es noch 80 Prozent. Im Rahmen dieses Trends gewinnt jedoch - wie vom DCGK empfohlen - die langfristige variable Vergütung an Bedeutung. So setzen zukünftig rund 27 Prozent der DAX-Unternehmen auf eine mehrjährige variable Vergütungskomponente und rund sieben Prozent auf eine Kombination aus ein- und mehrjährigen variablen Vergütungen.

Die Aktie als neues starkes Vergütungselement
Im internationalen Rahmen schon länger Praxis, hatte Bayer im vergangenen Jahr als erstes DAX-Unternehmen seine Aufsichtsräte verpflichtet, einen nennenswerten Bestandteil ihrer Vergütung dauerhaft in Aktien des Unternehmens zu investieren und zu halten. Diesem Vorbild folgen nun RWE und Linde. Auch die Deutsche Bank setzt auf die Verknüpfung der Aufsichtsratsvergütung mit Aktien: Teile der Vergütung werden in virtuelle Aktien umgerechnet und erst verzögert auf Basis des dann aktuellen Kurses ausbezahlt.

"Die Entwicklung hin zu einer reinen Festvergütung gewichtet den Kontrollaspekt deutlich stärker als die über eine variable, Performance-orientierte Vergütung abgebildete strategische Entscheidungskomponente der Aufsichtsratstätigkeit", kritisiert hkp/// Managing Partner Michael H. Kramarsch. Er aber überzeugt, dass die Vergütung über Aktien bzw. die Selbstverpflichtung zum langfristigen Halten von Aktien als wirksames Korrektiv fungiert, insbesondere vor dem Hintergrund der Langfristigkeit von strategischen Entscheidungen im Aufsichtsrat.

Wettbewerbsfähig: DAX-Aufsichtsratsvergütung im internationalen Vergleich
Mit Blick auf die absoluten Vergütungshöhen zählen die Top-Werte für die Aufsichtsratsvorsitzenden im DAX zur internationalen Spitze. So liegen die Werte für die Aufsichtsratsvorsitzenden von Volkswagen, Siemens, Henkel und BMW und BASF unter den 30 höchsten internationalen Vergütungen für Unternehmenskontrolleure.

Aufgrund der starken Spreizung von höchsten und geringsten Vergütungswerten im DAX liegt der deutsche Durchschnittswert in Höhe von 347.000 Euro deutlich unter dem Durchschnitt der STOXX-Unternehmen (1,05 Mio Euro, STOXX Europe 50 und Euro STOXX 50), allerdings noch über dem Vergleichswert für die Unternehmen im Dow Jones Industrial (272.000 Euro).

Frau Dr. Simone Bragel-Trah, Aufsichtsratsvorsitzende von Henkel und einzige Chef-Kontrolleurin im DAX, ist auch international unter den Top-30-Verdienern zu finden: 2012 auf Rang 24. Unter den Chef-Kontrolleurinnen in den STOXX- und Dow Jones Industrial-Unternehmen ist sie die bestbezahlte Aufsichtsrätin.
(Hostettler, Kramarsch & Partner: ra)

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