Nokia und deutsche Subventionspolitik


Letzte Bindungsfrist für Nokia-Förderung lief 2006 ab - Eine Verschärfung der Förderregeln dürfe nicht dazu führen, dass Deutschland einseitig einen Nachteil im internationalen Wettbewerb erleide
Vor dem Hintergrund der großen regionalen Betroffenheit werde mit den Ländern darüber zu diskutieren sein, ob nationale Förderregeln angepasst werden müssen


(27.02.08) - Im Fall des von Schließung bedrohten Nokia-Werks in Bochum sind die Bindungsfristen für die beiden letzten Fördermaßnahmen zugunsten von Nokia am 31. Dezember 2005 und am 15. September 2006 abgelaufen. Dabei handele es sich um eine Förderung im Rahmen der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GA), wie aus der Antwort der Bundesregierung (16/8087) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (16/7893) hervorgeht.

Die in der GA vorgesehene Bindungsfrist von fünf Jahren für den Verbleib der geförderten Investitionsgüter am Standort Bochum wäre danach jeweils eingehalten worden, so die Regierung. Allerdings sei das Land Nordrhein-Westfalen bei der Überprüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die mit der Förderung verbundenen Arbeitsplatzziele seit dem Jahr 2002 nicht voll erfüllt worden seien. Das Land habe mit Schreiben vom 5. Februar dieses Jahres über die NRW-Bank gegenüber Nokia die Absicht geäußert, die Investitionszuschüsse für beide Fördermaßnahmen in voller Höhe von rund 41 Millionen Euro zuzüglich Zinsen zurückzufordern.

Dem Unternehmen sei eine Frist von einer Woche zur Stellungnahme eingeräumt worden. Die GA-Förderung habe sich auf die Übernahme eines von Stilllegung bedrohten Fernsehgerätewerks durch Nokia im Jahre 1988 sowie vier Erweiterungsmaßnahmen zwischen 1994 und 1999 bezogen. Nach Angaben des Landes habe für alle Fördermaßnahmen einheitlich die fünfjährige Bindungsfrist gegolten.

Vor dem Hintergrund der großen regionalen Betroffenheit werde mit den Ländern darüber zu diskutieren sein, so die Regierung weiter, ob nationale Förderregeln angepasst werden müssen. Eine Verschärfung der Förderregeln dürfe jedoch nicht dazu führen, dass Deutschland einseitig einen Nachteil im internationalen Wettbewerb erleide.

Vorbemerkung der Fragesteller
Mit Subventionen, finanziellen Hilfen ohne direkte, unmittelbare Gegenleistung, an Unternehmen sollen ein wirtschaftliches Verhalten gefördert, die Anpassung an eine veränderte Wirtschaftslage erleichtert oder auch bestimmte Wirtschaftsbereiche erhalten werden.
Nach dem 21. Subventionsbericht des Bundes beliefen sich die Subventionen auf 57,4 Mrd. Euro im Jahr 2006. Davon entfielen 28,4 Mrd. Euro auf Steuervergünstigungen und rund 29 Mrd. Euro auf Finanzhilfen.
Subventionen sind aber in der Sozialen Marktwirtschaft kritisch zu betrachten, da sie das Marktgeschehen verzerren. Subventionen belasten den Staatshaushalt und können eine Subventionsmentalität auf Seiten der unterstützten Unternehmen entwickeln. Hinzu kommt, dass auch für nicht subventionierte Unternehmen, für Wirtschaftsverbände und für Arbeitgeberorganisationen Anreize geschaffen werden, ihre Anstrengungen auf die Erzielung staatlicher Hilfen zu richten. Ferner ist das System der deutschen und europäischen Subventionsvergabe durch kein hohes Maß an Transparenz gekennzeichnet.

Vorbemerkung der Bundesregierung
Im Mittelpunkt der finanz- und wirtschaftspolitischen Strategie der Bundesregierung stehen die Konsolidierung der Staatsfinanzen und die Förderung von Wachstum und Beschäftigung. Dazu gehört auch der Subventionsabbau, denn in der Marktwirtschaft sollten der Arbeits- und Kapitaleinsatz auf der Grundlage von Markt und Wettbewerb und nach den Verbraucherpräferenzen erfolgen. Dennoch können Subventionen durch Anreize oder Starthilfen den Markteintritt neuer Anbieter fördern, zukünftige Entwicklungen und ihre Marktumsetzung beschleunigen oder aus dem internationalen Umfeld kommende Wettbewerbsverzerrungen ausgleichen und einen notwendigen Strukturwandel erleichtern. Darüber hinaus sind sie ein wichtiges Instrument zum Abbau regionaler Disparitäten. Nicht zuletzt werden Subventionen seit einigen Jahren ver- stärkt auch aus umweltpolitischen Gründen eingesetzt. Wenn Subventionen beim Aufbau neuer Märkte Anreize und Impulse geben, auftretende Startschwierigkeiten abmildern und Unternehmensgründungen vereinfachen, können sie wirtschafts- und wettbewerbspolitisch sinnvoll sein.

Subventionen bedürfen jedoch stets einer besonderen Rechtfertigung und einer regelmäßigen Erfolgskontrolle. Sie sollten ferner begrenzt, befristet und degressiv gestaltet werden, was den Grundsätzen der Subventionsgewährung entspricht. Denn die Begünstigung Einzelner zu Lasten der Allgemeinheit auf Dauer hat in der Regel schädliche Folgen: Für Subventionen eingesetzten Mittel werden anderen Verwendungen – z. B. in Form zusätzlicher privater Nachfrage bei entsprechend reduzierten Steuersätzen – entzogen. Die Subventionierung kann durch die dauerhafte Veränderung der relativen Preise gesamtwirtschaftliche Verzerrungen nach sich ziehen und Fehlallokationen der Ressourcen verursachen. Wettbewerbsfähige Unternehmen können durch subventionierte Unternehmen verdrängt werden. Auch droht die Gefahr einer sich verfestigenden Subventionsmentalität mit der Folge, dass notwendige Anpassungen unterbleiben und die Eigeninitiative zur Überwindung von strukturellen Anpassungsproblemen zurückgeht.

Ein verzögerter Strukturwandel sowie die Beeinträchtigung von wirtschaftlichem Wachstum und Beschäftigung sind dann die Folge. Die Begünstigung Einzelner aus öffentlichen Mitteln zur Erfüllung gesamtgesellschaftlicher Ziele wird von den Bürgern vielfach als ungerecht wahrgenommen. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung für die Subventionspolitik Leitlinien beschlossen, die der Erhöhung der Transparenz, des Rechtfertigungsdrucks und der Steuerungsmöglichkeiten im Subventionswesen dienen. Sie sind als Selbstbindung der Bundesregierung für die von ihr zu verantwortenden Maßnahmen zu verstehen. Die Leitlinien sind im Subventionsbericht (Bundestagsdrucksache 16/6275, S. 9) veröffentlicht.

1. Wie groß war bzw. ist der (geplante) Umfang von Subventionszahlungen im Bundeshaushalt für 2006, 2007 und 2008, unterteilt in Steuerbegünstigungen und Finanzhilfen?
Die Finanzhilfen aus dem Bundeshaushalt und die geschätzten Steuervergünstigungen des Bundes haben im Zeitraum 2006 bis 2008 folgende Höhe:
Finanzhilfen des Bundes: 2006: 5.719 Mio Euro; 2007: 5.795 Mio Euro; 2008: 5.635 Mio Euro
Steuervergünstigungen des Bundes: 2006: 17.299 Mio Euro; 2007: 16.648 Mio Euro, 2008: 15.798 Mio Euro
Insgesamt: 2006: 23.018 Mio Euro; 2007: 22.443 Mio Euro; 2008: 21.451 Mio Euro
Angaben zu den Finanzhilfen auf Grundlage der Ist-Ergebnisse für das Jahr 2006 sowie Soll-Ansätze für die Jahre 2007 und 2008.

2. Wie beurteilt die Bundesregierung die aktuelle Diskussion über die Subventionszahlungen nach Ankündigung der Verlegung des Nokiawerkes aus Bochum nach Rumänien?
Die aktuelle Diskussion über die Subventionszahlungen für das Nokiawerk in Bochum ist vor allem der aus Sicht der Betroffenen plötzlichen Entscheidung des Unternehmens geschuldet, das Werk nach Rumänien zu verlagern und den Standort in Bochum zu schließen. Von der Ankündigung wurde nicht nur die Bundesregierung überrascht, sondern auch die Landesregierung in Nordrhein- Westfalen und insbesondere die in ihrer Existenz unmittelbar betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Diskussion und die übliche fachliche Überprüfung der Verwendung der geleisteten GA-Fördermittel durch das Land dürfen insgesamt aber nicht den Blick dafür verstellen, dass sich die regionale Investitionsförderung grundsätzlich als ein Instrument bewährt hat, um regionale Standortnachteile auszugleichen und strukturschwache Regionen bei der Bewältigung des Strukturwandels wirksam zu unterstützen. Davon hat auch Deutschland in der Vergangenheit bis heute stark profitiert. Beispielhaft sei nur auf den schwierigen Strukturwandel im Ruhrgebiet in den vergangenen Jahrzehnten verwiesen.

3. Aus welchen Programmen erhielt die Firma Nokia für das Bochumer Werk Beihilfen?
Das Land Nordrhein-Westfalen hat das Nokia-Werk Bochum aus der Bund- Länder-Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GA) im Rahmen des Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramms NRW in den Jahren 1988 bis 1999 mit Investitionszuschüssen in Höhe von rd. 60 Mio. Euro gefördert. Die Zuschüsse wurden entsprechend den Regeln der GA hälftig von Bund und Land getragen.
Die Bundesregierung gewährte Nokia zudem im Rahmen der Forschungsförderung FuE-Beihilfen in Höhe von ca. 10 Mio. Euro im Zeitraum 1997-2007 aus dem Haushalt des BMBF im Rahmen des Förderprogramms "IT 2006". Die Forschungsförderung des Bundes, soweit sie sich auch an die Wirtschaft richtet, hat zum Ziel, wissenschaftliche Erkenntnisse und technische Entwicklung zügig in neue Produkte und Dienstleistungen umzusetzen. Die im Rahmen des Förderprogramms "IT 2006" gewährten Zuwendungen an die Nokia GmbH fallen nicht unter den Begriff der Subvention.

4. Wie hoch waren die anteiligen Subventionen (Bund- und Landeshilfen) pro Arbeitsplatz und Jahr im Bochumer Nokiawerk, und wie bewertet die Bundesregierung diesen Betrag?
Für die Investitionsförderung aus der GA ist zunächst grundsätzlich anzumerken, dass der GA-Rahmenplan feste Obergrenzen für die mögliche Fördersumme in Relation zu geschaffenen bzw. gesicherten Dauerarbeitsplätzen vorschreibt. Diese sind im Zeitablauf angepasst worden. Nach aktuell geltenden GA-Regeln kommt die Investitionshilfe nur für den Teil der Investitionskosten in Betracht, der je geschaffenem Dauerarbeitsplatz 500 000 Euro oder je gesichertem Dauerarbeitsplatz 250 000 Euro nicht übersteigt. Ziel der Regelung ist, bei besonders kapitalintensiven und weniger arbeitsplatzschaffenden Investitionen die Förderhöhe zu begrenzen.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat versichert, dass diese Höchstgrenzen bei der Berechnung der GA-Zuschüsse nicht überschritten wurden. Die insgesamt fünf einzelnen Förderphasen sind dabei gesondert zu betrachten. Da das Verfahren im Zusammenhang mit einer eventuellen Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen durch das Land Nordrhein-Westfalen noch andauert, können genaue Angaben hierzu derzeit nicht gemacht werden.

5. Wie hoch sind die anteiligen Subventionen pro Arbeitsplatz und Jahr nach Branchen geordnet die pro Jahr in der Bundesrepublik Deutschland durch den Staat gezahlt werden?
Eine Aufteilung der Steuervergünstigungen und Finanzhilfen auf Branchen ist in vielen Fällen nicht möglich. Ein Großteil der Subventionen wird branchenübergreifend zur Verfügung gestellt, wenn beispielsweise umwelt- oder verteilungspolitische Ziele verfolgt werden. Eine entsprechende Statistik, die branchenbezogen Subventionszahlungen pro Arbeitsplatz ausweist, liegt daher nicht vor.

6. Gibt es einen Maximalbetrag den die Bundesregierung bereit ist pro Arbeitsplatz an Subventionen zu zahlen, und wenn ja, wie wird dieser ermittelt, und wie hoch ist dieser?
Bei einem Teil der Subventionen ist die Schaffung von Arbeitsplätzen nicht der alleinige oder vorrangige Grund der Subventionsgewährung. So können beispielsweise umwelt- oder verteilungspolitische Ziele im Mittelpunkt stehen, bei deren Realisierung zwar mittelbar auch positive Rückwirkungen auf die Beschäftigung zu erwarten sind, die aber das Arbeitsplatz-Kriterium nicht zur Voraussetzung der Förderung machen. Die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GA) als Maßnahme der regionalen Wirtschaftsförderung dient demgegenüber der Schaffung und dem Erhalt von Arbeitsplätzen in wirtschaftlich benachteiligten Regionen. Hier knüpft die Förderung unmittelbar an die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen an. Vgl. dazu Antwort zu Frage 4.

7. Wenn es keinen Maximalbetrag an Subventionszahlungen pro Arbeitsplatz gibt, wie ermittelt die Bundesregierung dann die für sie optimale Höhe der Subventionszahlungen?
Auf die Antworten zu den Fragen 4 und 6 wird hingewiesen.

8. Welche Ziele hat die Bundesregierung mit den Subventionszahlungen an das Bochumer Nokiawerk verfolgt, und wie wurden diese Ziele in den vergangenen Jahren überprüft?
Generell verfolgen Bund und Länder mit der GA das Ziel, strukturschwachen und vom Strukturwandel besonders betroffenen Regionen durch die Förderung von Investitionen im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe bei der Überwindung von Strukturproblemen zu helfen, die wirtschaftliche Entwicklung in diesen Regionen zu fördern und damit letztlich dauerhaft wettbewerbsfähige Arbeitsplätze zu sichern bzw. neue zu schaffen. Dabei liegt – so auch im Fall Nokia – die Durchführung der GA-Förderung im Rahmen des gemeinsam von Bund und Ländern festgelegten Regelwerks grundsätzlich in der alleinigen Zuständigkeit der Länder. Dazu gehören die Auswahl der Förderprojekte und die Bestimmung der Förderhöhe im Rahmen der beihilferechtlich möglichen Förderobergrenzen ebenso wie die Kontrolle darüber, ob die Mittel korrekt eingesetzt und die Bindungsfristen einschließlich der Arbeitsplatzzusage eingehalten wurden. Entsprechend wurden auf Basis des im GA-Rahmenplan zwischen Bund und Ländern gemeinsam festgelegten Regelwerks die Förderentscheidungen zugunsten von Nokia eigenständig durch das Land Nordrhein-Westfalen getroffen und ist die Einhaltung der Fördervoraussetzungen durch dieses zu kontrollieren.

9. Wie bewertet die Bundesregierung den Erfolg der Subventionszahlungen im Hinblick auf den Erhalt von Arbeitsplätzen, sofern dies ein Ziel der Subventionszahlungen war?
Das wesentliche Ziel der Investitionsförderung im Rahmen der GA ist die Schaffung bzw. Sicherung von wettbewerbsfähigen Dauerarbeitsplätzen. Dafür gelten in der GA entsprechend den EU-Beihilfevorgaben Bindungsfristen für die geförderten Investitionsgüter und die damit verbundenen Arbeitsplatzziele. Im konkreten Fall Nokia sind nach Auskunft des Landes NRW die Bindungsfristen für die letzten beiden GA-Fördermaßnahmen von Nokia am 31. Dezember 2005 und am 15. September 2006 abgelaufen. Die in der GA vorgesehene Bindungsfrist von fünf Jahren für den Verbleib der geförderten Investitionsgüter am Standort wäre danach jeweils eingehalten worden. Allerdings ist das Land NRW bei der Überprüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die mit den o. g. Fördermaßnahmen verbundenen Arbeitsplatzziele seit 2002 nicht voll erfüllt worden sind. Das Land hat mit Schreiben vom 5. Februar 2008 über die NRW-Bank gegenüber dem Unternehmen Nokia die Absicht geäußert, die Investitionszuschüsse für beide Fördermaßnahmen in voller Höhe von rd. 41 Mio. Euro zuzüglich Zinsen zurückzufordern. Dem Unternehmen wurde eine Frist von einer Woche zur Stellungnahme eingeräumt.

10. Gab es im Fall des Bochumer Nokiawerkes eine Bindungsfrist für den Erhalt von Arbeitsplätzen von 5 Jahren, oder gab es eine andere Bindungsfrist für den Erhalt von Arbeitsplätzen?
Die GA-Fördermaßnahmen beziehen sich auf die Übernahme eines von Stilllegung bedrohten Fernsehgerätewerkes durch Nokia im Jahre 1988 sowie vier Erweiterungsmaßnahmen zwischen 1994 und 1999. Nach Auskunft des Landes galt für alle Fördermaßnahmen einheitlich die fünfjährige Bindungsfrist.

11. Hat die Bundesregierung zum jetzigen Zeitpunkt rechtliche Bedenken gegen die Subventionszahlungen und der trotzdem erfolgten Werkverlagerung?
Aufgrund der bei den Ländern liegenden Durchführungskompetenz für die GA-Förderung ist die Bundesregierung auch im Fall Nokia auf die Angaben des Landes angewiesen. Die Bundesregierung steht im laufenden Verfahren zur Überprüfung der Einhaltung der Fördervoraussetzungen in entsprechend engem Kontakt mit der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen.

12. Plant die Bundesregierung Konsequenzen aus den Subventionszahlungen im Fall Nokia zu ziehen, und wenn ja, welche?
Gerade auch vor dem Hintergrund der großen regionalen Betroffenheit wird gemeinsam mit den Ländern darüber zu diskutieren sein, ob ggf. Anpassungen bei den nationalen Förderregeln notwendig und sinnvoll sind. Dabei ist aus Sicht der Bundesregierung zu beachten, dass eine Verschärfung der nationalen Förderregeln jedenfalls nicht dazu führen darf, dass der Standort Deutschland einseitig einen Wettbewerbsnachteil im europäischen und weltweiten Wettbewerb erleidet.

13. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten, Jürgen Rüttgers: "Wir werden den betroffenen Menschen helfen, mit allen Mitteln, die wir haben", (ZDF-Morgenmagazin), und schließt sich die Bundesregierung diesem Versprechen an?
Es ist selbstverständlich, dass die Bundesregierung die Landesregierung darin unterstützt, den betroffenen Menschen zu helfen und für die Region eine Perspektive zu schaffen, soweit es in ihren Möglichkeiten steht. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Hartmut Schauerte, ist im Auftrag von Bundeswirtschaftsminister Glos entsprechend eng in die Gespräche der Landesregierung mit dem Unternehmen und den Beschäftigten einbezogen.

14. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident, Jürgen Rüttgers, will überprüfen, ob man geleistete Subventionszahlungen an Nokia zurückverlangen kann, plant die Bundesregierung diese Prüfungen ebenfalls?
Für die GA wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. Für die FuE-Zuwendungen prüft das BMBF, inwieweit die Nokia GmbH im Zusammenhang mit der Forschungsförderung ihren Verpflichtungen aus den Zuwendungsbescheiden, insbesondere ihren Verwertungspflichten nachgekommen ist. Dabei werden auch etwaige Rückzahlungsansprüche geprüft.

15. Wie definiert und gewichtet die Bundesregierung Ziele, die zu einer Einführung einer Subvention führen?
Die Leitlinien der Bundesregierung zur Subventionspolitik sehen vor, dass neue Subventionen nur gewährt werden, wenn sie sich gegenüber sonstigen Maßnahmen als das am besten geeignete, auch unter Kosten-Nutzen-Aspekten effiziente Instrument darstellen. Um eine Erfolgskontrolle zu ermöglichen, sind die Ziele der Finanzhilfen in möglichst konkreter Form festzuhalten.

16. Sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf bei der Überprüfung von Subventionszahlungen an Unternehmen?
Subventionen sollen grundsätzlich nicht zur dauerhaften Förderung von Wirtschaftszweigen eingesetzt werden, sondern bedürfen einer kontinuierlichen Überprüfung. Handlungsbedarf im Sinne einer systematischeren Evaluierung besteht sowohl bei den Finanzhilfen als auch bei den Steuervergünstigungen. Das Bundesministerium der Finanzen hat deshalb zwei Forschungsvorhaben an Konsortien unabhängiger Wirtschaftsforschungsinstitute und Wissenschaftler auch unter internationaler Beteiligung vergeben, um eine einheitliche Evaluierung sowohl von Förderprogrammen als auch der finanziell bedeutsamsten Steuervergünstigungen zu erreichen.

17. Nutzt die Bundesregierung für die Erfolgsfaktorenüberprüfung und -messung von Subventionszahlungen betriebswirtschaftliche Kennzahlenverfahren, und wenn ja, welche?
Die Finanzhilfen des Bundes werden ganz überwiegend intern von den jeweils federführend zuständigen Ressorts oder extern, z. B. von dafür geeigneten Instituten, evaluiert. Im Einzelnen gibt der 21. Subventionsbericht hierüber Auskunft. Die Verfahren zur Erfolgsprüfung sind auf die einzelnen Finanzhilfen zugeschnitten. In einem Gutachten "Wie erfolgreich sind Subventionen? Investitionsförderung auf dem Prüfstand" des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ist im Rahmen der GA ein Ansatz zur einzelbetrieblichen Erfolgskontrolle mit den Zielgrößen Zahl und Entwicklung der Arbeitsplätze, gezahlte Lohnsummen und Lohnstrukturen, Stabilität der Betriebe (Fortführungs- bzw. Stilllegungsraten) unternommen worden. Danach haben sich geförderte Betriebe grundsätzlich besser entwickelt als nicht geförderte Betriebe. Dies ist nach Kenntnis der Bundesregierung die einzige Untersuchung im Bereich Investitionsförderung für Unternehmen, bei der auf Basis von Daten der Sozialversicherung geförderte und nicht geförderte Betriebe verglichen wurden.

18. Greift die Bundesregierung in Prozesse von Subventionszahlungen innerhalb der Europäischen Union ein?
Die direkte Förderung von Unternehmen ist grundsätzlich eine Angelegenheit der jeweiligen Mitgliedstaaten, soweit diese es ordnungs- und regionalpolitisch für sinnvoll erachten und sich im Rahmen des europäischen Beihilfenrechts bewegen. Die Kontrolle der Einhaltung der europäischen Beihilferegelungen durch die EU-Mitgliedstaaten ist nach dem EG-Vertrag allein Aufgabe der EU-Kommission. Die Bundesregierung kann mittelbar Einfluss auf die Regeln zur nationalen Beihilfenvergabe nehmen. So kann sie bspw. ihre Position zu beihilferechtlichen Regelungen in den entsprechenden Konsultationsprozessen zwischen der EU-Kommission und den EU-Mitgliedstaaten einbringen.

19. Hält die Bundesregierung Änderungen in der Subventionspolitik der Europäischen Union auf europäischer Ebene für nötig, und wenn ja, welche?
Der EG-Vertrag verbietet in Artikel 87 ff. grundsätzlich Beihilfen in der gesamten Europäischen Union und stellt die Ausnahmen unter den Vorbehalt der Genehmigung durch die Europäische Kommission. Das EU-Beihilfenrecht stellt den umfassenden Rahmen für jede Unternehmensförderung unabhängig von der Finanzierungsquelle in der Europäischen Union dar. Im Laufe des vergangenen Jahrzehnts sind diese Ausnahmeregelungen für Subventionen erheblich verschärft worden und das Beihilfeniveau in der Europäischen Union hat insgesamt merklich abgenommen. Bei der Ausgestaltung der beihilferechtlichen Regelungen verfolgt die EU-Kommission das Ziel, einen angemessenen Ausgleich zwischen dem grundsätzlichen Beihilfeverbot des EG-Vertrages und der notwendigen Flexibilität für die im Vertrag genannten Ausnahmefälle zu wahren. So werden bspw. die Höchstfördersätze für die Förderung der regionalen Entwicklung in Abhängigkeit vom jeweiligen Wohlstand der betreffenden Gebiete gestaffelt und allmählich abgesenkt, Fördertatbestände und Mindestbindungsfristen von Investitionen sind teilweise sehr präzise vorgegeben und Vorhaben ab einem bestimmten Investitionsvolumen müssen vor einer Förderung von der EU-Kommission genehmigt werden. Die Bundesregierung hält diesen übergreifenden Rechtsrahmen und den Ansatz der EU-Kommission für grundsätzlich richtig und sieht keinen Bedarf für eine grundlegende Änderung.

20. Wie beurteilt die Bundesregierung Subventionszahlungen aus wettbewerbspolitischer Sicht?
Für die Bundesregierung sollten in der sozialen Marktwirtschaft grundsätzlich die Regeln des Marktes und eines leistungsgerechten Wettbewerbs gelten. Subventionen können durchaus ein Mittel sein, um Marktversagen und Standortnachteile für Unternehmen bzw. Regionen auszugleichen und auf diesem Wege Unternehmen bzw. Regionen im Standortwettbewerb zu stärken. Um einen Subventionswettlauf und Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, bedarf es dazu jedoch eines klaren Regelwerks. Die Subventionsgewährung ist an klaren Grundsätzen und Leitlinien ausgerichtet und unterliegt einer weitgehenden Erfolgskontrolle und Rechtfertigungspflicht. Hierzu wird auf den 21. Subventionsbericht der Bundesregierung vom August 2007 verwiesen. Innerhalb der Europäischen Union gibt es EU-weit einheitlich geltende Regeln im Rahmen des EU-Beihilfenrechts. Diese bilden zum Beispiel auch die Grundlage für die nationale Regionalförderung in Deutschland im Rahmen der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GA).

21. Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung, dass Subventionen immer zeitlich begrenzt, also befristet sein sollten?
Die Leitlinien der Bundesregierung zur Subventionspolitik sehen vor, dass Finanzhilfen nur noch befristet gewährt werden sollen. Die Befristung gibt dann zusätzlichen Anlass und Gelegenheit, regelmäßig die Art der Aufgabenerfüllung zu überprüfen.

22. Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung, dass Subventionen stetig zurückgeführt werden, also degressiv sein sollten?
Die Leitlinien der Bundesregierung zur Subventionspolitik sehen grundsätzlich eine degressive Gewährung der Finanzhilfen vor. Die Degression vermindert die Gefahr, dass eine anhaltende Abhängigkeit von Subventionen entsteht, die Eigeninitiative erlahmt und die Anreize für notwendige Anpassungen an strukturelle Veränderungen schwinden.

23. Wie bewertet die Bundesregierung die folgende Forderung: "Zeitnah muss offengelegt werden, wer, wie und wo gefördert wird, und nicht erst Monate später in irgendeinem Bericht. Dieser Bereich wäre die richtige Aufgabe für den neuen Anti-Bürokratie-Beauftragten der EU. Er könne daran arbeiten, dass jedermann künftig im Internet einfach und sofort überprüfen kann, ob Unternehmensverlagerungen durch EU-Subventionen angeschoben sind."?
Europarechtlich sind die EU-Mitgliedstaaten bereits seit Beginn der Förderperiode 2007–2013 verpflichtet, in elektronischer oder anderer Form ein Verzeichnis der Empfänger von EU-Strukturfondsmitteln, der geförderten Vorhaben und des Förderbetrages (EU-Beitrag und nationale öffentliche Kofinanzierung) zu veröffentlichen. Es steht den Mitgliedstaaten frei, diese Angaben bei jeder Bewilligung von Fördermitteln sofort in das Internet einzustellen. In Deutschland haben sich die für die Förderung unternehmerischer Investitionen aus dem Europäischen Fonds für Regionalentwicklung (EFRE) zuständigen Länder jedoch dafür entschieden, dass die Veröffentlichung erst im Rahmen der jährlichen Durchführungsberichte erfolgen soll. Diese werden i. d. R. im Internet veröffentlicht. Die ersten Durchführungsberichte für die neue Förderperiode müssen am 30. Juni 2008 vorgelegt werden. Die Bundesregierung hält diese Entscheidung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung für nachvollziehbar. (Deutsche Bundesregierung: Nokia: ra)

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