Mehr Kompetenzen staatliche Bankenaufsicht
HRE-Untersuchungsausschuss: Ex-Bankenpräsident Klaus-Peter Müller fordert mehr Staatsaufsicht
Müller kritisiert Regelungslücken auf europäischer Ebene - Ein Scheitern der HRE-Rettung hätte zu einem "GAU" für das Bankenwesen geführt
(20.08.09) - Aufgrund der Erfahrungen mit der internationalen Finanzkrise und dem Beinahekollaps der Hypo Real Estate (HRE), die mittlerweile mit rund 90 Milliarden Euro an öffentlichen Garantien gestützt werden muss, plädiert Klaus-Peter Müller, ehemaliger Präsident des Bundesverbands deutscher Banken, dafür, die staatliche Bankenaufsicht mit mehr Kompetenzen auszustatten. Vor dem Untersuchungsausschuss, der die Vorgänge um die HRE aufklären soll, erklärte er am Dienstag, die BaFin solle beispielsweise Fusionen von Instituten untersagen können. Auch solle die Aufsicht das Recht erhalten, die Geschäftsmodelle einzelner Banken zu prüfen und eventuell Auflagen zu verhängen.
Müller kritisierte zudem Regelungslücken auf europäischer Ebene: So habe der Prüfungsverband der deutschen Banken die irische HRE-Tochter Depfa, die einen großen Teil zum Geschäftsvolumen des Münchner Instituts beigetragen und deren Schieflage das Desaster der HRE wesentlich herbeigeführt hat, nicht kontrollieren können.
Laut dem Zeugen war dem Bankenverband bis zur Pleite von Lehman Brothers Mitte September 2008, die dann die HRE als Folge der Turbulenzen auf den Finanzmärkten in Refinanzierungsprobleme stürzte, nicht bekannt, dass die HRE in "ernsthafte Schwierigkeiten" geraten könnte. Müller schilderte den Abgeordneten das sogenannte "Bankenrettungswochenende" Ende September 2008, bei dem sich Regierung und Banken auf ein erstes 35-Milliarden-Euro-Paket für die HRE verständigten, als äußerst dramatisch. Zeitweise habe es nach einem Scheitern des Rettungsversuchs ausgesehen, was angesichts der nationalen und internationalen Bedeutung der HRE zu einem "GAU" für das Bankenwesen geführt hätte: "Dann wäre ein Tsunami über uns hinweg gerollt", sagte Müller.
Die von den Banken zu dem Hilfspaket beigesteuerten 8,5 Milliarden Euro waren aus Sicht des Zeugen "eigentlich jenseits der Schmerzgrenze". Man sei überrascht gewesen von der "Härte der Verhandlungen" seitens des Finanzstaatssekretärs Jörg Asmussen, der in der Schlussphase der Gespräche zugegen war. Die Haltung der Regierung beim ersten "Bankenrettungswochenende" sei "knüppelhart" gewesen. Müller widersprach dem Eindruck, die Banken hätten die Regierung "über den Tisch gezogen". Wie schon bei früheren Zeugenbefragungen wurde auch am Dienstag aus den Reihen der Opposition wieder entsprechende Kritik an der Verhandlungsstrategie der Regierung laut. Der seinerzeit amtierenden HRE-Spitze warf der Zeuge vor, ständig neue Zahlen über den Liquiditätsbedarf des Instituts präsentiert zu haben, weswegen das 35-Milliarden-Paket später um weitere 15 Milliarden Euro habe aufgestockt werden müssen.
Auf eine entsprechende Frage sagte der Ex-Bankenpräsident, es wäre gut, wenn die Aufsicht frühzeitig Rettungsszenarien für kriselnde Institute durchspielen würde. Hätte es bereits vor dem HRE-Desaster solche Stress-Szenarien gegeben, dann wäre die Lehman-Pleite mit den folgenden panikartigen Reaktionen an den Märkten aber sicher nicht durchgespielt worden, meinte Müller. Das habe man sich nicht vorstellen können.
Mehrere Oppositionsparlamentarier monierten, dass die Banken für die zur Rettung der HRE bereitgestellten Kredite Zinsen kassieren: Auf diese Weise profitierten die Institute auch noch von ihrer eigenen Rettung durch die Steuerzahler. Müller bezeichnete solche kritischen Fragen als "berechtigt". Die Gewinnmargen seien jedoch nur gering, man verdiene sich daran "nicht dumm und dämlich". Ursprünglich sei man zudem davon ausgegangen, dass alle Hilfsgelder von der HRE zurückgezahlt werden könnten, so dass dann auch die Steuerzahler nicht belastet worden wären. (Deutscher Bundestag: ra)
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