Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Der Schaffung der Kapitalmarktunion näher


Kapitalmarktunion: Kommission schlägt neue Maßnahmen zur Stärkung der europäischen Kapitalmärkte vor
Mit den Vorschlägen wird sichergestellt, dass Anleger besseren Zugang zu Unternehmens- und Handelsdaten haben



Die Europäische Kommission hat ein Maßnahmenpaket verabschiedet, um die Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten von Unternehmen in der gesamten EU zu verbessern und dafür zu sorgen, dass Europäerinnen und Europäer ihre Ersparnisse und Investitionen bestmöglich nutzen können. Ein Jahr nach dem Aktionsplan zur Kapitalmarktunion 2020 kommt die Kommission ihren Verpflichtungen nach und schlägt Maßnahmen zur Stärkung der europäischen Kapitalmärkte vor. Dies wird zur wirtschaftlichen Erholung Europas von der COVID-19-Krise sowie zum digitalen und grünen Wandel beitragen. Darüber hinaus hat die Kommission in einer Mitteilung dargelegt, welche Maßnahmen sie nächstes Jahr ergreifen wird, um den Markt anzukurbeln.

Mit den Vorschlägen wird sichergestellt, dass Anleger besseren Zugang zu Unternehmens- und Handelsdaten haben. Die Maßnahmen werden auch langfristige Investitionen fördern und den grenzüberschreitenden Verkauf von Investmentfonds erleichtern und sicherer machen. Insgesamt werden die Vorschläge die Unternehmen in der EU und die Anleger näher zusammenbringen, den Zugang der Unternehmen zu Finanzmitteln verbessern, die Investitionsmöglichkeiten für Kleinanleger ausweiten und die Kapitalmärkte in der EU weiter integrieren.

Das sind die angenommenen Legislativvorschläge:

Der einheitliche europäische Zugangspunkt (European Single Access Point – ESAP): Daten für Anleger nur einen Klick entfernt
Der ESAP wird eine zentrale Anlaufstelle für öffentliche Finanz- und nachhaltigkeitsbezogene Informationen über EU-Unternehmen und EU-Anlageprodukte bieten. Unternehmen sind dadurch sichtbarer für Anleger und können neue Finanzierungsquellen erschließen. Dies ist besonders wichtig für kleine Unternehmen auf kleinen Kapitalmärkten, da sie so leichter in das Blickfeld von Anlegern in der ganzen EU und weltweit geraten. Auch von Unternehmen veröffentlichte nachhaltigkeitsbezogene Informationen sind über den ESAP verfügbar, wodurch die Ziele des europäischen Grünen Deals unterstützt werden. Als gemeinsamer Datenraum ist der ESAP ein Eckpfeiler der Digitalstrategie der EU und der Strategie für ein digitales Finanzwesen.

Überarbeitung der Verordnung über europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF): Förderung langfristiger Investitionen, auch durch Kleinanleger
Mit der vorgelegten Überarbeitung wird die Attraktivität europäischer langfristiger Investmentfonds für Anleger erhöht und ihre Rolle als ergänzende Finanzierungsquelle für EU-Unternehmen gestärkt. Außerdem wird es Kleinanlegern erleichtert, in solche Investmentfonds zu investieren, insbesondere durch die Abschaffung der Mindestinvestitionsschwelle von 10.000 EUR bei gleichzeitiger Gewährleistung eines starken Anlegerschutzes. Da ELTIF so konzipiert sind, dass sie Finanzmittel in langfristige Investitionsvorhaben lenken, sind sie gut geeignet, um die Finanzierung des grünen und digitalen Wandels zu unterstützen.

Überarbeitung der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMD)
Die vorgelegten Änderungen werden die Effizienz und Integration des Marktes für alternative Investmentfonds verbessern. Mit dem Vorschlag werden die Vorschriften für Fonds, die Unternehmen Darlehen gewähren, harmonisiert. Dies wird die Kreditvergabe an die Realwirtschaft erleichtern und gleichzeitig den Anlegerschutz verbessern und die Finanzstabilität gewährleisten. Zudem werden in der überarbeiteten Fassung die Regeln für die Befugnisübertragung präzisiert. Die EU-Vorschriften über die Befugnisübertragung ermöglichen es Fondsverwaltern, Fachwissen aus Drittländern zu beschaffen. Die vorgelegte Überarbeitung wird sicherstellen, dass es einen angemessenen Informationsaustausch und eine angemessene Koordinierung zwischen den EU-Aufsichtsbehörden gibt, damit die Anleger und die Finanzstabilität besser geschützt sind.

Überarbeitung der Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente (MiFIR): Mehr Transparenz durch Einführung eines "europäischen konsolidierten Datentickers" für einen leichteren Zugang aller Anleger zu Handelsdaten

Die vorgeschlagenen Anpassungen der EU-Handelsregeln werden für mehr Transparenz auf den Kapitalmärkten sorgen. Ein "konsolidierter europäischer Datenticker" soll Anlegern Zugang zu fast in Echtzeit bereitgestellten Handelsdaten für Aktien, Anleihen und Derivate an allen Handelsplätzen in der EU verschaffen. Bisher ist dieser Zugang auf eine Handvoll professioneller Anleger beschränkt. Durch die vorgelegte Überarbeitung werden ferner die Wettbewerbsbedingungen für Börsen und Investmentbanken weiter angeglichen. Darüber hinaus wird die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Handelsplätzen in der EU gefördert, indem die Regel des offenen Zugangs abgeschafft wird.

Aufbauend auf den im Aktionsplan zur Kapitalmarktunion von 2020 angekündigten Maßnahmen wird die Kommission 2022 weitere Maßnahmen zur Kapitalmarktunion ergreifen, darunter die Unterbreitung eines Vorschlags zur Notierung, einen Rahmen für offenes Finanzwesen, eine Initiative zu Unternehmensinsolvenzen und einen Rahmen für finanzielle Allgemeinbildung.

Äußerungen aus dem Kollegium der Kommissionsmitglieder:
Valdis Dombrovskis, Exekutiv-Vizepräsident für eine Wirtschaft im Dienste der Menschen, erklärte: "Europa braucht dynamische und integrierte Kapitalmärkte, um die Realwirtschaft anzukurbeln und sich nach der COVID-19-Krise wieder zu erholen. Die Vorschläge bringen uns der Schaffung der Kapitalmarktunion einen wichtigen Schritt näher. Für das Wirtschaftswachstum in der EU ist dies von großer Bedeutung. Wir erreichen dies, indem wir den Zugang zu Unternehmens- und Handelsdaten verbessern und die Investitionen auf unsere Nachhaltigkeits- und Digitalprioritäten ausrichten. Der Schwerpunkt des vorgelegten Pakets liegt auf der Unterstützung kleiner Unternehmen auf kleinen Kapitalmärkten, damit sie leichter Finanzierungsquellen finden und Zugang zu ihnen erhalten. Zudem stärkt es die internationale Wettbewerbsfähigkeit der EU als Handelsstandort."

Die für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und die Kapitalmarktunion zuständige Kommissarin Mairead McGuinness ergänzte: "Die Kapitalmärkte spielen neben den Banken eine entscheidende Rolle bei der Finanzierung unserer Wirtschaft, aber wir brauchen größere Fortschritte, um die Kapitalmarktunion zu vollenden. Wir ergreifen Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen: Kapitalmärkte sollen transparenter, der Zugang zu Finanz- und nachhaltigkeitsbezogenen Daten einfacher und Anlageprodukte wie europäische langfristige Investmentfonds und andere alternative Investmentfonds attraktiver für Anleger und Fondsverwalter werden. Damit werden sie den Bedürfnissen von Unternehmen besser gerecht, die für den Ausbau ihrer Geschäftstätigkeit Finanzmittel benötigen, was für die wirtschaftliche Erholung und die Verwirklichung der Ziele des grünen und digitalen Wandels von entscheidender Bedeutung ist. Das ist noch nicht alles. Wir kündigen außerdem für das Jahr 2022 weitere ehrgeizige Initiativen zur Kapitalmarktunion in den Bereichen Zugang von Unternehmen zu öffentlichen Märkten, offene Finanzierung, Finanzbildung und Insolvenz an."

Weiteres Vorgehen
Alle Teile des Legislativpakets werden nun im Europäischen Parlament und im Rat erörtert. Da die Zeit drängt, ersuchen wir die beiden gesetzgebenden Organe, so bald wie möglich mit der Arbeit an diesen Vorschlägen zu beginnen.

Hintergrund
Die Kapitalmarktunion zielt darauf ab, in der gesamten EU einen echten Binnenmarkt für Kapital zu schaffen. Ziel ist es, dass Investitionen und Ersparnisse in sämtliche Mitgliedstaaten fließen, sodass sie Bürgerinnen und Bürgern, Anlegern und Unternehmen zugute kommen, unabhängig davon, wo in der Europäischen Union diese angesiedelt sind. Dies ist umso dringlicher angesichts der COVID-19-Krise und des Bedarfs an Finanzmitteln für die Unterstützung der Erholung, des nachhaltigen Wachstums und des zweifachen grünen und digitalen Wandels.

Die Vertiefung der Kapitalmarktunion ist ein komplexes Unterfangen und lässt sich nicht durch eine einzelne Maßnahme verwirklichen. Fortschritte sind daher in allen Bereichen notwendig, in denen es nach wie vor Hindernisse für den freien Kapitalverkehr gibt. Die vier angenommenen Legislativvorschläge sind ein wichtiger Schritt bei der Umsetzung des Aktionsplans der Kommission zur Kapitalmarktunion von 2020. Damit werden Probleme in einem breiten Spektrum von Kapitalmarktdienstleistungen angegangen und Beiträge zur Verwirklichung der Kernziele der Kapitalmarktunion geleistet.
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 05.12.21
Newsletterlauf: 17.02.22


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Durchsetzung des Kartellrechts

    Die Europäische Kommission hat die Evaluierungsergebnisse für die EU-Verordnungen, in denen die Verfahren für die Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften festgelegt sind (Verordnungen 1/2003 und 773/2004), in Form einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen veröffentlicht.

  • Halbleiterfertigungsanlage in Dresden

    Die Europäische Kommission hat eine 5 Mrd. EUR schwere deutsche Maßnahme zur Unterstützung der European Semiconductor Manufacturing Company ("ESMC") beim Bau und Betrieb eines Mikrochip-Werks in Dresden nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt.

  • Einfuhren von Elektrofahrzeugen

    Im Rahmen ihrer laufenden Antisubventionsuntersuchung hat die Europäische Kommission den interessierten Parteien heute den Entwurf ihrer Entscheidung zur Einführung endgültiger Ausgleichszölle auf die Einfuhren batteriebetriebener Elektrofahrzeuge aus China offengelegt.

  • Transparenz der Werbung

    Die EU-Kommission hat X von ihrer vorläufigen Auffassung in Kenntnis gesetzt, dass es in Bereichen im Zusammenhang mit "Dark Patterns", Transparenz der Werbung sowie Datenzugang für Forschende gegen das Gesetz über digitale Dienste (DSA) verstößt.

  • Lebensmittel-Lieferdiensten in Europa

    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Kartellverfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob Delivery Hero und Glovo durch Beteiligung an einem Kartell im Bereich der Online-Bestellung und -Lieferung von Mahlzeiten, Lebensmitteln und sonstigen Verbrauchergütern im Europäischen Wirtschaftsraum ("EWR") gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften verstoßen haben. Delivery Hero und Glovo zählen zu den größten Lebensmittel-Lieferdiensten in Europa. Delivery Hero hielt ab Juli 2018 eine Minderheitsbeteiligung an Glovo, bis es im Juli 2022 die alleinige Kontrolle über das Unternehmen erwarb.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen