Dosengemüse-Kartell beendet
Kartellrecht: EU-Kommission verhängt Geldbuße von 20 Mio. EUR gegen Conserve Italia wegen Beteiligung an Dosengemüse-Kartell
Conserve Italia und die anderen Kartellteilnehmer hatten über einen Zeitraum von mehr als 13 Jahren Preise festgesetzt, Marktanteile und Mengenkontingente vereinbart, Kunden und Märkte untereinander aufgeteilt, sensible Geschäftsinformationen ausgetauscht und ihre Antworten auf Ausschreibungen abgestimmt
Die Europäische Kommission hat gegen das Unternehmen Conserve Italia Soc. coop. agricola und dessen Tochtergesellschaft Conserves France S.A. (im Folgenden zusammen "Conserve Italia") wegen eines Verstoßes gegen das EU-Kartellrecht eine Geldbuße von insgesamt 20 000 000 EUR verhängt. Die Kommission hat festgestellt, dass Conserve Italia zusammen mit anderen Marktteilnehmern mehr als 13 Jahre lang ein Kartell betrieben hat, das sich auf die Lieferung bestimmter Arten von Dosengemüse an Lebensmittelhändler und Gastronomiebetriebe im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bezog.
Im September 2019 erließ die Kommission gegen die ebenfalls an dem Kartell beteiligten Unternehmen Bonduelle, Coroos und Groupe CECAB einen Vergleichsbeschluss. Conserve Italia hatte sich im Gegensatz zu den anderen drei Kartellbeteiligten gegen einen Vergleich mit der Kommission entschieden. Deshalb setzte die Kommission ihre Untersuchung gegen das Unternehmen nach dem normalen Kartellverfahren fort.
Die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission Margrethe Vestager erklärte: "Mit dem Beschluss bringen wir das Dosengemüse-Kartell zum Abschluss. Conserve Italia, der einzige Kartellteilnehmer, der sich gegen das Vergleichsverfahren entschieden hat, und andere Hersteller hatten den Markt untereinander aufgeteilt und die Preise für bestimmtes Dosengemüse in Europa festgesetzt. Dadurch wurde der Wettbewerb mehr als 13 Jahren lang beeinträchtigt, was zu höheren Preisen für die Verbraucher führte. Die Geldbuße, die wir gegen Conserve Italia verhängt haben, spiegelt die Schwere des wettbewerbswidrigen Verhaltens und die Bedeutung des Wettbewerbsrechts wider."
Conserve Italia und die anderen Kartellteilnehmer hatten über einen Zeitraum von mehr als 13 Jahren Preise festgesetzt, Marktanteile und Mengenkontingente vereinbart, Kunden und Märkte untereinander aufgeteilt, sensible Geschäftsinformationen ausgetauscht und ihre Antworten auf Ausschreibungen abgestimmt. Ziel der Kartellbeteiligten war es, ihre Marktposition zu halten bzw. zu stärken, die Verkaufspreise beizubehalten oder zu erhöhen, die Unsicherheiten in Bezug auf ihr künftiges Geschäftsverhalten zu verringern sowie Vermarktungs- und Handelsbedingungen zu ihrem Vorteil zu kontrollieren.
Die Zuwiderhandlung betraf den gesamten EWR, und Conserve Italia war vom 15. März 2000 bis zum 1. Oktober 2013 an dem Kartell beteiligt.
Die Untersuchung der Kommission ergab, dass es sich um eine fortgesetzte Zuwiderhandlung handelte, die drei separate Vereinbarungen umfasste:
>> eine Vereinbarung, die unter Handelsmarken verkauftes Dosengemüse wie grüne Bohnen, Erbsen, Erbsen mit Möhrchen und >> die Gemüsemischung Macédoine an Lebensmittelhändler im EWR betraf,
>> eine Vereinbarung, die den Verkauf von Handelsmarken-Dosenmais an Lebensmittelhändler im EWR betraf, und
>> eine Vereinbarung, die sowohl unter den eigenen Marken als auch unter Marken von Einzelhändlern verkauftes >> Dosengemüse an Lebensmittelhändler und Gastronomiebetriebe insbesondere in Frankreich betraf.
Conserve Italia war nur an den beiden erstgenannten Vereinbarungen beteiligt.
Geldbußen
Die Geldbußen wurden auf der Grundlage der Leitlinien der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 festgesetzt.
Ausschlaggebend für die Höhe der Geldbußen waren verschiedene Faktoren wie der Umsatz, den Conserve Italia mit den betreffenden Produkten im EWR erzielte, die Schwere der Zuwiderhandlung, die geografische Reichweite des Kartells und seine Dauer.
Die gegen Conserve Italia verhängte Geldbuße wurde im Rahmen der Kronzeugenregelung von 2006 aufgrund der Zusammenarbeit des Unternehmens mit der Kommission um 50 Prozent ermäßigt. Die Höhe der Ermäßigung richtete sich danach, zu welchem Zeitpunkt Conserve Italia seine Zusammenarbeit anbot und inwieweit die von ihm vorgelegten Beweismittel zum Nachweis des Kartells beitrugen.
Hintergrund
Nach Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 53 des EWR-Abkommens sind Kartelle und andere wettbewerbswidrige Verhaltensweisen verboten.
Die Untersuchung der Kommission zu diesem Fall begann mit unangekündigten Nachprüfungen im Oktober 2013. Im September 2019 erließ die Kommission einen Vergleichsbeschluss gegen drei Unternehmen, die ihre Beteiligung an dem betreffenden Kartell eingeräumt hatten: Bonduelle, Coroos und Groupe CECAB. Dabei verhängte die Kommission Geldbußen in Höhe von insgesamt 31.647.000 EUR. Das Untersuchungsverfahren zu Conserve Italia wurde als reguläres Kartellverfahren fortgesetzt.
Es handelt sich um den zweiten Kartellfall, der sich auf Lebensmittel in Konservendosen bezieht. Im Zusammenhang mit einem Pilzkonservenkartell hatte die Kommission im Juni 2014 Geldbußen in Höhe von insgesamt rund 32 Mio. EUR gegen Bonduelle, Lutèce und Prochamp und im April 2016 eine Geldbuße von 5,2 Mio. EUR gegen Riberebro verhängt.
Geldbußen für Unternehmen, die gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen, fließen in den Gesamthaushaltsplan der EU ein. Die Mittel sind nicht zweckgebunden und führen dazu, dass die Beiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt für das Folgejahr entsprechend gekürzt werden. Somit tragen die Geldbußen zur Finanzierung der EU bei und entlasten die Steuerzahler. Gemäß Artikel 141 Absatz 2 des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU liegt bei diesem Fall eine "fortdauernde Zuständigkeit" vor. Daher erstattet die EU dem Vereinigten Königreich seinen Anteil an der Geldbuße, sobald diese rechtskräftig geworden ist. Die Einziehung der Geldbußen, die Berechnung des Anteils des Vereinigten Königreichs und die Erstattung werden von der Kommission vorgenommen.
Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, werden weitere Informationen zu diesem Kartellfall unter der Nummer AT.40127 im öffentlich zugänglichen Register der Kommission auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb veröffentlicht. Weitere Informationen über die Maßnahmen der Kommission gegen Kartelle finden sich auf ihrer Website zum Kartellbereich.
Whistleblower-Plattform zur anonymen Meldung von Zuwiderhandlungen
Die Kommission hat eine Plattform eingerichtet, über die Einzelpersonen die Kommission leichter über wettbewerbswidriges Verhalten informieren können, ohne ihre Identität preiszugeben. Die Anonymität der Hinweisgeber (Whistleblower) wird durch ein ausgefeiltes System gewahrt, mit dem auf verschlüsseltem Wege Mitteilungen ausgetauscht werden können. Die Plattform kann über diesen Link aufgerufen werden.
Schadensersatzklagen
Personen und Unternehmen, die von dem beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen sind, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union und der Verordnung 1/2003 des Rates sind Beschlüsse der Kommission ein bindender Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Schadensersatz kann auch dann gewährt werden, wenn die Kommission gegen die Kartellteilnehmer Geldbußen verhängt hat. Die von der Kommission verhängte Geldbuße wird dabei nicht mindernd angerechnet.
Die Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen, die die Mitgliedstaaten bis zum 27. Dezember 2016 in nationales Recht umsetzen mussten, erleichtert es Opfern von Kartellrechtsverstößen, Schadensersatz zu erhalten. Weitere Informationen über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen sowie ein praktischer Leitfaden zur Ermittlung des Schadensumfangs finden sich hier. (Europäische Kommission: ra)
eingetragen: 19.11.21
Newsletterlauf: 04.02.22
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