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Konkurrenzfähigkeit virtueller Mobilfunkanbieter


Zusammenschlüsse: Europäische Kommission genehmigt Joint Venture Hutchison/VimpelCom in Italien unter Bedingungen
Fall zeigt, dass es Telekommunikationsunternehmen in Europa möglich ist, durch Konsolidierungen innerhalb eines Landes zu wachsen, vorausgesetzt, der Wettbewerb bleibt gewährleistet



Die EU-Kommission hat das geplante Gemeinschaftsunternehmen im Telekommunikationssektor zwischen Hutchison und VimpelCom in Italien nach der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt. Die Genehmigung ist jedoch an die Veräußerung ausreichender Vermögenswerte geknüpft, die den Markteintritt eines neuen Betreibers ermöglichen.

Dieser Entscheidung war eine eingehende Überprüfung des Deals vorausgegangen, der die Tochtergesellschaft WIND von VimpelCom und die Tochter H3G von Hutchison und damit den drittgrößten bzw. viertgrößten Betreiber auf dem italienischen Mobilfunk-Endkundenmarkt – zusammenführt. Die wirksamen Abhilfemaßnahmen struktureller Art, die Hutchison und VimpelCom angeboten haben, haben die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission vollständig ausgeräumt. Durch diese Maßnahmen erhält der französische Telekommunikationsbetreiber Iliad als neuer Mobilfunknetzbetreiber in Italien Zugang zum italienischen Markt. Dies bedeutet, dass die beiden Unternehmen durch die Zusammenlegung ihrer Vermögenswerte wachsen und daraus Vorteile ziehen können, während die italienischen Mobilfunkkunden weiterhin von einem funktionierenden Wettbewerb profitieren werden.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu: "Mobilfunkdienste sind ein fester Bestandteil unseres täglichen Lebens. Mit der Entscheidung wird sichergestellt, dass der Wettbewerb auf dem italienischen Mobilfunkmarkt gewahrt wird und den Verbraucherinnen und Verbrauchern weiterhin innovative Mobilfunkdienste über hochwertige Netzwerke zu fairen Preisen zur Verfügung stehen. Wir können dem Deal grünes Licht geben, weil Hutchison und VimpelCom wirksame Abhilfemaßnahmen bereitgestellt haben, die dem neuen Mobilfunkanbieter Iliad Zugang zum italienischen Markt gewähren.

Dieser Fall zeigt, dass es Telekommunikationsunternehmen in Europa möglich ist, durch Konsolidierungen innerhalb eines Landes zu wachsen, vorausgesetzt, der Wettbewerb bleibt gewährleistet. Er zeigt auch, dass Unternehmen grenzübergreifend expandieren können, wie es Iliad in diesem Fall getan hat."

Der italienische Mobilfunkmarkt
Mit vier Mobilfunkbetreibern – H3G, WIND, TIM und Vodafone – herrscht derzeit reger Wettbewerb auf dem italienischen Mobilfunkmarkt.

Neben diesen vier Betreibern gibt es zudem einige "virtuelle” Anbieter auf dem Endkundenmarkt. Zu den größten gehören PosteMobile und Fastweb. Diese virtuellen Mobilfunkanbieter besitzen keine eigenen Netze, über die sie Mobilfunkdienste für italienische Verbraucher erbringen, sondern sie haben mit einem der Mobilfunknetzbetreiber Vereinbarungen getroffen, nach denen dieser ihnen gegen Vorleistungsentgelte Zugang zu seinem Netz gewährt.

Die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission

Die Kommission hatte Bedenken, dass das Vorhaben in der ursprünglich angemeldeten Form den Wettbewerb auf dem Markt verringern und die Konkurrenzfähigkeit der virtuellen Mobilfunkanbieter beeinträchtigen würde.

>> Durch den Zusammenschluss wäre der Wettbewerb zwischen zwei starken Anbietern weggefallen, und es wäre der größte italienische Mobilfunkbetreiber entstanden. Als jüngster Betreiber auf dem italienischen Markt ist H3G eine wichtige Triebkraft für den Wettbewerb. Auch WIND ist aus Wettbewerbssicht ein wichtiger Player auf dem Markt. Mit dem Deal wären nur noch die beiden Mobilfunkbetreiber TIM und Vodafone übriggeblieben, die dem Gemeinschaftsunternehmen die Stirn hätten bieten können. Das neue Joint Venture hätte einen wesentlich geringeren Anreiz gehabt, mit TIM und Vodafone zu konkurrieren. Auch hätten TIM und Vodafone geringere Wettbewerbsanreize gehabt. Die Untersuchung der Kommission ergab, dass der Deal wahrscheinlich zu geringerer Auswahl, einem Rückgang der Leistungsqualität und höheren Mobilfunk-Endkundenpreisen bei allen Betreibern geführt hätte.

>> Der Zusammenschluss hätte nicht nur weniger Konkurrenten auf dem italienischen Markt und den Wegfall von H3G als Wettbewerbskraft zur Folge gehabt, sondern auch zur Entstehung eines Marktes mit drei etwa gleich starken Anbietern geführt. Dies hätte die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die drei verbleibenden Mobilfunknetzbetreiber (das fusionierte Unternehmen sowie TIM und Vodafone) ihr Wettbewerbsverhalten auf Dauer koordinieren, was zu einer weiteren Preiserhöhung hätte führen können.

>> Durch den Zusammenschluss hätte sich die Zahl der Mobilfunknetzbetreiber verringert, die bereit sind, virtuelle Netzwerkanbieter zu bedienen. Virtuelle Netzwerkanbieter bieten Endkunden mobile Leistungen an und nutzen dazu die physischen Netze der Netzwerkbetreiber. Nach dem Zusammenschluss hätten bestimmte virtuelle Netzwerkanbieter und Betreiber, die an einem Zugang zum italienischen Markt interessiert sind, weniger Gastnetze zur Auswahl gehabt und wären damit bei der Aushandlung der Bedingungen für den Zugang auf Vorleistungsebene schlechter gestellt gewesen.

Vorgeschlagene Abhilfemaßnahmen
Die von den Parteien angebotenen Abhilfemaßnahmen, insbesondere die Veräußerung ausreichender Vermögenswerte, die einem neuen vierten Mobilfunkanbieter Zugang zum italienischen Markt gewährt, haben die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission vollständig ausgeräumt. Dadurch wird der Wettbewerbsverlust ausgeglichen und sichergestellt, dass der Deal nicht zum Nachteil italienischer Mobilfunkkunden ist.

Die Parteien haben den französischen Telekommunikationsbetreiber Iliad als Käufer für diese Vermögenswerte vorgeschlagen. Iliad ist der vierte erfolgreiche Neuzugang auf dem französischen Mobilfunkmarkt und verfügt über das notwendige Know-how und die nötige Expertise, um auf dem italienischen Markt zu agieren, zu investieren und Innovationsimpulse zu geben. Mit der Entscheidung wird Iliad als Käufer der von Hutchison und VimpelCom abzutretenden Vermögenswerte genehmigt (eine sogenannte "Fix-it-first-Abhilfemaßnahme").

Die Abhilfemaßnahmen bestehen im Einzelnen in:

>> der Veräußerung eines bestimmten Anteils des Mobilfunkspektrums aus unterschiedlichen Frequenzbändern (900 MHz, 1800 MHz, 2100 MHz und 2600 MHz) des Gemeinschaftsunternehmens an den neuen Mobilfunkbetreiber,

>> der Übertragung/Kollokation (d. h. der gemeinsamen Nutzung) von mehreren tausend Mobilfunk-Basisstationen vom Gemeinschaftsunternehmen an den neuen Mobilfunkbetreiber, und

>> einer Übergangsvereinbarung (zwecks Zugang zu 2G, 3G und 4G sowie zu neuen Technologien), damit der neue Mobilfunkbetreiber das Netz des Gemeinschaftsunternehmens nutzen und somit seinen Kunden in ganz Italien Mobilfunkdienste erbringen kann, bis er sein eigenes Mobilfunknetz aufgebaut hat.

Durch die Übertragung der Frequenzblöcke und der Mobilfunk-Basisstationen wird der neue Betreiber in die Lage versetzt, sein eigenes Mobilfunknetz in Italien zu entwickeln und auszubauen und als vierter Akteur auf dem Markt Endkunden Mobilfunkdienste bereitzustellen und virtuellen Mobilfunkanbietern Zugang auf der Vorleistungsebene zu gewähren.

Die Kommission kam zu dem Schluss, dass die vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen ihre Bedenken ausräumen, da ein neuer Mobilfunkbetreiber, Iliad, Zugang zum italienischen Mobilfunkmarkt erhält. Somit wird gewährleistet, dass der Wettbewerb weiter funktioniert, Anreize für Investitionen in innovative Technologien bestehen bleiben und die Kunden weiterhin von einem funktionierenden Wettbewerb profitieren.

Aus oben genannten Gründen konnte die Kommission unter den beschriebenen Bedingungen nach der EU‑Fusionskontrollverordnung grünes Licht für den Zusammenschluss geben. (Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 03.09.16
Home & Newsletterlauf: 17.10.16



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