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Der Markt für Kreditderivate


Kartellrecht: Europäische Kommission akzeptiert Verpflichtungsangebote von ISDA und Markit zu Credit Default Swaps
Das Umlaufvolumen aller CDS-Kontrakte weltweit beträgt gegenwärtig etwa 12 Billionen USD



Die Europäische Kommission hat per Beschluss die Verpflichtungen für rechtsverbindlich erklärt, die die International Swaps and Derivatives Association Inc. (ISDA) und der Finanzdatenanbieter Markit unabhängig voneinander hinsichtlich der Lizenzvergabe für Daten für Credit Default Swaps angeboten haben.

Die Kommission hatte wettbewerbsrechtliche Bedenken in Bezug auf die Lizenzierung von Rechten an geistigem Eigentum, die notwendig ist, um auf dem Markt für Credit Default Swaps (CDS) Handelsdienstleistungen anzubieten. Diese Bedenken betrafen die "Schlusspreis"-Daten, die im Falle eines Ausfalls zur Festlegung der CDS-Preise verwendet werden, und die Vergabe von Lizenzen für bestimmte CDS-Indizes. Mit den Verpflichtungsangeboten werden diese Bedenken ausgeräumt, da der Börsenhandel mit CDS erleichtert und gleichzeitig die Transparenz verbessert wird. Eine gesteigerte Effizienz und Stabilität auf dem Markt für Kreditderivate kommt Anlegern wie Investmentfonds, Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften zugute.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte: "Die Beschlüsse gewährleisten, dass alle Handelsplätze zu fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen Zugang zu Daten und geistigem Eigentum von ISDA und Markit erhalten können. Dies führt zu einem größeren Angebot und niedrigeren Transaktionskosten für die Anleger und erhöht die Stabilität des Marktes."

Der Markt für Credit Default Swaps
Credit Default Swaps (CDS) sind Verträge, durch die das Kredit- oder Ausfallrisiko von Schuldverschreibungen wie Staats- oder Firmenanleihen übertragen wird. Es ist nicht erforderlich, dass der Verkäufer oder der Käufer Eigentümer der Schuldverschreibungen sind, auf die sich ihr CDS-Vertrag bezieht.

CDS werden von Anlegern zur Absicherung von Risiken und als Investment genutzt. Zur Risikoabsicherung verwendet, deckt ein CDS das Kreditrisiko eines Schuldtitels. Als Investment bietet ein CDS die Möglichkeit, auf die künftige Entwicklung der Bonität des Anleiheemittenten zu setzen und dadurch gegebenenfalls Gewinne zu erzielen.

Das Umlaufvolumen aller CDS-Kontrakte weltweit (d.h. der Gesamtwert der zugrunde liegenden Vermögenswerte) beträgt gegenwärtig etwa 12 Billionen USD.

CDS können außerbörslich ("over the counter"), also privat und über Market Maker ("CDS dealers") gehandelt werden, die für jede Transaktion Gebühren verlangen ("bid-ask spread"). Oder sie können über eine Börse gehandelt werden, wo Angebot und Nachfrage auf einer elektronischen Handelsplattform anonym und direkt zwischen den Anlegern zusammengeführt werden.

Der weitaus größte Teil des Handels mit CDS findet derzeit noch außerbörslich statt, mit intransparenter Preisbildung und hohen Transaktionskosten, was unter anderem an den hohen Geld-Brief-Spannen liegt, die von den Anlegern verlangt werden.

Außerdem ist der außerbörsliche CDS-Handel auch mit höheren Risiken für die Marktstabilität verbunden als der Börsenhandel, da zwei Drittel dieser Transaktionen noch immer nicht über eine zentrale Gegenpartei gecleart werden. Zentrale Gegenparteien rechnen Geschäfte zwischen zwei Parteien ab und tragen so dazu bei, das durch den Ausfall einer Partei mögliche Risiko zu verringern. Die Abrechnung von Kreditderivaten wie CDS über zentrale Gegenparteien sorgt für stabilere und risikoärmere Finanzmärkte. Der Börsenhandel erfolgt stets mit zentralem Clearing.

Börsenhandelsplattformen, die Anlegern den CDS-Handel anbieten wollen, benötigen allerdings Zugang zu bestimmten, mit Rechten geistigen Eigentums belegten Daten:

>> "Schlusspreisen":
Nach diesem Preis bestimmt sich der Abrechnungspreis für CDS-Verträge zwischen Käufern und Verkäufern nach dem Ausfall einer Schuldverschreibung. Die ISDA macht Eigentumsrechte am "Schlusspreis" geltend.

>> CDS-Indizes: Markit ist Eigentümer der iTraxx- und der CDX-Indizes, der liquidesten und meistverwendeten Indizes für CDS-Verträge. Diese Indizes sind Marktreferenzwerte, und neue börsengehandelte Produkte könnten keine ausreichende Liquidität erzielen, wenn sie sich nicht an die Hauptmerkmale für den Handel und das Clearing dieser Indizes anlehnten. Deshalb sind Lizenzen für diese Indizes für den Börsenhandel mit neuen Produkten unerlässlich.

Die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission
Im Juli 2013 äußerte die Kommission Bedenken, dass die ISDA, Markit sowie einige seiner angeschlossenen Investmentbanken gegen EU-Kartellrecht verstoßen haben könnten, indem sie:

>> keine Lizenzen für Schlusspreise für den Börsenhandel erteilten,
>> die Schlusspreise einer Nutzungsvereinbarung unterwarfen, die Beschränkungen für die Verwendung für börsengehandelte Produkte und Transaktionen vorsah, und
>> keine Lizenzen für CDX- und iTraxx-Indizes für den Börsenhandel erteilten.

Dies könnte die Entstehung eines wirksamen, sichereren und kostengünstigeren Marktes für börsengehandelte Kreditderivate verhindert oder verzögert haben. Ein solcher Markt hätte die hohen, von den CDS-Händlern für ihre Transaktionen verlangten Geld-Brief-Spannen und damit die Handelskosten verringert.

Die Verpflichtungen
Um die Bedenken der Kommission auszuräumen, boten die ISDA und Markit jeweils an, eine Reihe von Verpflichtungen einzuhalten, um den Zugang zu ihren Rechten geistigen Eigentums und ihren Daten zum Zwecke des Börsenhandels zu erleichtern. Im April 2016 unterzog die Kommission die Verpflichtungszusagen einem Markttest, dessen Ergebnis positiv war. Aufgrund der Ergebnisse des Markttests nahm Markit geringfügige Änderungen und Klarstellungen an seinen ursprünglichen Verpflichtungsangeboten vor.

Die wesentlichen Punkte der Verpflichtungen sind:
>> Sowohl die ISDA als auch Markit werden verhindern, dass einzelne CDS-Händler Lizenzvergabeentscheidungen treffen oder solche Entscheidungen beeinflussen.

>> Die ISDA wird zu fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen (sogenannten FRAND-Bedingungen) Lizenzen für ihre Schlusspreis-Rechte für den Börsenhandel erteilen.

>> Markit wird für börsengehandelte Finanzprodukte, die sich auf seine Indizes iTraxx und CDX stützen, zu FRAND-Bedingungen Lizenzen für seine Rechte an diesen Indizes erteilen.

Die Verpflichtungen gelten für einen Zeitraum von zehn Jahren und ihre Einhaltung durch die ISDA und Markit wird während dieser Zeit von unabhängigen Treuhändern überwacht. Darüber hinaus unterliegen beide Verpflichtungspakete im Streitfall einem unabhängigen Schiedsverfahren. Die Verpflichtungen werden für CDS-Börsen und börsengehandelte Produkte den Zugang zu maßgeblichen Preisdaten und Indizes erleichtern. Sie werden zudem solchen Anlegern, die satzungsgemäß nur an geregelten Handelsplätzen operieren dürfen, einen leichteren Zugang ermöglichen.

Die Kommission gelangte zu dem Schluss, dass die Verpflichtungen geeignet sind, die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission auszuräumen, und hat sie für die ISDA und Markit für bindend erklärt.

Hintergrund
Die International Swaps and Derivatives Association Inc. (ISDA) ist ein Handelsverband, der mehr als 850 Finanzinstitute vertritt. Markit Ltd. ist ein weltweit operierender Finanzdatenanbieter.

Die Kommission leitete im März 2011 eine kartellrechtliche Untersuchung des CDS-Markts ein und weitete diese im März 2013 auf die ISDA aus. Im Dezember 2015 stellte die Kommission die Ermittlungen bezüglich der Banken ein, setzte aber die Untersuchung zu ISDA und Markit fort.

Nach Artikel 9 der EU-Kartellverordnung (Verordnung 1/2003) kann die Kommission ein Kartellverfahren beenden, indem sie die von Unternehmen angebotenen Verpflichtungen für rechtsverbindlich erklärt. Mit einem derartigen Beschluss wird nicht festgestellt, ob die EU-Kartellvorschriften verletzt worden sind, sondern die Unternehmen werden rechtlich zur Einhaltung der von ihnen eingegangenen Zusagen verpflichtet. Sollten Markit oder die ISDA sich nicht an die Verpflichtungen halten, so kann die Kommission eine Geldbuße von bis zu 10 Prozent des Jahresgesamtumsatzes der Unternehmen verhängen, ohne einen Verstoß gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften nachweisen zu müssen. Einen Policy-Brief zu Verpflichtungsbeschlüssen nach Artikel 9 finden Sie hier.

Die heutigen Verpflichtungsbeschlüsse ergänzen einschlägige Rechtsetzungsinitiativen, die darauf abzielen, die Finanzmärkte effizienter, widerstandsfähiger und transparenter zu machen. Die neue Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID 2) und die Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente (MiFIR) werden ab Januar 2018 gelten und die entscheidende Rolle der Börsen bei der Stärkung der Sicherheit und Integrität der Finanzmärkte festigen. Sie zielen darauf ab, den Derivatehandel auf geregelte Handelsplätze zu verlagern und für börsengehandelte Derivate einen diskriminierungsfreien Zugang zu Handelsdienstleistungen zu gewährleisten. (Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 25.07.16
Home & Newsletterlauf: 19.08.16



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