Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Vorschläge zur Stärkung des Schengenraums


EU-Kommission schlägt EU-Verfahren für einen besseren Schutz der Freizügigkeit im Schengenraum vor
In einem Raum ohne Binnengrenzen hat jeder Vorstoß, der gegen die Integrität eines Teils dieses Raums gerichtet ist, direkte Konsequenzen für den ganzen Schengenraum und die EU insgesamt


(28.09.11) - Die EU-Kommission hat Vorschläge zur Stärkung des Schengenraums vorgelegt, die die Freizügigkeit von EU-Bürgern und Drittstaatsangehörigen garantieren sollen. Hunderttausende sind tagtäglich in diesem Raum unterwegs. Die Vorschläge der Kommission zielen auf eine wirksamere, EU-koordinierte Zusammenarbeit im Schengenraum ab. Besondere Krisensituationen, die die Funktionsweise des Schengenraums insgesamt belasten können, müssen in einer effektiven, abgestimmten Weise angegangen werden. Vorgesehen ist ein strengeres EU-gestütztes Evaluierungs- und Überwachungssystem, das die korrekte Anwendung der Schengenregeln gewährleisten soll, sowie ein strukturierteres europäisches Verfahren, um im Falle einer ernsten Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen ermöglichen zu können.

"Mit diesen Vorschlägen sichern wir die Zukunft des Schengenraums. Wir müssen eine solide Verwaltung des Schengenraums auf der Grundlage klarer, transparenter Regeln sicherstellen, um das System effizienter zu machen. Mit unseren Vorschlägen wollen wir ein europäisches Beschlussfassungsverfahren einführen, das das Vertrauen unter den Mitgliedstaaten stärken und die Staaten des Schengenraums besser dazu befähigen wird, auf künftige Herausforderungen und unvorhergesehene Ereignisse zu reagieren. Durch die Stärkung der europäischen Dimension schützen wir eine der wertvollsten Errungenschaften der EU: die Freizügigkeit unserer Bürger", so die EU-Kommissarin für Inneres, Cecilia Malmström.

In einem Raum ohne Binnengrenzen hat jeder Vorstoß, der gegen die Integrität eines Teils dieses Raums gerichtet ist, direkte Konsequenzen für den ganzen Schengenraum und die EU insgesamt. Das derzeitige System beruht auf einem zwischenstaatlichen Peer-Review-Mechanismus, der mit der Möglichkeit gekoppelt ist, im Ausnahmefall auf einzelstaatlicher Ebene individuell die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen zu beschließen. Dieses System hat sich als ineffizient erwiesen, wenn es darum geht, das Vertrauen unter den Mitgliedern des Schengenraums zu stärken und die Freizügigkeit in einem Raum ohne Grenzkontrollen zu schützen. Es muss mehr getan werden, um die Verwaltung dieses gemeinsamen Raums zu verbessern und die Mitgliedstaaten, die mit einer kritischen Situation konfrontiert sind, adäquat zu unterstützen.

Die Kommission hat deshalb zwei Legislativvorschläge und eine Mitteilung dazu angenommen, mit denen sie Folgendes bezweckt:
1) Stärkung der Verwaltung des Schengenraums
2) Einführung eines europäischen Beschlussfassungsverfahrens zum Schutz gemeinsamer Interessen.

1) Stärkung der Verwaltung des Schengenraums
Das vorhandene Instrumentarium, das uns für Monitoring-Zwecke und zur Beseitigung von Schwachstellen zur Verfügung steht, ist unzureichend. Mit dem heutigen Vorschlag – der auf dem von der Kommission im November 2010 vorgeschlagenen überarbeiteten Schengen-Evaluierungsmechanismus aufbaut – würde das Schengensystem von der zwischenstaatlichen Peer Review auf ein EU-gestütztes Verfahren umgestellt. Vorgesehen sind angekündigte und unangekündigte Kontrollbesuche in den Mitgliedstaaten, um die Anwendung der Schengenregeln zu überprüfen. Die Überprüfung soll von Experten aus anderen Mitgliedstaaten und Frontex unter der Leitung der Kommission vorgenommen werden.

Über jeden Besuch wird ein Bericht verfasst, in dem etwaige Mängel festgehalten und klare Empfehlungen abgegeben werden, wie und bis wann Abhilfemaßnahmen zu treffen sind. Der betreffende Mitgliedstaat soll daraufhin in einem Aktionsplan darlegen, wie er diesen Empfehlungen nachzukommen gedenkt.

Eine andere wichtige Neuerung betrifft den "Check-up", der halbjährlich stattfinden soll mit einer Aussprache im Rat und im Europäischen Parlament über das Funktionieren des Schengenraums auf der Grundlage einer von der EU-Kommission erstellten Übersicht.

2) EU-gestütztes Beschlussfassungsverfahren zum Schutz gemeinsamer Interessen
Aufgrund der derzeitigen Vorschriften, die in 25 europäischen Ländern das Reisen ohne Pass gestatten, dürfen einzelstaatliche Behörden im Ausnahmefall bei einer ernsten Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit vorübergehend Grenzkontrollen wiedereinführen. Die Kommission ist allerdings der Überzeugung, dass die Möglichkeit zur Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen auf europäischer Ebene transparent, kohärent und effizient gehandhabt werden sollte, da sich solche Maßnahmen auf den gesamten Schengenraum auswirken.

Mit den Vorschlägen soll ein EU-Koordinierungsmechanismus eingeführt werden, um das Funktionieren und die Integrität des Schengenraums insgesamt zu schützen. Nach der neuen Regelung soll die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen bei vorhersehbaren Ereignissen (wie wichtigen Sportveranstaltungen oder hochrangigen politischen Treffen) auf europäischer Ebene auf Vorschlag der Europäischen Kommission – gestützt auf eine ‚qualifizierte Mehrheit’ der mitgliedstaatlichen Experten – beschlossen werden. Die Gründe, aus denen ein solcher Beschluss gefasst werden kann, bleiben gleich: Die Maßnahme muss zur Abwehr einer ernsten Bedrohung der öffentlichen Ordnung und inneren Sicherheit notwendig sein. An den betreffenden Grenzabschnitten könnten dann als allgemeine Regel Kontrollen für einen verlängerbaren Zeitraum von 30 Tagen erlaubt werden.

Die Mitgliedstaaten könnten nach wie vor einseitig Grenzkontrollen wiedereinführen, wenn sie mit unvorhergesehenen Notfällen konfrontiert sind, die sofortiges Handeln erfordern – allerdings nur für höchstens 5 Tage. Eine Verlängerung dieser Frist wäre nur im Wege eines EU-Beschlusses möglich.

Sind bei der Anwendung der Schengen-Vorschriften schwerwiegende Mängel festzustellen, wenn beispielsweise ein Mitgliedstaat einen Teil der EU-Außengrenzen nicht adäquat schützt, können Unterstützungsmaßnahmen einschließlich technische und finanzielle Unterstützung durch die Kommission, die Mitgliedstaaten, Frontex oder andere Agenturen wie Europol oder das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) ergriffen werden. Dauern solche Missstände jedoch trotz dieser Unterstützungsmaßnahmen an, kann auch die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen beschlossen werden. Eine solche Maßnahme, auf die als letztes Mittel zurückzugreifen wäre, würde auf EU-Ebene beschlossen, d. h. es gäbe ein gemeinsames Vorgehen zum Schutz unserer gemeinsamen Interessen, so dass einseitige Entscheidungen einzelner Mitgliedstaaten vermieden würden.

Die neuen Vorschläge achten uneingeschränkt das Recht der EU-Bürger und ihrer Familienangehörigen auf Freizügigkeit. Die Kommission wird dem Europäischen Parlament über das Ergebnis der Kontrollbesuche im Rahmen des Schengen-Evaluierungsmechanismus berichten sowie über etwaige Maßnahmen, die zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen führen könnten.

Die Kommission hat folgende Texte angenommen:
>> eine Mitteilung mit dem Titel "Wahrung des Schengen-Systems – Stärkung des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen"

>> einen Vorschlag zur Stärkung des Schengen-Evaluierungsmechanismus (Überarbeitung des Vorschlags vom vergangenen Jahr)

>> einen Vorschlag zur Festlegung einer gemeinsamen Regelung für die abgestimmte, vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen unter außergewöhnlichen Umständen (und zur Änderung des Schengener Grenzkodex).

Die Vorschläge werden vom Europäischen Parlament und vom Rat im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (Mitentscheidung) geprüft. (Europäische Kommission: ra)


Meldungen: Europäische Kommission

  • Angleichung der Schweiz an das EU-Recht

    Die Europäische Kommission unternahm einen wichtigen Schritt, um die Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz zu stärken und auszubauen. Sie unterbreitete dem Rat Vorschläge zur Genehmigung der Unterzeichnung und des Abschlusses eines umfassenden Pakets von Abkommen, das einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Ratifizierung eines modernisierten Rahmens für die Zusammenarbeit darstellt.

  • Achtes illustratives Nuklearprogramm

    Die Umsetzung der Pläne der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Kernenergie wird erhebliche Investitionen in Höhe von rund 241 Mrd. EUR bis 2050 erfordern, sowohl für die Verlängerung der Lebensdauer bestehender Reaktoren als auch für den Bau neuer Großreaktoren. Zusätzliche Investitionen sind für kleine modulare Reaktoren (SMR), fortgeschrittene modulare Reaktoren (AMR) und Mikroreaktoren erforderlich, und die Kommission hat in ihrem achten illustrativen Nuklearprogramm (PINC) die Fusion für die längerfristige Zukunft bewertet.

  • Änderungen bei den DAWI-Vorschriften

    Die EU-Kommission ersucht um Rückmeldungen zu einer Überarbeitung der Beihilfevorschriften für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI), die dem Mangel an erschwinglichem Wohnraum entgegenwirken soll. Zur Überbrückung der Investitionslücke für erschwinglichen Wohnraum bedarf es großer Investitionen. Staatliche Beihilfemaßnahmen können einen Anreiz für die erforderlichen Investitionen bieten.

  • Glaubwürdige Wettbewerber

    Die Europäische Kommission hat die geplante Übernahme von Intelsat Holdings S.à r.l. ("Intelsat") durch SES S.A. ("SES") ohne Auflagen nach der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt. Nach Prüfung des Vorhabens kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass der Zusammenschluss keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gibt.

  • Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

    Die Europäische Kommission hat ihre Liste der Länder und Gebiete mit hohem Risiko aktualisiert, die strategische Mängel in ihren nationalen Systemen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen. EU-Einrichtungen, die unter den AML-Rahmen fallen, müssen bei Transaktionen, an denen diese Länder beteiligt sind, verstärkte Wachsamkeit walten lassen. Dies ist wichtig, um das Finanzsystem der EU zu schützen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen