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Gegen Durchführungsverbot verstoßen


Fusionskontrolle: EU Kommission verhängt Geldbußen gegen Illumi und GRAIL
Geldbußen wegen Vollzugs ihrer Fusion ohne vorherige wettbewerbsrechtliche Genehmigung




Fusionssache Illumina/GRAIL
Fusionssache Illumina/GRAIL Bild: EU-Kommission

Die Europäische Kommission hat gegen Illumina und GRAIL Geldbußen in Höhe von rund 432 Mio. EUR bzw. 1.000 EUR (symbolische Geldbuße) verhängt, weil sie ihren Zusammenschluss unter Verstoß gegen die EU-Fusionskontrollvorschriften vor Genehmigung durch die Kommission vollzogen hatten. Nach den EU-Fusionskontrollvorschriften dürfen Unternehmen ihr Fusionsvorhaben bis zur Genehmigung durch die Kommission nicht vollziehen ("Durchführungsverbot"). Diese Bestimmung ist ein Eckpfeiler des europäischen Fusionskontrollrechts, das es der Kommission ermöglicht, ihre Rolle wahrzunehmen, bevor sich strukturelle Veränderungen auf das Wettbewerbsumfeld auswirken.

Im Juli 2021 hatte die Kommission eine eingehende Untersuchung der Übernahme von GRAIL durch Illumina eingeleitet. Im September 2022 untersagte die Kommission den Zusammenschluss wegen ihrer Bedenken, dass er erhebliche wettbewerbswidrige Auswirkungen gehabt, die Innovation behindert und die Auswahl auf dem neu entstehenden Markt für blutbasierte Krebsfrüherkennungstests eingeschränkt hätte.

Im August 2021 gab Illumina jedoch öffentlich bekannt, die Übernahme von GRAIL vollzogen zu haben, obwohl die einschlägige Untersuchung der Kommission noch lief. Zu diesem Zeitpunkt stellten die Parteien alle für den Abschluss der Transaktion erforderlichen Unterlagen aus. Außerdem verschmolz GRAIL mit zwei 100 Prozentigen Tochtergesellschaften von Illumina. Illumina zahlte auch den Aktionären von GRAIL für ihre Anteile. Im Juli 2022 übermittelte die Kommission Illumina und GRAIL eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, in der sie vorläufig feststellte, dass die Unternehmen gegen die EU-Fusionskontrollverordnung verstoßen hatten indem sie ihre Bindung vor Abschluss der eingehenden Untersuchung durch die Kommission umgesetzt hatten.

In ihrem Beschluss bestätigt die Kommission ihre vorläufige Auffassung, dass Illumina und GRAIL vorsätzlich gegen das Durchführungsverbot verstoßen hätten. Die Kommission stellte fest, dass Illumina durch den Vollzug des Zusammenschlusses in die Lage gelangt war, einen bestimmenden Einfluss auf GRAIL auszuüben, und dass sie ihn tatsächlich ausgeübt hat.

Die Geldbußen
Nach der EU-Fusionskontrollverordnung (FKVO) kann die Kommission Geldbußen von bis zu 10 Prozent des Gesamtumsatzes der Unternehmen, die vorsätzlich oder fahrlässig gegen Anmeldepflicht und Durchführungsverbot verstoßen haben, verhängen. Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen berücksichtigt die Kommission die Schwere der Zuwiderhandlung sowie das Vorliegen mildernder oder erschwerender Umstände. Die Geldbuße muss auch eine hinreichend abschreckende Wirkung gewährleisten.

Illumina und GRAIL haben während der eingehenden Untersuchung der Kommission wissentlich und vorsätzlich gegen das Durchführungsverbot verstoßen. Es handelt sich um einen beispiellosen und sehr schwerwiegenden Verstoß, der das wirksame Funktionieren des EU-Fusionskontrollsystems beeinträchtigt. Insbesondere stellte die Kommission Folgendes fest:

>> Illumina hat zwischen dem Risiko einer Geldbuße, dem einer hohen Abfindung der Aktionäre bei Aufgabe des Fusionsvorhabens und den potentiellen Profiten bei einem Verstoß gegen das Durchführungsverbot – selbst wenn es später gezwungen würde, sich von GRAIL zu trennen – eine strategische Abwägung getroffen. Dann hat das Unternehmen vorsätzlich beschlossen, das Übernahmevorhaben fortzusetzen und den Zusammenschluss zu vollziehen, während die Kommission noch mit der letzten Endes in ein Verbot mündenden Prüfung des Falles befasst war. Dabei handelt es sich um eine sehr schwerwiegende Zuwiderhandlung, die eine angemessene Geldbuße mit abschreckender Wirkung erforderlich macht. Dabei hat die Kommission das vorsätzliche, strategische Vorgehen Illuminas ebenso berücksichtigt wie – als mildernden Umstand – seine Maßnahme, das übernommene Unternehmen bis auf Weiteres separat weiterzuführen. Allerdings musste die Kommission die vorgeschriebene Obergrenze von 10 Prozent des Umsatzes von Illumina, d. h. ungefähr 432 Mio. EUR, berücksichtigen und hat deswegen diesen Betrag als Geldbuße festgesetzt.

>> GRAIL war sich des Durchführungsverbots voll und ganz bewusst und spielte dennoch eine aktive Rolle bei der Zuwiderhandlung. So unternahm GRAIL rechtliche Schritte, um den Vollzug des Zusammenschlusses zu ermöglichen, obwohl es wusste, dass die eingehende Prüfung durch die Kommission noch nicht abgeschlossen war. Die Kommission hat jedoch beschlossen, gegen GRAIL nur eine symbolische Geldbuße in Höhe von 1.000 EUR zu verhängen, da dies das erste Mal ist, dass sie gegen ein übernommenes Unternehmen eine Geldbuße wegen Zuwiderhandlung gegen das Durchführungsverbot verhängt.

Hintergrund
Fusionssache Illumina/GRAIL
Die Kommission stimmte am 19. April 2021 einem Verweisungsantrag von sechs Mitgliedstaaten zu und übernahm die Überprüfung der geplanten Übernahme von GRAIL durch Illumina. Sie leitete am 22. Juli 2021 ein eingehendes Prüfverfahren ein. Am 13. Juli 2022 bestätigte das Gericht die Zuständigkeit der Kommission für die Überprüfung des Zusammenschlusses.

Illumina gab während des laufenden Prüfverfahrens der Kommission öffentlich bekannt, die Übernahme von GRAIL vollzogen zu haben. Daraufhin ordnete die Kommission am 29. Oktober 2021 einstweilige Maßnahmen an, um sicherzustellen, dass Illumina und GRAIL in Erwartung des Ergebnisses der Fusionskontrolle der Kommission getrennt bleiben.

Am 6. September 2022 verbot die Kommission die Übernahme von GRAIL durch Illumina. Im Anschluss an den Verbotsbeschluss verlängerte und passte die Kommission die einstweiligen Maßnahmen am 28. Oktober 2022 an.

Darüber hinaus übermittelte die Kommission Illumina und GRAIL am 5. Dezember 2022 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, in der sie die beiden Unternehmen über die von ihr geplanten Maßnahmen zur Widerherstellung des vorherigen Zustands unterrichtete. Diese Maßnahmen beinhalten, dass Illumina die Übernahme rückabwickeln muss, damit die Verbotsentscheidung der Kommission ihre volle Wirkung entfalten kann. Ein endgültiger Beschluss über die Rückabwicklung steht noch aus. (Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 24.07.23
Newsletterlauf: 29.08.23


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