Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Gruppenfreistellungsverordnung nicht verlängert


Fragen und Antworten: Gruppenfreistellungsverordnung für Konsortien
Schifffahrtsunternehmen: Was ist die Gruppenfreistellungsverordnung für Konsortien?



Seeverkehrsliniendienste umfassen die Erbringung von regelmäßigen, fahrplangebundenen maritimen Diensten im Bereich des Gütertransports (ohne Massengüter, überwiegend in Containern) auf einer bestimmten Route. Solche Dienste erfordern erhebliche Investitionen und werden daher in der Regel von mehreren, im Rahmen von Konsortien zusammenarbeitenden Schifffahrtsunternehmen erbracht.

Konsortien sind Vereinbarungen zwischen Seeschifffahrtsunternehmen über den gemeinsamen Betrieb von Diensten und führen in der Regel zu Größenvorteilen und einer besseren Schiffsauslastung. Mit der Gruppenfreistellungsverordnung für Konsortien von 2009 werden Konsortien von dem in Artikel 101 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankerten Verbot ausgenommen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. So gilt, dass i) Konsortien nicht zu Kernbeschränkungen führen dürfen (d. h. Preisfestsetzungen, Kapazitäts- oder Verkaufsbeschränkungen – ausgenommen Kapazitätsanpassungen aufgrund von Angebots- und Nachfrageschwankungen – sowie Markt- bzw. Kundenzuteilungen sind verboten), ii) der Marktanteil eines Konsortiums 30 Prozent nicht überschreiten darf und iii) die Mitglieder eines Konsortiums das Recht haben müssen, mit einer Kündigungsfrist von höchstens sechs Monaten (bzw. zwölf Monaten bei hochgradig integrierten Konsortien) aus dem Konsortium auszuscheiden.

Warum hat die Kommission beschlossen, die Gruppenfreistellungsverordnung nicht zu verlängern?
Die Kommission stellt die potenziellen Vorteile einer Zusammenarbeit zwischen Seeschifffahrtsunternehmen für die gemeinsame Erbringung von Liniendiensten nicht infrage. Auch ist die Kommission weiterhin der Auffassung, dass Konsortien ein effizientes Mittel zur Erbringung und Verbesserung von Liniendiensten sein können, die auch den Kunden zugute kommen.

Jedoch zeigen die Marktentwicklungen im Seelinienverkehr seit Annahme der Gruppenfreistellungsverordnung im Jahr 2009, dass eine spezielle Gruppenfreistellungsverordnung für solche Konsortien nicht mehr zweckmäßig ist. Die bei den einschlägigen Interessenträgern und Marktteilnehmern eingeholten Informationen deuten insgesamt darauf hin, dass die Verordnung im Zeitraum 2020 bis 2023 allenfalls begrenzt wirksam und effizient war.

Angesichts der geringen Zahl und des geringen Umfangs von Konsortien, die in den Anwendungsbereich der Gruppenfreistellungsverordnung fallen, haben die Seeschifffahrtsunternehmen nur begrenzt Befolgungskosten eingespart und spielte die Verordnung bei der Entscheidung, ob eine Zusammenarbeit aufgenommen wird, nur eine untergeordnete Rolle.

Auch bot die Verordnung kleineren Seeschifffahrtsunternehmen während des Bewertungszeitraums nicht mehr die Möglichkeit, zusammen Dienste anzubieten, die mit den Angeboten größerer Unternehmen konkurrieren. Interessenträger, bei denen es sich nicht um Beförderungsunternehmen handelt, befürworten generell eine verstärkte Überwachung des Sektors anstelle einer Verringerung des Verwaltungsaufwands. Daran ist zu erkennen, dass sich das nach Artikel 103 AEUV anzustrebende Gleichgewicht zwischen dem Erfordernis einer wirksamen Überwachung und der Verwaltungsvereinfachung, das ursprünglich für eine Gruppenfreistellungsverordnung sprach, verschoben hat.

Das Auslaufen der Gruppenfreistellungsverordnung bedeutet nicht, dass Konsortien in der EU verboten sind, sondern lediglich, dass sie den EU-Kartellvorschriften unterliegen, die für alle Wirtschaftszweige gelten. So werden Seeschifffahrtsunternehmen die Auswirkungen ihrer Zusammenarbeit anhand der Orientierungshilfen in den Leitlinien über horizontale Zusammenarbeit und der Gruppenfreistellungsverordnung für Spezialisierungsvereinbarungen künftig selbst bewerten müssen. Die Evaluierung hat ergeben, dass diese Orientierungshilfen für die wettbewerbsrechtliche Würdigung von Konsortien geeignet sind, da sie bestimmten Besonderheiten des Seeschifffahrtssektors besser Rechnung tragen (z. B. der vertikalen Integration bestimmter Seeschifffahrtsunternehmen oder den Unterschieden in Bezug auf den Umfang des Handels und die Unternehmensgröße).

Schafft das Auslaufen der Gruppenfreistellungsverordnung Rechtsunsicherheit für die Transportunternehmen?
Die Evaluierung der Gruppenfreistellungsverordnung hat ergeben, dass die Verordnung weniger Rechtssicherheit bietet als angestrebt. Die meisten in der EU tätigen Konsortien fallen nicht in den Anwendungsbereich der Gruppenfreistellungsverordnung. Dies hat die Transportunternehmen jedoch nicht von einer Zusammenarbeit abgehalten.

Das Auslaufen der Verordnung führt nicht dazu, dass die Zusammenarbeit zwischen Seeschifffahrtsunternehmen dann nach Artikel 101 AEUV verboten wäre. Vielmehr werden die Seeschifffahrtsunternehmen die Einhaltung des Artikels 101 AEUV künftig selbst bewerten, indem sie sich auf die umfangreichen Orientierungshilfen in den Leitlinien über horizontale Zusammenarbeit und die Gruppenfreistellungsverordnung für Spezialisierungsvereinbarungen stützen, die für alle Wirtschaftszweige gelten.

Wird die Kommission nach Auslaufen der Gruppenfreistellungsverordnung sektorspezifische Leitlinien annehmen?
Die Evaluierung der Gruppenfreistellungsverordnung für den Zeitraum 2020-2023 hat nicht ergeben, dass sektorspezifische Leitlinien erforderlich wären. Seeschifffahrtsunternehmen, die Transporte in die oder aus der EU anbieten, werden künftig auf der Grundlage der für alle Wirtschaftszweige geltenden umfassenden Leitlinien in der horizontalen Gruppenfreistellungsverordnung und der Gruppenfreistellungsverordnung für Spezialisierungsvereinbarungen selbst prüfen, ob ihre Kooperationsvereinbarungen mit den EU-Kartellvorschriften vereinbar sind.

Auch enthält die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, in der die Ergebnisse der Evaluierung zusammengefasst sind, Klarstellungen zu bestimmten rechtlichen Fragen, die von den Interessenträgern im Rahmen der Konsultationen aufgeworfen wurden (z. B. zur Anwendbarkeit der Gruppenfreistellungsverordnung für Spezialisierungsvereinbarungen auf Konsortien). (EU-Kommission: ra)

eingetragen: 16.10.23
Newsletterlauf: 11.12.23


Meldungen: Europäische Kommission

  • Straßenverkehrssicherheit und Luftqualität

    Um die Straßenverkehrssicherheit und die Luftqualität in der gesamten EU zu verbessern, schlägt die Kommission eine umfassende Überarbeitung der EU-Vorschriften für die Straßenverkehrssicherheit und die Zulassung von Fahrzeugen vor.

  • Geldbußen bis zu 500 Mio. Euro

    Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass Apple nicht, wie im Gesetz über digitale Märkte vorgeschrieben, seine Einstellungen zur standardmäßigen Weiterleitung aufgehoben hat, und dass Meta gegen die im Gesetz über digitale Märkte vorgeschriebene Verpflichtung verstoßen hat, Verbraucherinnen und Verbraucher einen Dienst wählen zu lassen, bei dem weniger personenbezogene Daten verwendet werden.

  • Wiederherstellung der Rentabilität

    Die Europäische Kommission hat eine Umstrukturierungsbeihilfe in Höhe von 321,2 Mio. EUR, die Deutschland Condor zur Wiederherstellung ihrer Rentabilität gewährt hatte, nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt. Dieser Beschluss trägt dem Urteil des Gerichts vom 8. Mai 2024 Rechnung, mit dem ein vorheriger Kommissionsbeschluss vom Juli 2021 für nichtig erklärt wurde. Die deutsche Charterfluggesellschaft Condor erbringt von ihren Drehkreuzen in Deutschland aus Luftverkehrsdienstleistungen für Privatkunden und Reiseveranstalter, insbesondere im Rahmen von Freizeitreisen. Im September 2019 musste Condor wegen der Abwicklung seiner Muttergesellschaft, des Reisekonzerns Thomas Cook, Insolvenz anmelden.

  • Effizienter Austausch von Fahrzeugdaten

    Auf den Straßen der EU sind nach wie vor unsichere Fahrzeuge präsent. Sie verursachen Abstürze, direkt oder indirekt. Einige Fahrzeugmängel werden noch nicht erkannt, entweder weil sie bei der regelmäßigen technischen Inspektion (PTI) nicht geprüft werden oder weil keine Verpflichtung besteht, das Fahrzeug selbst zu prüfen. Darüber hinaus wurden die derzeitigen Testmethoden nicht an den Fortschritt und die Einführung neuer Technologien wie ADAS-Funktionen (Advanced Driver Assistance) und Elektrofahrzeuge angepasst. Auch die Kontrolle der Luftschadstoff- und Lärmemissionen von Fahrzeugen ist nach wie vor unzureichend, da einige der PTI-Tests nicht empfindlich genug sind, um Emissionen über die für die jüngsten Fahrzeuge geltenden gesetzlichen Grenzwerte hinaus zu erkennen, und die derzeitigen Prüfverfahren nicht geeignet sind, zur Verringerung der Luftverschmutzung (Stickstoffoxidemissionen (NOx)und Nanopartikel) und des Lärms beizutragen.

  • Verbesserung der Resilienz

    Die Europäische Kommission hat beschlossen, mit Gründen versehene Stellungnahmen an 19 Mitgliedstaaten (Bulgarien, Tschechien, Dänemark, Deutschland, Estland, Irland, Spanien, Frankreich, Zypern, Lettland, Luxemburg, Ungarn, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Slowenien, Finnland und Schweden) zu richten, weil diese Länder es versäumt haben, ihr die vollständige Umsetzung der NIS-2-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2022/2555) mitzuteilen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen