Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Interinstitutionelles Ethikgremium


Ethikgremium der EU: Kommission schlägt Einführung gemeinsamer Ethikstandards für alle EU-Institutionen vor
Konditionalität und Transparenzmaßnahmen, insbesondere für Treffen mit Interessenvertretern




Wie zu Beginn der Amtszeit von Präsidentin von der Leyen angekündigt, hat die Kommission nach informellen Konsultationen mit den anderen Institutionen einen Vorschlag für die Einrichtung eines interinstitutionellen Ethikgremiums angenommen, das Mitglieder der EU-Institutionen umfasst. Mit der Einrichtung des Ethikgremiums werden erstmals gemeinsame Standards für das ethische Verhalten der Mitglieder der Institutionen und ein förmlicher Mechanismus für die Koordinierung und den Meinungsaustausch zu ethischen Anforderungen zwischen den Institutionen geschaffen. Dank dieser Maßnahmen werden die EU-Politikerinnen und -Politiker gemeinsamen, klaren, transparenten und verständlichen Standards unterliegen.

Die Standards werden sich auf mehrere Bereiche beziehen:

>> Annahme von Geschenken, Bewirtung und Reisen, die von Dritten angeboten werden: Auch für die Annahme von Auszeichnungen, Abzeichen, Preisen oder Ehrengaben werden diese Standards gelten;
>> Konditionalität und Transparenzmaßnahmen, insbesondere für Treffen mit Interessenvertretern: Die Kommission, das Europäische Parlament und der Rat verfügen dank des Transparenz-Registers bereits über gemeinsame Standards für Treffen mit Interessenvertretern und deren Bekanntmachung. Die Standards werden beispielsweise um den Zugang zu den Räumlichkeiten der Institutionen erweitert;
>> anzugebende Interessen und Vermögenswerte, Festlegung der Kategorien sowie der für die Prüfung dieser Angaben angewandten Verfahren;
>> Nebenbeschäftigung oder externe Tätigkeiten, damit die Verfügbarkeit und Unabhängigkeit der Mitglieder der Institutionen nicht beeinträchtigt wird;
>> Tätigkeiten ehemaliger Mitglieder der Institutionen nach Ablauf des Mandats, Festlegung der Bedingungen und Transparenzanforderungen;
>> Umsetzung des gemeinsamen Rahmens, einschließlich der Überwachung der Einhaltung der Vorschriften sowie der Weiterverfolgung, auch mit Blick auf mögliche Fälle von Belästigung und Sanktionen, bei Verstößen innerhalb der einzelnen Institutionen;
>> zur Öffentlichkeit der Informationen: Jede Institution wird bekannt geben müssen, wie sie die Standards anwendet.

Während in den Verträgen die allgemeinen Verhaltensregeln und -grundsätze festgelegt sind, werden diese in den Geschäftsordnungen oder Verhaltenskodizes der meisten Institutionen genauer dargelegt. Dies hat zu einer Fragmentierung der Ethikrahmen der Institutionen geführt – die Vorschriften sind komplex und zersplittert. Zwar lassen sich einige Unterschiede durch die unterschiedlichen Rollen der einzelnen Institutionen und die unterschiedlichen Risiken erklären, die mit den verschiedenen Aufgaben verbunden sind, doch hat sich herausgestellt, dass eine gemeinsame Ethikkultur durch gemeinsame hohe Standards und Zusammenarbeit zwischen den Institutionen erforderlich ist. Nach seiner Annahme wird das Ethikgremium diese Lücke füllen, indem es gemeinsame und klare ethische Standards für die EU-Institutionen festlegt.

Das neue Gremium wird drei Hauptaufgaben haben:
>> Entwicklung der zuvor erläuterten gemeinsamen Mindeststandards, die für die Mitglieder der teilnehmenden EU-Organe und Einrichtungen gelten, sowie gegebenenfalls Aktualisierung dieser Standards; sie dienen als Mindestgrundlage – jeder Institution steht es frei, noch strengere interne Vorschriften zu erlassen; die Standards dürfen nicht so angewendet werden, dass bestehende Vorschriften geschwächt werden;
>> Meinungsaustausch über die internen Vorschriften der einzelnen Institutionen unter Berücksichtigung der Standards, um von den Erfahrungen der anderen zu lernen und zu profitieren;
>> Förderung einer gemeinsamen Ethikkultur aller Mitglieder der EU-Institutionen, Erleichterung des öffentlichen Verständnisses dieses Rahmens für jeden innerhalb und außerhalb der Institutionen; das Prinzip der Transparenz gilt auch für die Anwendung dieser Vorschriften in den Institutionen.
Alle Maßnahmen werden für die Öffentlichkeit transparent und nachvollziehbar sein. Andere Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Union werden die Möglichkeit haben, alle gemeinsamen Standards freiwillig zu übernehmen und sich an einem Meinungsaustausch zu beteiligen.

Das neue Ethikgremium wird sich nicht mit Einzelermittlungen befassen, es wird nicht in die Untersuchungen etablierter Gremien eingreifen oder diese in irgendeiner Weise einschränken. In Strafsachen, die sich gegen die finanziellen Interessen der Union richten, fällt dies gemäß den Verträgen in die Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) sowie der nationalen Polizei- und Justizbehörden. Bei Unregelmäßigkeiten und Verstößen gegen berufliche Pflichten liegt die Zuständigkeit beim Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF), im Fall von Missständen in der Verwaltungstätigkeit liegt sie beim Bürgerbeauftragten und bei Verstößen gegen Vorschriften bei jeder Institution selbst.

Hintergrund
Solide Ethik- und Transparenzrahmen sind ein wesentlicher Bestandteil einer verantwortungsvollen Staatsführung und tragen unter anderem zur Verhinderung von Korruption und unzulässigen Eingriffen in demokratische Prozesse bei. Der heutige Vorschlag ist Teil des umfassenderen Maßnahmenpakets der Kommission zur Förderung von Integrität sowie zur Verteidigung des demokratischen Systems der Union und der Rechtsstaatlichkeit.

Präsidentin von der Leyen unterstützte in ihren politischen Leitlinien die Schaffung eines interinstitutionellen Ethikgremiums. In seiner Entschließung vom 16. September 2021 betonte das Europäische Parlament, dass "ein einziges unabhängiges Ethikgremium der EU die kohärente und vollständige Umsetzung der Ethikstandards in allen Organen der EU besser sicherstellen könnte, damit öffentliche Entscheidungen im Hinblick auf das Gemeinwohl und das Vertrauen der Bürger in die EU-Organe getroffen werden."

Das Ethikgremium ist kohärent mit den Maßnahmen der Kommission in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Transparenz – zusammen mit anderen Initiativen wie dem am 3. Mai vorgelegten Paket zur Korruptionsbekämpfung, dem anstehenden Paket zur Verteidigung der Demokratie und der im Mai 2021 zwischen Parlament, Rat und Kommission geschlossenen interinstitutionellen Vereinbarung über ein verbindliches Transparenz-Register.

Die Grundsätze und Regeln, die das ordnungsgemäße Verhalten der Mitglieder der Organe in Bezug auf Unabhängigkeit und Integrität gewährleisten sollen, wurden in den Europäischen Verträgen festgelegt.
(EU-Kommision: ra)

eingetragen: 13.06.23
Newsletterlauf: 04.08.23


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Durchsetzung des Kartellrechts

    Die Europäische Kommission hat die Evaluierungsergebnisse für die EU-Verordnungen, in denen die Verfahren für die Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften festgelegt sind (Verordnungen 1/2003 und 773/2004), in Form einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen veröffentlicht.

  • Halbleiterfertigungsanlage in Dresden

    Die Europäische Kommission hat eine 5 Mrd. EUR schwere deutsche Maßnahme zur Unterstützung der European Semiconductor Manufacturing Company ("ESMC") beim Bau und Betrieb eines Mikrochip-Werks in Dresden nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt.

  • Einfuhren von Elektrofahrzeugen

    Im Rahmen ihrer laufenden Antisubventionsuntersuchung hat die Europäische Kommission den interessierten Parteien heute den Entwurf ihrer Entscheidung zur Einführung endgültiger Ausgleichszölle auf die Einfuhren batteriebetriebener Elektrofahrzeuge aus China offengelegt.

  • Transparenz der Werbung

    Die EU-Kommission hat X von ihrer vorläufigen Auffassung in Kenntnis gesetzt, dass es in Bereichen im Zusammenhang mit "Dark Patterns", Transparenz der Werbung sowie Datenzugang für Forschende gegen das Gesetz über digitale Dienste (DSA) verstößt.

  • Lebensmittel-Lieferdiensten in Europa

    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Kartellverfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob Delivery Hero und Glovo durch Beteiligung an einem Kartell im Bereich der Online-Bestellung und -Lieferung von Mahlzeiten, Lebensmitteln und sonstigen Verbrauchergütern im Europäischen Wirtschaftsraum ("EWR") gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften verstoßen haben. Delivery Hero und Glovo zählen zu den größten Lebensmittel-Lieferdiensten in Europa. Delivery Hero hielt ab Juli 2018 eine Minderheitsbeteiligung an Glovo, bis es im Juli 2022 die alleinige Kontrolle über das Unternehmen erwarb.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen