Sie sind hier: Home » Markt » Nachrichten

Wirtschaftskriminalität: BDK fordert Expertenkripo


Entwicklung der "Corporate Compliance"-Aktivitäten wird zu einem Anstieg der Fallzahlen gerade im Bereich Wirtschaftskriminalität führen
Bei Überforderung der Strafverfolgungsbehörden werden Unternehmen die Sachverhaltsaufklärung in Deliktsfällen verstärkt in eigene Hände nehmen


Uwe Dolata:
Uwe Dolata: Berechtigung für eine Expertenkripo, Bild: Dolata

(29.10.08) - Weit über 4 Milliarden Euro Schaden im Bereich der Wirtschaftskriminalität in der BRD (BKA: 2006) mit steigender Tendenz. Wenn man bedenkt, dass überhaupt nur 5 bis 10 Prozent der Fälle amtlich bekannt werden, also nur ein sehr geringer Teil überhaupt zu den Staatsanwaltschaften gelangt, so muss es doch sehr nachdenklich stimmen, dass die Ermittlungsbehörden mit dieser Spitze des Eisbergs offenbar schon völlig überfordert sind, stellt der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) fest.

Ob es dem Staatsministerium des Innern gefällt oder nicht: Die Unternehmen werden die Sachverhaltsaufklärung in Deliktsfällen mehr und mehr in die eigenen Hände nehmen, weil sie sehr wohl sehen, dass die Strafverfolgungsbehörden ungenügend mit Personal und technischer Infrastruktur ausgestattet sind und in internationalen Fällen häufig überfordert wirken.

Trotzdem ist zu erwarten, dass die Entwicklung der Corporate Compliance-Aktivitäten und der Aufbau privater Ermittlungsorganisationen in den Unternehmen künftig häufiger zur Entdeckung von Wirtschaftsstraftaten und damit zu einem Anstieg der Fallzahlen gerade im Bereich Wirtschaftskriminalität führen wird.

Besonders stark angestiegen sind Internetfälle: Jede zehnte bekannt gewordene Wirtschaftsstraftat ist heute ein Internetdelikt.

Die besonderen Strukturmerkmale der Erscheinungsformen der Wirtschaftskriminalität stellen hohe Anforderungen an die Aufklärungsarbeit und die Fachkompetenz der Ermittlungsbehörden. "Mit herkömmlicher Vernehmungstaktik bringt man diese Täter selten zu einem Geständnis", so BDK-Pressesprecher des LV Bayern, Uwe Dolata aus Würzburg. Sie handeln mit strategischem Kalkül und sie können sich erstklassige Strafverteidiger leisten, die ihr Handwerk verstehen.

Es ist erforderlich, dass die chronisch unterbesetzten Kommissariate für Wirtschaftskriminalität nicht nur endlich aufgestockt werden, sondern auch nicht nur aus eigenen und hervorragend ausgebildeten und praxisbewährten Wirtschaftskriminalisten bestehen. Vielmehr müssen für den Aufbau solcher Eliteeinheiten externe Spezialisten hinzugeholt werden, denen als Seiteneinsteiger die Beamtenlaufbahn im höheren Dienst offen stehen muss.

"Es fehlt insgesamt an entsprechend dotierten Planstellen. Hier ist die Politik aufgerufen. Die Berechtigung für eine Expertenkripo zeigt sich nirgends so deutlich wie im Bereich der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität. Wer richtig hinsieht, entdeckt viel, wer viel richtig hinsieht entdeckt viel mehr", sagte Dolata. (BDK: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Markt-Nachrichten

  • Massiver Datenschutzverstoß

    Vierzehn Menschenrechts- und Digitalrechtsorganisationen - darunter auch die Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD) - starteten, koordiniert von Liberties, die Kampagne #StopSpyingOnUs, indem sie gleichzeitig in neun EU-Ländern bei ihren nationalen Datenschutz-Aufsichtsbehörden Beschwerden gegen illegale Verfahren der verhaltensorientierten Werbung einreichen. Zu den Ländern, die an der Kampagne teilnehmen, gehören Deutschland, Belgien, Italien, Frankreich, Estland, Bulgarien, Ungarn, Slowenien und die Tschechische Republik. Dies ist die dritte Welle einer Kampagne, die 2018 begann. Die ersten Beschwerden wurden bei den britischen und irischen Datenschutzbehörden eingereicht.

  • Tausende Briefkastengesellschaften vorgehalten

    Seit drei Jahren ermittelt das Bundeskriminalamt im Auftrag der Staatsanwaltschaft München I wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen insgesamt drei Beschuldigte. Ab 18.02.2019 erfolgte die gleichzeitige Beschlagnahme von vier Immobilien in Schwalbach am Taunus, Nürnberg, Regensburg und Mühldorf am Inn im Gesamtwert von rund 40 Millionen Euro. Daneben wurde ein Konto bei einer Bank in Lettland mit einem erwarteten Guthaben in Höhe von ca. 1,2 Millionen Euro beschlagnahmt, welches aus der Veräußerung einer weiteren Immobilie in Chemnitz herrührt. Zusätzlich wurde die vorläufige Sicherung von Kontoguthaben bei diversen Banken in Deutschland auf der Grundlage von Vermögensarresten in Höhe von ca. 6,7 Millionen Euro bei zwei beteiligten Immobiliengesellschaften in Deutschland veranlasst.

  • Korruption: Dunkelfeld weiterhin sehr groß

    Das Bundeskriminalamt (BKA) hat 2017 einen Rückgang der Korruptionsstraftaten registriert. Wie aus dem veröffentlichten Bundeslagebild Korruption hervorgeht, nahm die Zahl dieser Straftaten im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent auf 4.894 ab. Damit wurde 2017 die niedrigste Anzahl von Korruptionsstraftaten seit fünf Jahren gemeldet. Das BKA führt diese Entwicklung unter anderem auf etablierte Compliance-Strukturen in Unternehmen und Behörden sowie auf die damit verbundene Sensibilisierung der Mitarbeiter zurück. Einen Grund zur Entwarnung liefern die Zahlen indes nicht: Nur ein Teil aller begangenen Korruptionsstraftaten wird polizeilich bekannt. Das Dunkelfeld wird weiterhin als sehr groß eingeschätzt.

  • Organisierte Kriminalität ist transnational

    "Die Organisierte Kriminalität hat viele Gesichter und Betätigungsfelder. Damit ist und bleibt das Bedrohungs- und Schadenspotential, das von Organisierter Kriminalität ausgeht, unverändert hoch", so BKA-Präsident Holger Münch bei der heutigen Pressekonferenz im BKA-Wiesbaden zur Vorstellung des Lagebildes Organisierte Kriminalität 2017. Die Gesamtzahl der Ermittlungsverfahren gegen Gruppierungen der Organisierten Kriminalität liegt auf unverändert hohem Niveau: 2017 wurden 572 OK-Verfahren registriert (2016: 563). Rund 1/3 der OK-Gruppierungen ist im Bereich der Rauschgiftkriminalität (36,2 Prozent) aktiv. Damit ist und bleibt Drogenhandel das Hauptbetätigungsfeld von OK-Gruppierungen, gefolgt von Eigentumskriminalität (16,4 Prozent). An dritter Stelle findet sich Wirtschaftskriminalität (11,0 Prozent). Der polizeilich erfasste Schaden lag 2017 bei rund 210 Millionen Euro (2016: rund 1 Mrd. Euro).

  • Finanzermittlungen der Ermittlungsbehörden

    Der FIU-Jahresbericht für das Jahr 2016 verzeichnet mit rund 40 Prozent die höchste Steigerungsrate an Geldwäscheverdachtsmeldungen innerhalb der letzten 15 Jahre. Insgesamt 40.690 (2015: 29.108) Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz wurden an die FIU übermittelt, der Großteil davon von den Kreditinstituten. Mit 38 Prozent (2015: 32 Prozent) sind die meisten Bezüge zum Deliktsbereich Betrug festgestellt worden. Darunter fallen zum Beispiel auch der Warenbetrug über das Internet und der CEO-Fraud. Durch die Erkenntnisse, die direkt aus den Verdachtsmeldungen gewonnen werden konnten und den anschließenden verfahrensunabhängigen Finanzermittlungen stellten die Ermittlungsbehörden insgesamt Vermögenswerte von rund 69, 8 Millionen Euro sicher. Das sind 10 Prozent mehr als im Vorjahr.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen