Biometrie-Debatte mit Schäubles Fingerabdruck
Chaos Computer Club (CCC) beschafft sich Fingerabdruck von Innenminister Wolfgang Schäuble
CCC will mit der Veröffentlichung die Debatte um die biometrische Vollerfassung jedes Bürgers greifbarer machen
(01.04.08) - Die Debatte um die biometrische Kompletterfassung der Bundesbürger war bisher eher abstrakt. Um ihr eine konkretere Form zu geben, hat der Chaos Computer Club (CCC) seiner Vereinszeitschrift "Die Datenschleuder" ein biometrisches Sammelalbum für die Fingerabdrücke schnüffelfreudiger Politiker beigelegt.
Eröffnet wird das heitere Abdrucksammeln mit einem Fingerabdruck des Innenministers Dr. Wolfgang Schäuble. Der Abdruck wurde durch CCC-Aktivisten von einem Wasserglas sichergestellt, das Schäuble bei einer öffentlichen Veranstaltung benutzt hatte.
Die Befürworter einer Umwandlung der Bundesrepublik in einen biometrischen Überwachungsstaat betonen immer wieder, wer nichts zu verbergen habe, hätte auch nichts zu befürchten. Der Chaos Computer Club möchte mit dem biometrischen Sammelalbum die Probe aufs Exempel machen. Wenn unsere Überwachungspolitiker auch privat meinen, was sie öffentlich vertreten, sollten sie kein Problem damit haben, ihre biometrischen Daten publiziert zu sehen.
Das Innenministerium behauptete bei der Einführung biometrischer Pässe, dass Bilder des Gesichts und der Finger in ihrer Bedeutung für die Privatsphäre im Wesentlichen identisch sind.
"Wir haben nach der Logik des Innenministeriums also nur das Äquivalent von einem Foto einer Person des öffentlichen Lebens erstellt", erläuterte CCC-Sprecher Dirk Engling das Vorgehen des Clubs. Ein Fingerbild muss sich jeder Bundesbürger für den Reisepass und bald für den Personalausweis abnehmen lassen.
"Wir wollen mit der Veröffentlichung die Debatte um die biometrische Vollerfassung jedes Bürgers greifbarer machen", erklärte CCC-Sprecher Dirk Engling. "Fingerabdruck-Biometrie ist nicht so sicher, wie die Politik beteuert. Sie gehört in keine sicherheitsrelevante Anwendung – und erst recht nicht in den ePass."
Mit der Veröffentlichung weist der Club erneut deutlich auf die grundsätzlichen Risiken biometrischer Systeme hin. Jeder Mensch hat maximal zehn Fingerabdrücke, die er weder ersetzen noch schmerzfrei verändern kann. Doch der biometrische Identitätsdiebstahl erfordert lediglich den Zugriff auf einen brauchbaren Abdruck (z. B. an einem Glas), eine Digitalkamera und einen Laserdrucker zum Erstellen einer Folienvorlage und etwas Holzleim für die Fingerabdruck-Attrappen. Eine einfache Anleitung für das Kopieren von Fingerabdrücken hatte der CCC bereits im Jahre 2004 veröffentlicht
(siehe: Bastelanleitung und 2-Minuten-Anleitung als Video).
Der Datenschleuder liegen die Vorlage und eine fertige Attrappe bei. Um damit zum Beispiel bei Edeka einkaufen gehen zu können, muss man den nachgemachten Abdruck nur noch vorsichtig auf den eigenen Finger kleben. Somit kann man praktisch alle üblichen Fingerabdruck-Biometriesysteme überlisten.
"Die Verwendung von Fingerabdrücken zur Identifizierung von Bürgern ist ein technischer und sicherheitspolitischer Irrweg, der so schnell wie möglich beendet werden muss. Der Bundestag ist aufgefordert, das Biometrie-Pass-Experiment schleunigst zu beerdigen. Die personellen Verflechtungen von Biometrie-Industrie und Innenpolitikern müssen dabei genauso beleuchtet werden, wie die undurchsichtigen Transaktionen um die Bundesdruckerei", fasste CCC-Sprecher Engling die Forderungen des Clubs zusammen.
Die Ausgabe #92 der Zeitschrift "Die Datenschleuder" kann beim Chaos Computer Club unter http://ds.ccc.de/order.html bestellt werden.
(CCC: ra)
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Tausende Briefkastengesellschaften vorgehalten
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Korruption: Dunkelfeld weiterhin sehr groß
Das Bundeskriminalamt (BKA) hat 2017 einen Rückgang der Korruptionsstraftaten registriert. Wie aus dem veröffentlichten Bundeslagebild Korruption hervorgeht, nahm die Zahl dieser Straftaten im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent auf 4.894 ab. Damit wurde 2017 die niedrigste Anzahl von Korruptionsstraftaten seit fünf Jahren gemeldet. Das BKA führt diese Entwicklung unter anderem auf etablierte Compliance-Strukturen in Unternehmen und Behörden sowie auf die damit verbundene Sensibilisierung der Mitarbeiter zurück. Einen Grund zur Entwarnung liefern die Zahlen indes nicht: Nur ein Teil aller begangenen Korruptionsstraftaten wird polizeilich bekannt. Das Dunkelfeld wird weiterhin als sehr groß eingeschätzt.
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Finanzermittlungen der Ermittlungsbehörden
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