Null-Toleranz-Haltung gegenüber Korruption
Korruptionswahrnehmungsindex 2010: Korruptionsbekämpfung bleibt weltweite Herausforderung
Transparency kritisiert fehlende Konsequenzen aus Parteisponsoringaffären
(28.10.10) - Die Antikorruptionsorganisation Transparency International hat ihren Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) veröffentlicht. Der CPI misst den Grad der im öffentlichen Sektor - bei Beamten und Politikern - wahrgenommenen Korruption. Es handelt sich um einen zusammengesetzten Index, der sich auf verschiedene Experten- und Managerumfragen stützt.
Drei Viertel der 178 untersuchten Länder erzielt auf einer Skala von null (als sehr korrupt wahrgenommen) bis zehn (als wenig korrupt wahrgenommen) weniger als fünf Punkte. Korruption bleibt damit weltweit ein ernst zu nehmendes Problem. Angesichts milliardenschwerer Hilfsprogramme und Investitionen zur Lösung globaler Probleme müssen sich Regierungen uneingeschränkt zu guter Regierungsführung bekennen.
Transparenz und Rechenschaftspflicht sowie eine Null-Toleranz-Haltung gegenüber Korruption müssen Priorität haben. Nur so können die weltweiten Bemühungen zur Überwindung von Armut, Klimawandel und Finanzkrise zum Tragen kommen.
Griechenland, Italien und USA rutschen ab
Die Punktwerte von Griechenland, Italien, den USA, Madagaskar, Niger, der Tschechischen Republik und Ungarn haben sich im Vergleich zu 2009 verschlechtert. Eine positive Entwicklung des Punktwertes ist dagegen in den folgenden Ländern festzustellen: Bhutan, Chile, Ecuador, Gambia, Haiti, Jamaika, Katar, Kuwait und Mazedonien.
Dänemark, Neuseeland und Singapur teilen sich wie im letzten Jahr den ersten Platz (9,3). Die unteren Ränge des CPI werden von Ländern belegt, die von dauerhaften Konflikten gezeichnet sind. Afghanistan und Myanmar teilen sich den vorletzten Platz (1,4). Somalia ist weltweites Schlusslicht (1,1).
Deutschland: Spielraum für Verbesserungen in Politik und öffentlicher Verwaltung
Deutschland belegt mit einem Punktwert von 7,9 (2009: 8,0) im weltweiten Maßstab einen 15. Platz (2009: 14). Im Vergleich zu europäischen und vergleichbaren Industrieländern nimmt Deutschland allerdings eher eine mittelmäßige Position ein. Die Bundesrepublik liegt vor allem deutlich hinter den europäischen Spitzenreitern Dänemark (9,3), Finnland (9,2) und Schweden (9,2).
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die wahrgenommene Korruption in Deutschland nicht verändert. Ein Trend zur Zu- oder Abnahme von Korruption lässt sich statistisch nicht abbilden. Laut dem Bundeslagebild Korruption 2009 des Bundeskriminalamtes muss nach wie vor von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden.
Positive Entwicklungen sind unverkennbar. Die Zahl der polizeilichen Ermittlungsverfahren ist dank einer größeren Anzeigebereitschaft gestiegen. Sowohl in der öffentlichen Verwaltung wie in der Privatwirtschaft wurden mehr Präventionsmaßnahmen ergriffen.
Edda Müller, Vorsitzende von Transparency Deutschland, sagte: "Wichtig für die Prävention von Korruption ist Sensibilisierung. Hier hat sich einiges getan. Die gestiegene Aufmerksamkeit muss sich jetzt noch stärker im Handeln der Menschen niederschlagen. Veränderungen in Politik und öffentlicher Verwaltung können erst dann wahrgenommen werden, wenn politische Eliten mit gutem Beispiel vorangehen. Dringender Reformbedarf besteht bei der Regelung der Abgeordnetenbestechung sowie bei der Neuregelung von Parteispenden und Parteisponsoring".
Verschärfung der Abgeordnetenbestechung
Für die im europäischen Maßstab eher mittelmäßige Position Deutschlands ist unter anderem die Tatsache verantwortlich, dass Deutschland die UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) bis heute nicht ratifiziert hat. Hinderungsgrund ist die unzureichende Regelung der Abgeordnetenbestechung. Die Verschärfung des Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung (§ 108e StGB) wird daher nicht zuletzt vom Europarat angemahnt.
Auf eine entsprechende Gesetzesinitiative, mit der unter anderem auch das Fehlverhalten kommunaler Mandatsträger wirksamer geahndet werden könnte, warten wir seit Jahren. Im Jahr 2009 wurden zur Abgeordnetenbestechung sechs Straftaten polizeilich bekannt, die sich alle auf die kommunale Ebene bezogen (Bundeslagebild 2009, BKA).
Die UN-Konvention gegen Korruption wurde inzwischen von über 140 Staaten ratifiziert. Von den G20-Staaten haben allein Deutschland, Indien, Japan und Saudi-Arabien die UNCAC noch nicht ratifiziert. Im europäischen Vergleich reihen sich allein Irland, Island, Kosovo und die Tschechische Republik mit Deutschland in die Reihe der Staaten, welche die UNCAC noch nicht ratifiziert haben.
Neuregelung von Parteispenden und Parteisponsoring
Schon die 2001 eingesetzte Parteienkommission ("Rau-Kommission") bescheinigte dem deutschen System der Parteinfinanzierung Schwächen in Bezug auf Parteisponsoring und die Veröffentlichung von Parteispenden. Seitdem gab es allerdings keine Reformbemühungen seitens der Regierungsfraktionen. Auch der Europarat hatte im Dezember 2009 deutliche Kritik an der aktuellen Regelung der Parteienfinanzierung geübt. Unter anderem fordert der Europarat eine Klarstellung der Bedingungen, unter denen politische Parteien Sponsoringleistungen annehmen dürfen.
Jochen Bäumel, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland, stellte fest: "Die Forderung nach mehr Transparenz bei Parteispenden ist alt, doch anscheinend fehlt der politische Wille zu erforderlichen Reformen. Nachdem jetzt noch einmal eklatante Unklarheiten hinsichtlich des Parteisponsorings zutage getreten sind, hat die Koalition die Möglichkeit, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und Parteispenden und Parteisponsoring besser zu regeln."
Anfang des Jahres waren einige Fälle von zweifelhaftem Parteisponsoring bekannt geworden. Transparency hatte gefordert, Parteisponsoring klar zu regeln. Bisher fehlen für die Beurteilung von Parteisponsoring im Parteiengesetz jegliche Maßstäbe.
Transparency fordert
>> Gleiche Veröffentlichungspflichten für Sponsoring wie für Parteispenden,
>> Begrenzung von Parteispenden und Sponsoring zusammen auf 50.000 Euro pro Jahr und Konzern, Unternehmen, Verband bzw. Person
>> Kontrolle der Einhaltung des Parteiengesetzes durch den Beauftragen für Politikfinanzierung und Transparenz (eine neu zu schaffende, weisungsungebundene Position) und
> Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit von Sponsoring als Betriebsausgaben.
Anträge von Oppositionsfraktionen zu Parteispenden und -sponsoring wurden an den Innenausschuss überwiesen. Nach einer öffentlichen Anhörung Anfang Juni, scheint das Thema parlamentarisch in Vergessenheit geraten zu sein.
(Transparency International: ra)
Transparency International: Kontakt und Steckbrief
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