Gentechnik: Hohe Hürden für Gentests
Genetische Untersuchungen dürfen nur durchgeführt werden, wenn die betroffene Person in die Untersuchung rechtswirksam eingewilligt hat
Heimliche Vaterschaftstests sind nun unzulässig - Das Gesetz beschränkt vorgeburtliche Untersuchungen auf rein medizinische Zwecke
(28.04.09) - Erkenntnisse der modernen Humangenetik können helfen, Krankheiten zu erkennen und zu heilen. Die Gendiagnostik birgt aber auch große Gefahren für die Menschenwürde und Selbstbestimmung. Dem Missbrauch gendiagnostischer Untersuchungsergebnisse wird jetzt zuverlässig vorgebeugt.
Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz über genetische Untersuchungen bei Menschen verabschiedet. Der vom Bundeskabinett bereits im vergangenen August beschlossene Gesetzentwurf wurde nach intensiven Diskussionen weiter präzisiert. Das Gendiagnostikgesetz soll die Menschen wirksam vor dem möglichen Missbrauch der Ergebnisse von Gentests schützen.
Erstmals gibt es damit verbindliche Regeln und hohe Hürden für genetische Untersuchungen.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt sprach im Parlament von einem guten Kompromiss zwischen dem "Recht auf Wissen" und dem "Recht auf Nicht-Wissen". "Erkenntnisse aus solchen Untersuchungen können das Leben der Menschen ganz massiv beeinträchtigen und Eltern vor ganz schwierige Entscheidungen stellen", gab Schmidt zu bedenken.
Diskriminierung ausschließen
Genetische Untersuchungen stehen wie kaum eine andere Untersuchung in einem Spannungsverhältnis zu Menschenwürde, Gesundheit und informationeller Selbstbestimmung des Einzelnen. Die Bundesregierung will mit dem Gesetz verhindern, dass genetisch sensible Daten missbraucht oder Menschen aufgrund ihrer genetischen Eigenschaften diskriminiert werden.
Einen hohen Stellenwert hat die umfassende Beratung der Betroffenen vor einer genetischen Untersuchung.
Die Regelungen des Gesetzes im Einzelnen:
- Jedermann hat ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung: Dazu gehört das Recht, die eigenen genetischen Befunde zu kennen (Recht auf Wissen). Es gilt aber auch das Recht, diese nicht zu kennen (Recht auf Nichtwissen). Zudem bestimmen die Betroffenen selbst, was mit ihren Daten passiert.
- Niemand darf wegen seiner genetischen Eigenschaften diskriminiert oder stigmatisiert werden. Genetische Untersuchungen dürfen nur durchgeführt werden, wenn die betroffene Person in die Untersuchung rechtswirksam eingewilligt hat. Bei nicht einwilligungsfähigen Personen gelten besonders strenge Vorgaben.
- Genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken dürfen ausschließlich von besonders dafür qualifizierten Ärztinnen und Ärzte durchgeführt werden.
- Genetische Untersuchungen auf Verlangen des Arbeitgebers sind strikt verboten. Auch dürfen Arbeitgeber Ergebnisse einer im anderen Zusammenhang vorgenommenen genetischen Untersuchung weder erfragen noch entgegennehmen oder verwenden. Beim Arbeitsschutz sind genetische Untersuchungen bei arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen nicht beziehungsweise nur unter eng gefassten Voraussetzungen zugelassen.
- Versicherungsunternehmen dürfen beim Abschluss eines Versicherungsvertrages grundsätzlich weder eine genetische Untersuchung noch Auskünfte über bereits durchgeführte Untersuchungen verlangen. Um Missbrauch zu vermeiden, müssen lediglich die Ergebnisse bereits vorgenommener genetischer Untersuchungen vorgelegt werden, wenn eine Versicherung mit einer sehr hohen Versicherungssumme (300.000 Euro) abgeschlossen werden soll.
- Das Gesetz beschränkt vorgeburtliche Untersuchungen auf rein medizinische Zwecke. Vorgeburtliche genetische Untersuchungen auf im Erwachsenenalter möglicherweise auftretende Krankheiten sind strikt verboten. Dabei geht es um solche Krankheiten, die nach medizinischen Erkenntnissen erst nach dem 18. Lebensahr ausbrechen können, zum Beispiel Brustkrebs oder das Nervenleiden Chorea-Huntington.
- Außerdem verbietet der Gesetzentwurf heimliche Abstammungstests. Wer trotzdem zum Beispiel heimliche "Vaterschaftstests" durchführt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit bis zu 5.000 Euro geahndet wird. Für diese Tests ist die Einwilligung des Kindes oder des gesetzlichen Vertreters nötig.
Das Gendiagnostikgesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. (Deutsche Bundesregierung: ra)
Lesen Sie mehr:
Die Stellungnahmen der Sachverständigen und Interessenverbände sind abrufbar unter http://www.bundestag.de/ausschuesse/a14/anhoerungen/105/stllg/index.html
Weitere Informationen
Gesetz über genetische Untersuchungen bei Menschen
Gentechnik: Hohe Hürden bei Gentests
Gentest und Datenschutz
Lesen Sie auch (externer Link):
Fragen und Antworten zum Gendiagnostikgesetz
Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>