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Datenvorteil: Personalisierung von Werbeanzeigen


Fusionskontrolle: Europäische Kommission leitet eingehende Untersuchung der geplanten Übernahme von Fitbit durch Google ein
Die Kommission wird nun eine eingehende Untersuchung der Auswirkungen der Übernahme vornehmen, um festzustellen, ob sich ihre anfänglichen wettbewerbsrechtlichen Bedenken in Bezug auf die Märkte für Online-Werbung bestätigen



Die Europäische Kommission wird die geplante Übernahme von Fitbit durch Google einer eingehenden Prüfung nach der EU Fusionskontrollverordnung unterziehen. Die Kommission befürchtet, dass die Marktposition von Google auf den Märkten für Online-Werbung weiter gefestigt würde, da die riesige Datenmenge, über die Google bereits verfügt und die es zur Personalisierung der von ihm platzierten und angezeigten Werbeanzeigen nutzen könnte, durch die geplante Übernahme noch weiter wachsen würde.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission Margrethe Vestager erklärte dazu: "Es wird davon ausgegangen, dass die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher tragbare Geräte in den kommenden Jahren immer intensiver nutzen werden. Dies wird mit einem exponentiellen Anstieg der durch diese Geräte generierten Daten einhergehen. Diese bieten tiefe Einblicke in Leben und Gesundheit ihrer Nutzer. Wir wollen durch unsere Untersuchung sicherstellen, dass die Kontrolle, die Google infolge der Übernahme über Daten, die über tragbare Geräte erhoben werden, erhält, nicht zu einer Verfälschung des Wettbewerbs führt."

Vorläufige wettbewerbsrechtliche Bedenken der Kommission
Die Kommission hat im Anschluss an ihre vorläufige Untersuchung Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der Übernahme geäußert. Diese betreffen die Bereitstellung von Werbediensten in den Bereichen Online-Suche und Online-Anzeigen (Verkauf von Werbeflächen auf der Ergebnisseite einer Internet-Suchmaschine oder auf anderen Internetseiten) sowie die Erbringung von "Ad-Tech-Diensten" (Analyse und digitale Werkzeuge zur Erleichterung von automatisiertem Verkauf und Kauf digitaler Werbung). Durch die Übernahme von Fitbit würde Google i) die von Fitbit geführte Datenbank über die Gesundheit und Fitness seiner Nutzer und ii) die Technologie zur Entwicklung einer Datenbank, die der von Fitbit ähnlich ist, erwerben.

Daten, die über am Handgelenk getragene Geräte erhoben werden, scheinen zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Prüfung der Übernahme durch die Kommission erhebliche Vorteile auf den Märkten für Online-Werbung zu bieten. Wenn Google seinen Datenvorteil bei der Personalisierung von Werbeanzeigen, die es über seine Suchmaschine platziert und auf anderen Internetseiten anzeigt, weiter ausbaut, würde es für Wettbewerber schwieriger, mit den Online-Werbediensten von Google mitzuhalten. Dadurch würden für Wettbewerber von Google in Bezug auf diese Dienste Schranken für den Marktzutritt und Hindernisse für die Expansion geschaffen, was letztlich zulasten von Werbetreibenden und Website-Betreibern ginge, die höhere Preisen zahlen müssten und weniger Auswahl hätten.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Untersuchung ist die Kommission der Auffassung, dass Google
>> im Bereich des Angebots von Suchmaschinenwerbung in den EWR-Ländern eine marktbeherrschende Stellung innehat (für Portugal sind keine Angaben zu den Marktanteilen verfügbar);
>> zumindest in Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Polen, Rumänien, Schweden, der Slowakei, Slowenien, Spanien, Ungarn und dem Vereinigten Königreich hinsichtlich der Erbringung von Online-Werbediensten über eine starke Marktposition verfügt, insbesondere bezüglich der Werbung auf anderen als sozialen Netzwerken;
>> hinsichtlich der Erbringung von Dienstleistungen im Bereich "Ad-Tech-Dienste" im EWR über eine starke Marktposition verfügt.

Die Kommission wird nun eine eingehende Untersuchung der Auswirkungen der Übernahme vornehmen, um festzustellen, ob sich ihre anfänglichen wettbewerbsrechtlichen Bedenken in Bezug auf die Märkte für Online-Werbung bestätigen.

Darüber hinaus wird die Kommission prüfen,
>> welche Auswirkungen in der in Europa noch jungen Branche der digitalen Gesundheitsdienste entstehen‚ wenn Fitbit und Google ihre Datenbanken und ihre Kompetenzen zusammenlegen, und
>> ob Google die Fähigkeit und den Anreiz hätte, die Interoperabilität tragbarer Geräte seiner Konkurrenten mit dem Google-Betriebssystem Android für Smartphones zu beeinträchtigen, sobald es Eigentümer von Fitbit ist.

Die Kommission hat bei ihrer vorläufigen Untersuchung eng mit Wettbewerbsbehörden aus der ganzen Welt sowie mit dem Europäischen Datenschutzausschuss zusammengearbeitet. Sie wird diese Zusammenarbeit auch während der eingehenden Untersuchung fortsetzen.

Der Zusammenschluss wurde am 15. Juni 2020 bei der Kommission zur Genehmigung angemeldet. Am 13. Juli 2020 hat Google Verpflichtungsangebote vorgelegt, um die Bedenken der Kommission auszuräumen, und angeboten, ein Datensilo zu schaffen, in dem Daten virtuell gespeichert werden und bestimmte, über tragbare Geräte erhobene Daten getrennt von den übrigen Datensätzen von Google aufbewahrt würden. Die Daten im Silo dürften von Google nicht für Werbezwecke genutzt werden. Die Kommission ist jedoch der Auffassung, dass das von Google vorgeschlagene Datensilo nicht ausreicht, um die zum gegenwärtigen Zeitpunkt festgestellten ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der Übernahme endgültig auszuräumen. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die in einem Datensilo bestehende Abhilfemaßnahme nicht alle Daten abdecken würde, zu denen Google infolge der geplanten Übernahme Zugang hätte und die für Werbezwecke geeignet wären.

Die Kommission muss nun innerhalb von 90 Arbeitstagen, also spätestens am 9. Dezember 2020, einen Beschluss erlassen. Die Einleitung eines eingehenden Prüfverfahrens greift dem Ergebnis der Untersuchung nicht vor.

Unternehmen und Produkte
Google ist ein amerikanisches multinationales Technologieunternehmen, das in vielen unterschiedlichen Bereichen wie Online-Werbung, Internetsuche, Cloud-Computing, Software und Hardware tätig ist. Neben anderen Produkten und Diensten entwickelt Google lizenzpflichtige Betriebssysteme für Smartphones und Smartwatches sowie Anwendungen wie eine Gesundheits- und Fitness-App. Darüber hinaus bietet das Unternehmen IT- und Informations-/ Forschungsdienstleistungen für die Gesundheitsbranche an. Google erzielt den mit Abstand überwiegenden Teil seiner Einnahmen aus der Online-Werbung über seine Internetsuchmaschine.

Fitbit ist ein amerikanisches Unternehmen, das in Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von tragbaren Geräten (Smartwatches und Fitness-Tracker) und vernetzten Waagen im Gesundheits- und Wellnesssektor sowie in der Bereitstellung von damit verbundener Software und Dienstleistungen tätig ist.

Fusionskontrollvorschriften und -verfahren
Die Kommission hat die Aufgabe, Fusionen und Übernahmen von Unternehmen zu prüfen, deren Umsatz bestimmte Schwellenwerte übersteigt (siehe Artikel 1 der Fusionskontrollverordnung), und Zusammenschlüsse zu untersagen, die den wirksamen Wettbewerb im gesamten oder in einem wesentlichen Teil des EWR erheblich behindern würden.

Der weitaus größte Teil der angemeldeten Zusammenschlüsse ist wettbewerbsrechtlich unbedenklich und wird nach einer Standardprüfung genehmigt. Nach der Anmeldung muss die Kommission in der Regel innerhalb von 25 Arbeitstagen entscheiden, ob sie das Vorhaben im Vorprüfverfahren (Phase I) genehmigt oder ein eingehendes Prüfverfahren (Phase II) einleitet.

Neben dem Verfahren zum vorliegenden Zusammenschluss laufen derzeit sechs weitere eingehende Prüfverfahren (Phase II). Diese betreffen die geplante Übernahme von Chantiers de l'Atlantique durch Fincantieri, die geplante Übernahme von GrandVision durch EssilorLuxottica, die geplante Übernahme von DSME durch HHiH, die geplante Übernahme von Transat durch Air Canada, die geplante Übernahme von Refinitiv durch London Stock Exchange Group und den geplanten Zusammenschluss von PSA und FCA. (Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 14.08.20
Newsletterlauf: 15.10.20


Meldungen: Europäische Kommission

  • Überarbeitung einschlägiger Vorschriften

    Die Europäische Kommission startet eine Aufforderung zur Stellungnahme und eine öffentliche Konsultation, mit denen Interessenträger aufgefordert werden, ihre Standpunkte zur Zukunft der EU-Verfahren für die Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften zu übermitteln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Evaluierung, die im September 2024 mit der Veröffentlichung einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen abgeschlossen wurde, hat die Kommission beschlossen, das Verfahren zur Überarbeitung der einschlägigen Vorschriften einzuleiten, wobei es insbesondere darum gehen wird, die Vorschriften angesichts transformativer Veränderungen wie der Digitalisierung der Wirtschaft anzupassen. Alle Interessenträger können bis zum 2. Oktober 2025 Stellung nehmen.

  • Überprüfung der Betrugsbekämpfungsarchitektur

    Die Europäische Kommission hat einen strukturierten Reflexionsprozess zur Überprüfung der EU-Betrugsbekämpfungsarchitektur in Gang gesetzt. Die Überprüfung ergänzt die vorbereitenden Arbeiten für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR). Ziel ist es, einen verstärkten und effizienteren Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten.

  • Einhaltung von Verpflichtungszusagen

    Die Europäische Kommission hat Vivendi ihre vorläufige Auffassung mitgeteilt, dass das Unternehmen gegen die Anmeldepflicht und das Durchführungsverbot nach der EU-Fusionskontrollverordnung sowie gegen die Bedingungen und Auflagen des Kommissionsbeschlusses vom 9. Juni 2023 über die Genehmigung der Übernahme von Lagardère durch Vivendi verstoßen hat.

  • Marktbeherrschende Stellung

    Die Europäische Kommission hat Verpflichtungsangebote von Corning nach den EU-Kartellvorschriften für rechtsverbindlich erklärt. Die Verpflichtungen räumen die Bedenken der Kommission aus in Bezug auf von Corning geschlossene mutmaßlich wettbewerbswidrige Alleinbezugsvereinbarungen für Alkali-Aluminosilikatglas (im Folgenden "Alkali-AS-Glas"), das hauptsächlich als Abdeckglas in Smartphones und anderen tragbaren Elektronikgeräten zum Einsatz kommt.

  • Zusammenschlusses zwischen KKR und NetCo

    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet, um zu ermitteln, ob KKR & Co. Inc. (im Folgenden "KKR") der Kommission im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens zur Übernahme des Unternehmens NetCo unrichtige oder irreführende Angaben übermittelt hat.

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